Warten auf den nächsten Hormonschub
Sieg der Bubi-Bayern rückt vor Kracher gegen Madrid in den Hintergrund
- Dass der aktuelle und der zukünftige Bayern-Trainer hinterher einträchtig nebeneinander saßen und sich den Fragen stellten, hätte das Thema das Tages nach dem 4:1 (1_0) der Münchener Bayern gegen Eintracht Frankfurt sein können. Zukunft und Gegenwart, alte Trainerschule und Newcomer, Meriten und Titelhunger. Aber es blieb beim hätte. Denn das Miteinander von Jupp Heynckes und Niko Kovac rückte bei der Fülle der Ereignisse – der aktuellen und bevorstehenden – beinahe komplett in den Hintergrund. Lediglich bei einer Frage bemerkte Heynckes mit trockenem Humor: „Soll ich die zweite Frage direkt weiterreichen?“Die Auskunft, die Heynckes lächelnd gerne an Kovac weitergegeben hätte, drehte sich um Franck Evina und seine Zukunft beim Rekordmeister. Der erst 17-Jährige hatte kurz zuvor sein FCB-Debüt gegeben und überzeugt. „Den Jungen haben sie bisher vor mir versteckt. Ich habe ihn vorgestern zum ersten Mal gesehen und finde, dass er eine sehr gute Veranlagung hat“, sagte der Altmeister.
Dass er so freundlich, großväterlich daherplaudern konnte, ging vor allem damit einher, dass sein Plan voll aufgegangen war. Mit gleich drei Neulingen – Evina, Niklas Dorsch und Meritan Shabani zusätzlich zum 18-Jährigen Lars-Lukas Mai, der bereits letzte Woche sein Bundesligadebüt gegeben hatte – hatte der 72Jährige seine Startelf garniert, damit die jüngste Bundesliga-Startelf (24 Jahre, 35 Tage) des Rekordmeisters seit 1971 auf den Rasen geschickt und dennoch einen Europa-League-Anwärter deklassiert. Der Grund für all die Maßnahmen war dabei nur allzu verständlich, das richtungsweisende Halbfinal-Rückspiel der Champions-League am Dienstag (20.45 Uhr/ ZDF und Sky) gegen Real Madrid, dass nach der 1:2-Heimniederlage allein die Saison zu einer außergewöhnlichen machen könnte.
Umso angefressener waren die Verantwortlichen der SGE, die sich gerade aufgrund der Namen auf dem Feld deutlich mehr ausgerechnet hatten. „Wenn du die gegnerische Mannschaft siehst“, sagte Sportvorstand Fredi Bobic, „kannst du sagen: Hier kannst du etwas mitnehmen.“Und auch Kovac griff seine Profis, die gegen Bayerns D-Elf jegliche Mentalität vermissen ließen, verbal an: „Mir fehlt, dass jetzt jeder alles gibt. Es geht um viel.“Die Spieler hätten es kommunizieren wollen, „dass sie international spielen wollen nächstes Jahr. Ich habe davor gewarnt. Dann habe ich gesagt, okay. Aber durch Erzählen hat noch keiner etwas erreicht. Das werfe ich meinen Spielern vor, dass sie denken, es geht mit links.“
Heynckes verteidigt Lewandowski
Dass es in Madrid ähnlich leicht gehen könnte, glaubt keiner, auch wenn die Chancen für einen Einsatz der Stammkräfte Javi Martínez und David Alaba deutlich gestiegen sind. „Bei Arjen muss man abwarten. Er muss signalisieren, ob es geht“, sagte Heynckes. Der „Kicker“meldete indes, der Offensivspieler werde nicht mit nach Madrid reisen. Auch so benötigt Bayern mindestens zwei Auswärtstore, um das Finale noch zu erreichen. Dafür soll vor allem der im Hinspiel abgetauchte Torjäger Lewandowski sorgen, dessen Aufgaben im Spiel gegen Frankfurt Dorsch (43.), Sandro Wagner (76.), Rafinha (87.) und Niklas Süle (90.) übernahmen. Für die Eintracht traf Sebastien Haller (78.). Thomas Müller bewertete das vierfache Torglück als „richtigen Hormonschub“– dem gegen Real ein weiterer folgen soll. Der Nationalspieler richtete vor dem Spiel gegen den neuen Angstgegner aber auch deutliche Worte in Richtung seiner Mitspieler: „Wir wollen den Funken Respekt, den wir immer wieder zeigen in diesen Spielen, endlich auch mal abschütteln“, sagte Müller. Joshua Kimmich verkündete: „Jeder von uns ist extrem heiß. Wir wollen es unbedingt drehen. Jeder will unbedingt ins Finale.“Doch dafür braucht es vor allem eines – Tore.
Eine Auferstehung Lewandowskis ist also wünschenswert. Dass er auch gegen Real auf Wagner statt Lewandowski setzen könnte, brachte Heynckes dann kurz in einen anderen Stimmmodus: „Für mich ist Robert Lewandowski ein Weltklassespieler. Sie glauben doch bitteschön nicht, dass ich ihn in Madrid weglassen würde.“Und dann schob der Trainer gleich noch das Motto hinterher, das nicht nur stellvertretend für Lewandwoski, sondern für seine gesamte Münchner Mannschaft steht: „Jetzt erst recht!“