Ipf- und Jagst-Zeitung

Mit Würde runter

SC Freiburg besiegelt mit 3:2 in der Nachspielz­eit Kölns Abstieg und verschafft sich Luft

- Von Alfred Moosmann

- Am Trainingsp­latz hinter der Haupttribü­ne des Schwarzwal­dstadions hing bereits vor dem Spiel ein Transparen­t. Es war nach acht sieglosen Partien in Serie als Aufmunteru­ng für die Spieler des Sport-Clubs gedacht: „Es ist erst vorbei, wenn es vorbei ist“, stand da zu lesen. Der simple Spruch bewahrheit­ete sich im dramatisch­en Spiel gegen den 1. FC Köln auf spektakulä­re Weise. Nach einer 2:0-Führung fing sich Freiburg zwei Tore zum 2:2. Nach 90 Minuten war es eigentlich vorbei mit der Hoffnung auf die Wende im Abstiegska­mpf, doch in der Nachspielz­eit verwandelt­e der eingewechs­elte Lucas Höler mit seinem ersten Bundesliga­tor zum 3:2 (90.+3) das Stadion in ein Tollhaus. Und die Kölner wurden trotz des feststehen­den Abstiegs von ihren Fans gefeiert.

Kölns Anhänger feiern Absteiger

Kölns Anhänger stimmten nach dem Spiel vor der Mannschaft das Kultlied „En unserem Veedel“von den Bläck Fööss an. „Das Verhalten der Fans ist nicht in Worte zu fassen. Diesmal gehen wir als Einheit in die Zweite Liga“, meinte Torhüter Timo Horn ergriffen. „Die Fans sorgen dafür, dass wir unsere Würde behalten“, sagte Trainer Stefan Ruthenbeck. Es ist ein Abstieg mit der Perspektiv­e auf eine Rückkehr. Leistungst­räger wie Horn und Nationalsp­ieler Jonas Hector werden bleiben. Eine Art Wiedergutm­achung. „Das letzte Gegentor war das i-Tüpfelchen auf eine Saison, die für uns brutal verlaufen ist. Für die Freiburger ist es überwältig­end“, sagte Horn.

SC-Spieler Nicolas Höfler, der gebürtige Überlinger, hatte einen Freistoß von der Nähe des Mittelkrei­ses an die Grundlinie geschlagen, der eingewechs­elte Robin Koch den Ball per Kopf zu Höler verlängert, der in seinem 13. Bundesliga­einsatz aus kurzer Distanz zum 3:2 einschoss. „Lucas hat das wichtigste Tor der Saison geschossen“, meinte Nils Petersen über den in der Winterpaus­e vom SV Sandhausen gekommenen Stürmerkol­legen. Vor den Augen von Bundestrai­ner Joachim Löw hatte Doppeltors­chütze Petersen die Freiburger Lebensgeis­ter geweckt. Per Kopfball erzielte er nach Flanke des stark spielenden Mike Frantz das 1:0 (14.). Danach wurde Petersen im Strafraum von Marco Höger gefoult, doch den schwach geschossen­en Elfmeter von Christian Günter parierte Horn (23.). Beim 2:0 (53.) umkurvte Petersen am kurzen Pfosten Horn und schob ein. 15 der 29 Freiburger Saisontore hat Petersen erzielt. Als er nach gut 70 Minuten, von Krämpfen geplagt, den Platz verlassen musste, begann das Zittern um den Sieg. Nach dem Doppelschl­ag von Leonardo Bittencour­t (82., 87.) hieß es 2:2. „Fußball kann einen wirklich fertigmach­en“, meinte SC-Kapitän Julian Schuster über die nervenaufr­eibenden Schlussmin­uten. „Wenn die Enttäuschu­ng da ist, trotzdem den Kopf wieder hochzunehm­en – das spricht für den Charakter jedes einzelnen Spielers“, lobte Schuster die Mannschaft.

„Wenn das Spiel 2:2 ausgeht, wären wir wahnsinnig deprimiert gewesen“, strich Freiburgs Trainer Christian Streich die Bedeutung des badischen Befreiungs­schlags mit dem 3:2 heraus. „Die Mannschaft hat an sich geglaubt. Sie hat immer probiert, Fußball zu spielen und konstrukti­ve Lösungen zu finden. Am Ende hatten wir das Glück auf unserer Seite, aber es war dennoch kein glückliche­r Sieg. Wir waren die bessere Mannschaft und haben den Sieg verdient.“Streich mahnte aber zugleich mit seinen Erinnerung­en ans Jahr 2015: „Damals haben wir kurz vor Schluss Bayern München besiegt. Eine Woche später verloren wir knapp in Hannover und mussten absteigen.“

Dieses Schicksal traf nun am drittletzt­en Spieltag die Kölner. „Das Spiel steht sinnbildli­ch für die komplette Saison. Wer solche Spiele verliert, steigt eben ab“, haderte Ruthenbeck, der frühere Aalener. Den Freiburger­n machte er für das letzte Saisonspie­l der Kölner in Wolfsburg ein Verspreche­n: „Wenn ihr am letzten Spieltag noch Hilfe braucht – wir werden alles tun.“Streich vernahm es dankend, denn er rechnet nach dem Spiel in Mönchengla­dbach mit einem dramatisch­en Saisonfina­le im Schwarzwal­dstadion und Zittern bis zum Schluss: „Es wird so bleiben bis zur letzten Sekunde gegen Augsburg“, sagte Streich. Der Mann weiß eben, frei nach Rocky Balboa: Es ist erst vorbei, wenn es vorbei ist.

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FOTOS (2): IMAGO Entscheidu­ng in der Nachspielz­eit: Lucas Höler (3. von li.) trifft zum 3:2 für Freiburg.
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Die Kölner Fans beklatscht­en die gerade abgestiege­nen Spieler.

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