Der HSV spielt plötzlich wieder Fußball
Lewis Holtby führt Hamburg zum 3:1 in Wolfsburg
(fil/dpa/SID) - Höchstwahrscheinlich haben die Fußballlehrer Mirko Slomka, Joe Zinnbauer, Peter Knäbel, Bruno Labbadia, Markus Gisdol und Bend Hollerbach den Spielern des Hamburger SV rund um ihren nominellen Spielgestalter Lewis Holtby in den vergangenen vier Jahren nicht verboten, Fußball zu spielen. Und doch traf Lewis Holtby am Samstag nach dem 3:1 (2:0) beim VfL Wolfsburg, bei dem Holtby dank einer Sahneleistung großen Anteil daran hatte, dass der HSV zwei Spieltage vor Schluss plötzlich doch wieder von der Rettung und dem Verbleib in der Bundesliga träumen darf, einen Punkt, als er in Bezug auf das Erfolgsgeheimnis des neuen Trainers Christian Titz feststellte: „Wir spielen das erste Mal seit vier Jahren Fußball.“Und: Der HSV habe „teilweise schon fast Tiki-Taka gespielt“.
Für diesen Rundumschlag gegen seine Vorgänger gab es einen kleinen Rüffel für den endlich wieder spielgestaltenden Spielgestalter Holtby von Titz. Da seien dem Lewis in der Euphorie wohl ein paar Gäule durchgegangen, stellte der Coach im ZDF fest. Allerdings: Dass der HSV unter Christian Titz nun drei Siege aus vier Spielen feierte und der Coach den Spielern en passant eine neue spielerische Kultur beigebracht hat, ist nicht unleugbar.
Weiter zum Siegen verdammt
„Ich glaube zu 100 Prozent an die Rettung. Wir wollen das noch herumreißen“, sagte Holtby, der per Kopf (45.+1) sein viertes Tor im sechsten Spiel unter Titz erzielte. Nur kurz zuvor hatte Bobby Wood, der wie Holtby lange überhaupt keine Rolle spielte, per Foulelfmeter (43.) die Zeichen auf Auswärtssieg gestellt. Luca Waldschmidt (90.+3) machte nach dem Anschlusstreffer von Josip Brekalo (78.) alles klar.
Ist der HSV etwa unabsteigbar? „Es sieht immer mehr danach aus“, sagte Holtby, der direkt nach dem Schlusspfiff vor der Fankurve ein Tänzchen hingelegt hatte. Angesichts von nur noch zwei Punkten Rückstand auf Relegationsrang 16 kündigte er später selbstbewusst an: „Wir sind noch lange nicht tot!“
Der HSV, gegen die lahmen Wölfe des früheren HSV-Retters Bruno Labbadia gnadenlos effektiv, ist zwar weiter Vorletzter – aber der Rückstand auf den Relegationsrang schmolz auf nur noch zwei Punkte zusammen. Damit haben die Hanseaten ihr „Viertelfinale“auf dem Weg zum Wunder, wie es Titz vor der Partie formuliert hatte, gewonnen. Aber „wir haben noch nichts erreicht. Wenn wir über den Strich kommen wollen, dann brauchen wir weiter Siege“, meinte der 47-Jährige am Sonntag und freute sich auf eine entspannte Feier zur Kommunion seiner Tochter. „Für sie ist es wirklich wichtig, dass der Papa mit dabei ist“, sagte Titz, nachdem er sein Team noch einmal auf den Endspurt eingeschworen hatte.
„Gegen Frankfurt müssen wir wieder zu 100 Prozent alles reinwerfen“, sagte Luca Waldschmidt mit Blick auf das nächste Wochenende: „Das ist unser Halbfinale.“Und am letzten Spieltag, so der Plan, soll dann im Volkspark das alles entscheidende Endspiel gegen Mönchengladbach folgen.
Und während Wolfsburg – Trennung von Sportdirektor Olaf Rebbe, Fans auf den Barrikaden, spielerischer Offenbarungseid – auseinanderzubrechen droht, hat sich der HSV unter Titz zu einer richtigen Fußballmannschaft entwickelt. Die sogar wieder Fußball spielt.