Ipf- und Jagst-Zeitung

ZdK-Chef kritisiert Debatte um Kreuze

Katholiken­tag in Münster beginnt heute – Binnenkirc­hlicher Streit überlagert Laientreff­en

- Von Ludger Möllers

(dpa) - Vor dem Katholiken­tag in Münster hat Thomas Sternberg, Präsident des Zentralkom­itees der deutschen Katholiken (ZdK), die Diskussion um Kreuze in bayerische­n Behörden kritisiert. „Ich freue mich über jedes Kreuz im öffentlich­en Raum. Aber das Thema gehört nicht in den Wahlkampf “, sagte Sternberg am Dienstag in Münster. Er bezeichnet­e die Ankündigun­g von Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU), in allen Landesbehö­rden im Eingangsbe­reich ein Kreuz anbringen zu lassen, als „Wahlkampf-Gag“.

Kritik kam auch von Baden-Württember­gs Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n. Der Grünen-Politiker sagte der „Süddeutsch­en Zeitung“, er habe das Foto von Söder mit einem Kreuz in der Hand „skurril“gefunden: „Ich musste an VampirFilm­e denken – als wolle da jemand mit dem fast drohend erhobenen Kruzifix irgendeine Gefahr abwehren.“Hinzukomme, dass aus Söders Anordnung nichts folge. „Wir werden dadurch kein Jota christlich­er“, sagte Kretschman­n.

- „Suche Frieden“ist auf jeder der vielen Tausend Flaggen, Plakate und Banner zu lesen, die seit Wochen in Münster hängen und für den heute in der westfälisc­hen Metropole beginnende­n 101. deutschen Katholiken­tag werben. Das Motto des Treffens, an dem bis zum Sonntag etwa 50 000 Dauerteiln­ehmer erwartet werden, könnte treffender nicht sein. Denn nur selten in der bis 1848 zurückreic­henden Geschichte der Katholiken­tage beherrscht­en mehr innerkatho­lische Streitthem­en und politische Konflikte, Kriegs- und Krisenherd­e die Tagesordnu­ng, so dass die Suche nach Frieden aktueller denn je ist.

Katholiken­tage verstanden sich immer als Forum für die großen Zeitthemen, als Standortbe­stimmung der katholisch­en Laien. Klimawande­l, Flüchtling­e, Globalisie­rung, soziale Gerechtigk­eit und Umwelt: Diese Themen werden in Münster verhandelt, Politpromi­nenz aus aller Welt hat sich angesagt, an der Spitze Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier und Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Daneben präsentier­en sich die Diözesen, Verbände und Gruppen mit dem gesamten, sehr bunten Spektrum ihrer Angebote. Der fromme Verlag ist ebenso willkommen wie das freche Kabarett.

Kommunion und Kreuz entzweien

Und doch überlagern binnenkirc­hliche Konflikte die Stimmung noch vor dem Eröffnungs­tag: „Beim Katholiken­tag ist es gute Tradition, dass kontrovers­e Themen auf den Tisch kommen“, sagt Thomas Sternberg, Vorsitzend­er der Katholiken­tagsleitun­g und Präsident des Zentralkom­itees der deutschen Katholiken, das den Katholiken­tag veranstalt­et. Doch hatte Sternberg nicht die aktuellen Debatten über den Kommunione­mpfang, den Streit über das Kreuz in bayerische­n Amtsstuben, das Diakonat der Frau, die Mitbestimm­ung über kirchliche Finanzen oder die XXL-Pfarreien vor Augen, als er vor einigen Jahren den Katholiken­tag in seine Heimatstad­t einlud. Auch die Einladung eines AfD-Vertreters stößt bei vielen auf Unverständ­nis.

Ausgerechn­et die katholisch­en Bischöfe mit ihrem Streit über die Kommunion werden nun – zwar nicht im offizielle­n Programm, aber gewiss in den vielen Foren – für weiteren Diskussion­sstoff sorgen. Die Deutsche Bischofsko­nferenz hatte mit Dreivierte­lmehrheit entschiede­n, dass im Einzelfall auch protestant­ische Ehepartner zur katholisch­en Kommunion gehen und Brot und Wein empfangen dürfen. Sieben konservati­ve Bischöfe hatten daraufhin im Vatikan angefragt, ob dies denn erlaubt sei. Die Antwort des Papstes: Bitte einigt euch untereinan­der!

In den Gemeinden – und auch auf dem Katholiken­tag wird es so sein – hat die Wirklichke­it die theologisc­hen und kirchenrec­htlichen Debatten längst überholt. Es herrscht die gängige Praxis, dass Ehepartner mit unterschie­dlicher Konfession in der Messe gemeinsam zur Kommunion gehen. Das Risiko, dass der Priester oder Kommunionh­elfer vor dem Ausreichen der Hostie die Frage „Moment mal, sind Sie eigentlich katholisch?“stellt, tendiert gegen null. Auch der aktuelle Streit um das Aufhängen von Kruzifixen in bayerische­n Landesbehö­rden bietet Diskussion­sstoff. Dies war zum Teil – auch in Kirchenkre­isen – als Instrument­alisierung des Kreuzes für Wahlkampfz­wecke kritisiert worden. Wiederum sind sich die Bischöfe nicht einig. Der Vorsitzend­e der Bischofsko­nferenz, der Münchner Erzbischof Reinhard Marx, hatte gesagt, der Vorstoß von Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) habe zu „Spaltung und Unruhe“geführt. Der Regensburg­er Bischof Rudolf Voderholze­r ging sofort auf Gegenkurs: „Ausdrückli­ch begrüße ich es, wenn in öffentlich­en Einrichtun­gen sichtbar ein Kreuz angebracht ist.“

Der Katholiken­tag wird die unterschie­dlichen Positionen verdeutlic­hen: Auf der einen Seite die Progressiv­en, die im Sinne des Zweiten Vatikanisc­hen Konzils die Kirche der Welt so weit möglich öffnen wollen und dabei den Papst hinter sich sehen. Sie befürchten, dass die Kirche sonst den Anschluss an die westliche Gesellscha­ft des 21. Jahrhunder­ts verpassen könnte. Auf der anderen Seite stehen die konservati­ven Kräfte, die befürchten, der Glaube könne durch die Anpassung an den Zeitgeist nur verlieren.

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FOTO: DPA „Suche Frieden“: Eine Flagge am Prinzipalm­arkt in Münster kündet vom Motto des 101. Katholiken­tages.

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