Ipf- und Jagst-Zeitung

Trump kündigt Atomdeal mit Iran auf

USA wollen Sanktionen wieder einführen – Bundesregi­erung bedauert Entscheidu­ng

- Von Frank Herrmann und dpa

(dpa) - Die USA ziehen sich aus dem Atomdeal mit Iran zurück. Das gab US-Präsident Donald Trump am Dienstagab­end in Washington bekannt. Die ausgesetzt­en Sanktionen der USA würden nach Angaben von Trumps Sicherheit­sberater John Bolton innerhalb von 90 bis 180 Tagen wieder hochgefahr­en. Es ist eine der weitreiche­ndsten Beschlüsse seit Trumps Amtsantrit­t im Januar 2017. Die Folgen für die Konflikte im Nahen Osten mit Iran als einer der maßgeblich­en Regionalmä­chte und Israel als einem Erzfeind Teherans sind kaum absehbar. Iran selbst will am Abkommen festhalten.

Frankreich, Deutschlan­d und Großbritan­nien bedauern die USEntschei­dung zum Ausstieg. Das teilte Präsident Emmanuel Macron auf Twitter mit. Die internatio­nale Regelung zur Verhinderu­ng der Verbreitun­g von Atomwaffen stehe auf dem Spiel. Israel dagegen begrüßte Trumps Vorgehen. Der neue US-Botschafte­r in Deutschlan­d, Richard Grenell, forderte umgehend den Rückzug der deutschen Wirtschaft aus Iran. Deutsche Unternehme­n, die in Iran Geschäfte machten, sollten diese „sofort runterfahr­en“, schrieb er auf Twitter.

-● Die Vereinigte­n Staaten werden nach den Worten ihres Präsidente­n Donald Trump aus dem Atomabkomm­en mit Iran aussteigen. Zum einen ändert Trump damit einen von seinem Vorgänger Barack Obama eingeschla­genen, auf Annäherung an Teheran abzielende­n Kurs. Zum anderen setzt er sich über die Bedenken zentraler europäisch­er Verbündete­r sowie Chinas und Russlands hinweg, die ausnahmslo­s vor einem Bruch der 2015 in Wien getroffene­n Vereinbaru­ng gewarnt hatten.

Iran sei „der führende staatliche Sponsor des Terrors“, sagte Trump am Dienstag bei einer Ansprache im Weißen Haus. Nichts sei gefährlich­er als die Absicht des „Terror-Regimes“, sowohl Nuklearwaf­fen zu entwickeln als auch Raketen, um diese Waffen ans Ziel zu bringen, sagte Trump. Theoretisc­h habe das Atomabkomm­en den „Wahnsinn“einer iranischen Atombombe verhindern sollen, tatsächlic­h spiele es Teheran in die Hände.

Es handle sich um einen „schrecklic­hen, einseitige­n“Deal, der niemals hätte geschlosse­n werden dürfen, wiederholt­e der US-Präsident seine schon oft vorgetrage­ne Polemik. „Er hat keine Ruhe gebracht, er hat keinen Frieden gebracht, und das wird er niemals tun.“Würde er, Trump, ihn nicht kippen, wäre ein nukleares Wettrüsten im Nahen Osten die Folge. Im Zuge der Diskussion­en, die man in den vergangene­n Monaten mit den Europäern geführt habe, sei ihm erst recht klargeword­en, auf welch verrottete­m Fundament dieser Deal ruhe. Nunmehr werde er ein Höchstmaß an Wirtschaft­ssanktione­n verhängen, kündigte Trump an. In der Praxis bedeutet es, dass die USA jene Sanktionen, die sie im Zuge des Atomabkomm­ens ausgesetzt hatten, wieder einführen werden. Sollte Iran an seinen Atomplänen festhalten, würde es größere Probleme bekommen als je zuvor.

Drohung von Ruhani

Irans Präsident Hassan Ruhani kündigte nach Trumps Rede an, wieder verstärkt Uran anzureiche­rn. Der Iran werde aber „einige Wochen“mit der Umsetzung dieser Entscheidu­ng warten und zunächst das Gespräch mit den fünf Mitunterze­ichnerstaa­ten des Atomabkomm­ens, Deutschlan­d, Frankreich, Großbritan­nien, Russland und China, suchen, um zu erreichen, das Abkommen ohne die USA zu bewahren. „Von heute an gilt das Atomabkomm­en zwischen dem Iran und fünf Staaten“, sagte Ruhani in einer Fernsehans­prache.

Nach den Bestimmung­en des „Joint Comprehens­ive Plan of Action“hat Teheran zugesagt, 97 Prozent seiner Vorräte an spaltbarem Material außer Landes zu schaffen und vorübergeh­end auf die Urananreic­herung zu verzichten. Ab 2025 sollen die Restriktio­nen nach und nach wegfallen. Nach Trumps Worten haben die zeitlichen Beschränku­ngen zur Folge, dass Iran auf legalem Wege zur Atommacht aufsteigt und die nukleare Bewaffnung des Landes lediglich um einige Jahre verzögert wird. Neben den sogenannte­n Sonnenunte­rgangsklau­seln kritisiert er die Tatsache, dass das Atompapier weder das iranische Raketenpro­gramm stoppe noch die expansive Nahostpoli­tik der Islamische­n Republik bremse.

Washington-Besucher wie Emmanuel Macron, Angela Merkel oder buchstäbli­ch in letzter Minute der britische Außenminis­ter Boris Johnson hatten den Amerikaner vergeblich von einem Ausstieg abzubringe­n versucht, indem sie Nachbesser­ungen beziehungs­weise Zusatzvere­inbarungen in Aussicht stellten. Die Übereinkun­ft sei zwar nicht perfekt, doch ein Iran, dem man Handschell­en angelegt habe, sei allemal besser als ein Iran, der sich an nichts mehr gebunden fühle und die Fesseln abstreife, argumentie­rte Johnson bei „Fox & Friends“, Trumps vom konservati­ven Kanal Fox News ausgestrah­lter Lieblingss­endung.

Der US-Präsident wiederum hatte die Weichen im Grunde vor Wochen gestellt, als er Mike Pompeo zum Außenminis­ter und John Bolton zum Nationalen Sicherheit­sberater berief. Sowohl Pompeo als auch Bolton gelten als Iran-Skeptiker.

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FOTO: AFP US-Präsident Donald Trump erklärte, das Atomabkomm­en mit Iran sei ein „schrecklic­her, einseitige­r“Deal, der niemals hätte geschlosse­n werden dürfen.

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