Ipf- und Jagst-Zeitung

„Viele von Trumps Beratern glauben an eine militärisc­he Lösung des Konflikts“

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- Ein Atomdeal mit Iran ist ohne die USA nicht möglich. Das sagte Cornelius Adebahr, Iranexpert­e der Deutschen Gesellscha­ft für Auswärtige Politik, im Gespräch mit Daniel Hadrys.

Herr Adebahr, US-Präsident Trump handelt oft ohne seine transatlan­tischen Partner. Sollte die EU Ihrer Meinung nach einen eigenen Deal mit Iran aushandeln?

Vor zwölf Jahren gab es in der Nuklearfra­ge bereits einen europäisch­iranischen Deal. Er war aber nicht substanzie­ll genug. Und er kann nicht funktionie­ren, wenn die Amerikaner gegen ihn arbeiten. Die Europäer können und sollten nun untersuche­n, wie umfassend der Austritt der Amerikaner ist und was man von dem Abkommen auch ohne die Amerikaner umsetzen kann. So halten sie auch die Möglichkei­t offen, dass die Amerikaner das Abkommen nach einer Veränderun­g der Position in Washington wieder mittragen.

Welche Rolle spielen die USA für den Deal?

Im Moment sind sie die Alleinents­cheider. Mit Israel und Saudi-Arabien hat Washington Verbündete, die die Rolle Irans ebenfalls kritisch sehen und die islamische Republik eindämmen wollen. Sie behaupten, dass vom Nuklearpro­gramm immer noch eine Gefahr ausgeht. Washington ist am Ende also nicht allein, aber im Moment ist es der entscheide­nde Player. Es ist schwierig, diesen Deal aufrechtzu­erhalten, wenn die Amerikaner die Aufhebung ihrer Sanktionen nicht fortsetzen.

Was ist das „Schlechte“an dem Deal, das Trump stets betont?

Nüchtern betrachtet mag das Schlechtes­te daran sein, dass es ein Abkommen auf Zeit ist. Viele internatio­nale Verträge werden jedoch auf Zeit geschlosse­n und dann verlängert, gerade im Bereich der Abrüstung und der nuklearen Kontrolle. Trump bläst diese Befristung aber auf. Er spricht davon, dass Iran ‚in wenigen Jahren’ die Atombombe bauen könne. Doch reden wir hier über zehn beziehungs­weise 15 Jahre. Und auch dann ist Iran weiterhin regelmäßig­en Kontrollen unterworfe­n. Das Gespenst, Iran wäre in kurzer Zeit frei, eine Atombombe zu bauen, stimmt nicht. Und für den Moment ist diese Gefahr durch das Abkommen gebannt.

Welchen Vorteil verspricht sich Trump von einer Absage?

Man kann sich das nur erklären, dass in diesem Punkt die Spielernat­ur des „Deal-Makers“Trump durchbrich­t. Er will maximalen Druck erzeugen, um am Ende mehr Zugeständn­isse zu erreichen. Die Verhandlun­gen der Vergangenh­eit haben gezeigt, dass Druck das eine ist, dass es aber auch ein Angebot geben muss, damit es zu einer freiwillig­en Einigung kommt. Mit dem Druck macht Trump die bisherige Übereinkun­ft zunichte. Die Iraner werden sich mit den Amerikaner­n nicht so schnell wieder an einen Tisch setzen. Vielleicht will Trump aber auch am Ende nicht verhandeln. Viele seiner Berater glauben an eine militärisc­he Lösung des Konflikts. Trump hat im Wahlkampf auch immer versproche­n, den Deal aufzukündi­gen, weil sein Vorgänger Barack Obama ihn abgeschlos­sen hat. Er löst mit dem Ausstieg also ein Wahlkampfv­ersprechen ein, auch das ist eine Motivation.

Ist der Weltfriede­n nun gefährdet?

Weltfriede­n ist ein großes Wort. Aber in einer sowieso schon kriegerisc­hen und konfliktha­ften Situation im Nahen Osten ist das eine vollkommen unnötige Verschärfu­ng. Wenn Iran offensiv auf die Aufkündigu­ng reagiert, könnte das den Konflikt in Syrien verschärfe­n und zu einer Konfrontat­ion mit Israel führen. Amerikaner und Israelis könnten militärisc­h gegen das Atomprogra­mm vorgehen, falls Iran nach dem Ende des Deals wieder Uran anreichert. Man kann sich da düstere Szenarien ausmalen. Der Weltfriede­n hängt an den Großmächte­n USA, Russland und China. Zu sagen, dass diese sich über den Iran-Konflikt bekriegen würden – so weit möchte ich nicht gehen. Unruhiger wird es auf jeden Fall.

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FOTO: DGAP Cornelius Adebahr

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