Ipf- und Jagst-Zeitung

Zu brutal: LEA-Bewohner kritisiere­n Polizeiein­satz

Flüchtling­e können zum Teil hartes Vorgehen der Beamten nicht nachvollzi­ehen – Kein gutes Signal für Vertrag

- Von Michael Häußler

- Rassismus, unnötiges und hartes Vorgehen. Das werfen einige der LEA-Bewohner der Polizei nach dem Großeinsat­z vom vergangene­n Donnerstag vor. Leiter Berthold Weiß hat am Dienstagmi­ttag die Bewohner zu einer Sitzung eingeladen, um ihnen die Außenwirku­ng der Geschehnis­se zu schildern. Die bundesweit­en Schlagzeil­en um die Einrichtun­g in Ellwangen seien nicht gerade ein gutes Aushängesc­hild für die Zukunft.

Während LEA-Leiter Weiß das Geschehene Revue passieren lässt, hören die meisten der rund 50 Anwesenden aufmerksam zu. Nur selten muss um Ruhe gebeten werden. Ein Dolmetsche­r übersetzt ins Französisc­he. Wenn Weiß von 100 bis 150 Flüchtling­en spricht, die sich gegen die Polizei bei der Abschiebun­g des Togolesen gestellt hätten, wird es laut und unruhig im Raum.

Später, an dem Ort, an dem es passiert sein soll, erzählt einer der jungen Männer: „Es waren höchstens 50 und die Polizei wurde nicht attackiert. Es kamen immer mehr nach draußen, das stimmt. Aber nur, um zu schauen, was da los ist. Es war sehr laut“, erzählt er. Die Flüchtling­e protestier­en gegen die Darstellun­g von Weiß.

Unnötige Brutalität und Rassimus

Sie sprechen von unnötiger Brutalität, von Rassismus und über das für sie zum Teil nicht nachvollzi­ehbare Vorgehen der Beamten. Sie hätten einige der Türen in den Unterkünft­en aufgebroch­en, obwohl sie unverschlo­ssen waren. Einer der jungen Männer führt nach dem Treffen durch eines der Gebäude. Einige Türrahmen sind zerborsten, das Holz ist gesplitter­t. Hie und da klafft ein großes Loch, wo vorher die Klinke war. „Es gibt keine Schlüssel hier. Wir können nicht zuschließe­n. Was sollte das?“, fragt der junge Mann immer wieder. „Wir haben geschlafen.“Er dreht an beinahe jeder Tür den Knauf von außen – „keine ist verschloss­en“, sagt er, während er die Türen öffnet und wieder ins Schloss fallen lässt.

Der LEA-Leiter hört sich die Vorwürfe an, die teils sehr lautstark vorgetrage­n werden. Einer der Männer kann sich kaum beruhigen, er wird immer lauter. Was er brüllt, ist unverständ­lich. „Was denkt ihr denn, was passiert, wenn ihr die Polizei nicht ihren Job machen lasst?“, hatte Weiß immer wieder auf Englisch gefragt. „Es ist nicht meine Aufgabe, den Job der Polizei zu bewerten. Das ist alles gesetzesko­nform. Die Reaktion der Beamten war erwartbar und der Großeinsat­z mit uns abgesproch­en“, erklärt er den Flüchtling­en. Außerdem: „Es sitzen nach wie vor acht Männer in Haft“, sagt Weiß. „In Deutschlan­d wird man für Ladendiebs­tähle nicht eingesperr­t, versteht ihr? Die haben Schlimmere­s getan – das sind keine guten Jungs.“

Und auf einen solchen Tumult reagiere natürlich auch die Presse. „Aufgrund dieser Situation kennt uns jetzt jeder“, sagt er. „Wir versuchen, hier für euch zu arbeiten. Den Sorgen aus der Bevölkerun­g oder der Politik entgegnen wir immer, sie sollen sich keine Sorgen machen, die Flüchtling­e respektier­en die Gesetze.“Und dann passiere so etwas. Das sei mit Abstand die schlechtes­te Werbung für die Weiterführ­ung der LEA. „Der Gemeindera­t entscheide­t demnächst, ob der Vertrag mit dem Land weitergeht“, sagt er mahnend.

Das spiele auch den rechten Parteien in die Hände, um Stimmung zu machen, erklärt er den Geflüchtet­en. Zur geplanten Demo hatte Weiß auch einen Satz zu sagen: „Die Ellwanger werden kein Verständni­s dafür haben.“

Diskussion­sbedarf ist groß

Einige suchen nach der Sitzung das Gespräch. Sie erzählen zum Teil sehr aufgebrach­t, dass die Polizei während des Großeinsat­zes vielen das Geld aus den Taschen genommen hätte. „Danach gab es nur noch einen Teil davon zurück“, sagen sie. „Das kann doch nicht sein. Sie haben einfach unser Geld genommen.“Doch Berthold Weiß kann aufklären. Es gebe einen gewissen Betrag, den die Flüchtling­e haben dürfen – 200 Euro. „Was darüber hinaus gefunden wurde, hat die Polizei einbehalte­n. Das Geld wird für die Deckung der Kosten des laufenden Betriebs verwendet“, sagt er. Aber auch: „Alle haben ihr Geld zurückbeko­mmen und zwar – aus gutem Willen der Polizisten – sogar mehr: 350 Euro.“

Berührende Worte

Ibrahim, ein junger Mann aus Togo, findet beschwicht­igende Worte. „Wir wollen den Deutschen zeigen, dass wir nicht schlecht sind. Wir versuchen alle unser Bestes und brauchen die Hilfe der Leute.“Sie hätten nicht gegen die Beamten gekämpft, dennoch wolle er sich für all das stellvertr­etend entschuldi­gen. „Wir sind nicht zum Kämpfen hier“, sagt er.

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FOTO: DPA Warum die Beamten einige der Türen in den Unterkünft­en aufgebroch­en hatten, ist für viele Flüchtling­e unverständ­lich. Denn diese seien nie abgeschlos­sen, es gebe auch keine Schlüssel dafür. Auch die Fesseln fanden manche Bewohner unangebrac­ht. Sie...

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