Zu brutal: LEA-Bewohner kritisieren Polizeieinsatz
Flüchtlinge können zum Teil hartes Vorgehen der Beamten nicht nachvollziehen – Kein gutes Signal für Vertrag
- Rassismus, unnötiges und hartes Vorgehen. Das werfen einige der LEA-Bewohner der Polizei nach dem Großeinsatz vom vergangenen Donnerstag vor. Leiter Berthold Weiß hat am Dienstagmittag die Bewohner zu einer Sitzung eingeladen, um ihnen die Außenwirkung der Geschehnisse zu schildern. Die bundesweiten Schlagzeilen um die Einrichtung in Ellwangen seien nicht gerade ein gutes Aushängeschild für die Zukunft.
Während LEA-Leiter Weiß das Geschehene Revue passieren lässt, hören die meisten der rund 50 Anwesenden aufmerksam zu. Nur selten muss um Ruhe gebeten werden. Ein Dolmetscher übersetzt ins Französische. Wenn Weiß von 100 bis 150 Flüchtlingen spricht, die sich gegen die Polizei bei der Abschiebung des Togolesen gestellt hätten, wird es laut und unruhig im Raum.
Später, an dem Ort, an dem es passiert sein soll, erzählt einer der jungen Männer: „Es waren höchstens 50 und die Polizei wurde nicht attackiert. Es kamen immer mehr nach draußen, das stimmt. Aber nur, um zu schauen, was da los ist. Es war sehr laut“, erzählt er. Die Flüchtlinge protestieren gegen die Darstellung von Weiß.
Unnötige Brutalität und Rassimus
Sie sprechen von unnötiger Brutalität, von Rassismus und über das für sie zum Teil nicht nachvollziehbare Vorgehen der Beamten. Sie hätten einige der Türen in den Unterkünften aufgebrochen, obwohl sie unverschlossen waren. Einer der jungen Männer führt nach dem Treffen durch eines der Gebäude. Einige Türrahmen sind zerborsten, das Holz ist gesplittert. Hie und da klafft ein großes Loch, wo vorher die Klinke war. „Es gibt keine Schlüssel hier. Wir können nicht zuschließen. Was sollte das?“, fragt der junge Mann immer wieder. „Wir haben geschlafen.“Er dreht an beinahe jeder Tür den Knauf von außen – „keine ist verschlossen“, sagt er, während er die Türen öffnet und wieder ins Schloss fallen lässt.
Der LEA-Leiter hört sich die Vorwürfe an, die teils sehr lautstark vorgetragen werden. Einer der Männer kann sich kaum beruhigen, er wird immer lauter. Was er brüllt, ist unverständlich. „Was denkt ihr denn, was passiert, wenn ihr die Polizei nicht ihren Job machen lasst?“, hatte Weiß immer wieder auf Englisch gefragt. „Es ist nicht meine Aufgabe, den Job der Polizei zu bewerten. Das ist alles gesetzeskonform. Die Reaktion der Beamten war erwartbar und der Großeinsatz mit uns abgesprochen“, erklärt er den Flüchtlingen. Außerdem: „Es sitzen nach wie vor acht Männer in Haft“, sagt Weiß. „In Deutschland wird man für Ladendiebstähle nicht eingesperrt, versteht ihr? Die haben Schlimmeres getan – das sind keine guten Jungs.“
Und auf einen solchen Tumult reagiere natürlich auch die Presse. „Aufgrund dieser Situation kennt uns jetzt jeder“, sagt er. „Wir versuchen, hier für euch zu arbeiten. Den Sorgen aus der Bevölkerung oder der Politik entgegnen wir immer, sie sollen sich keine Sorgen machen, die Flüchtlinge respektieren die Gesetze.“Und dann passiere so etwas. Das sei mit Abstand die schlechteste Werbung für die Weiterführung der LEA. „Der Gemeinderat entscheidet demnächst, ob der Vertrag mit dem Land weitergeht“, sagt er mahnend.
Das spiele auch den rechten Parteien in die Hände, um Stimmung zu machen, erklärt er den Geflüchteten. Zur geplanten Demo hatte Weiß auch einen Satz zu sagen: „Die Ellwanger werden kein Verständnis dafür haben.“
Diskussionsbedarf ist groß
Einige suchen nach der Sitzung das Gespräch. Sie erzählen zum Teil sehr aufgebracht, dass die Polizei während des Großeinsatzes vielen das Geld aus den Taschen genommen hätte. „Danach gab es nur noch einen Teil davon zurück“, sagen sie. „Das kann doch nicht sein. Sie haben einfach unser Geld genommen.“Doch Berthold Weiß kann aufklären. Es gebe einen gewissen Betrag, den die Flüchtlinge haben dürfen – 200 Euro. „Was darüber hinaus gefunden wurde, hat die Polizei einbehalten. Das Geld wird für die Deckung der Kosten des laufenden Betriebs verwendet“, sagt er. Aber auch: „Alle haben ihr Geld zurückbekommen und zwar – aus gutem Willen der Polizisten – sogar mehr: 350 Euro.“
Berührende Worte
Ibrahim, ein junger Mann aus Togo, findet beschwichtigende Worte. „Wir wollen den Deutschen zeigen, dass wir nicht schlecht sind. Wir versuchen alle unser Bestes und brauchen die Hilfe der Leute.“Sie hätten nicht gegen die Beamten gekämpft, dennoch wolle er sich für all das stellvertretend entschuldigen. „Wir sind nicht zum Kämpfen hier“, sagt er.