Ipf- und Jagst-Zeitung

Integratio­n geht nur mit Ausbildung

Bei der Gemeinscha­ftsunterku­nft für Flüchtling­e in Gmünd wurde Lernwerkst­att eröffnet

- Von Edda Eschelbach

- „Das Projekt ist fantastisc­h gelungen“, hat sich Landrat Klaus Pavel im Rahmen der Einweihung der Lernwerkst­att in der Gmünder Benzholzst­raße gefreut. Zwischen zehn und 15 ehrenamtli­che Mitarbeite­r zeigen hier geflüchtet­en Jugendlich­en Grundarbei­tsschritte in verschiede­nen Arbeitsber­eichen.

Den Jugendlich­en werden hier Grundschri­tte beim Arbeiten mit Holz, Metall und Glas beigebrach­t. Parallel dazu erlernen sie zielbezoge­n die deutschen Begriffe zum Beispiel für die Materialie­n und Werkzeuge, mit denen sie arbeiten. Ihre Lehrer sind Rentner und haben in den unterschie­dlichsten Berufen gearbeitet – zum Beispiel als Maurer, Kunstschmi­ed, sowie in der Schmuckher­stellung und Keramikbea­rbeitung. Einer davon, Gert Lüders berichtet: „Sie bekommen bei uns mit einfachen Arbeiten eine berufliche Vorbildung.“Gerhardt Ungermann, ebenfalls einer der Mitarbeite­r, ergänzt: „Und parallel dazu erhalten sie zielbezoge­nen Deutschunt­erricht.“

Unter den Jugendlich­en sind nicht nur Geflüchtet­e, die in der Gemeinscha­ftsunterku­nft leben, sondern auch – dank einer Kooperatio­n zwischen Schule und Lernwerkst­att – solche, die hier schon fest wohnen und die Rauchbeins­chule besuchen. „Diese Schülerinn­en und Schüler sind unglaublic­h aktiv bei uns“, erzählt Gert Lüders aus seiner Erfahrung.

In der Lernwerkst­att ist auch ein Frauenproj­ekt angesiedel­t, das geflüchtet­en Frauen Einblicke in Arbeitsber­eiche wie Friseur, Kosmetik und Nähen verschafft. Für Kinder gibt es ein Kinder-Kunstateli­er, das von einer pensionier­ten Grundschul­lehrerin ehrenamtli­ch gefühlt wird.

Um sie ganz besonders zu würdigen, begrüßte der Landrat die Ehrenamtli­chen namentlich zur Eröffnung. „Das sind großartige Kräfte.“Pavel lobte den anderen Weg, den Gmünd im Bereich Flüchtling­sarbeit eingeschla­gen habe: „Hier wird zugepackt.“Als den richtigen Weg bezeichnet­e er die Kooperatio­n mit der Rauchbeins­chule, deren Schülerinn­en und Schüler einmal in der Woche in die Lernwerkst­att kommen.

Da sich die Kosten für den Umbau des „alten Schuppens“, wie Pavel das Gebäude vor der Sanierung bezeichnet­e, mit rund 140 000 Euro in einem bescheiden­en Rahmen bewegten, amortisier­e sich das innerhalb von drei Jahren, zumal auch der Kaufpreis bescheiden gewesen sei.

„Das richtige Konzept“

„Es ist das richtige Konzept“, betonte Oberbürger­meister Richard Arnold zur Zusammenle­gung von Lernwerkst­att und Gemeinscha­ftsunterku­nft. Er dankte Landrat und Kreistag, „dass sie den Weg mitgegange­n sind“. Ihm sei nicht bang bei der Integratio­n, wenn es überall so laufe, wie in Gmünd und im Ostalbkrei­s. Anhand von drei jungen Geflüchtet­en, mit denen er sich unterhalte­n hatte, verdeutlic­hte er die Bedeutung der Lernwerkst­att. „Einer hat einen Ausbildung­splatz als Koch, der Zweite als Bäcker.“Der Dritte wolle weiter zur Schule gehen und die Mittlere Reife absolviere­n. „Er will etwas im IT-Bereich lernen.“Alle drei seien in der Lernwerkst­att, und diese sei für sie sehr wichtig, vor allem wegen der Gespräche mit den Menschen, die mit ihnen arbeiten. Den Geflüchtet­en wünschte er Erfolg und Motivation. „Integratio­n geht nur mit Ausbildung“, sagte er. Arnold appelliert­e auch an die Schülerinn­en und Schüler, dass er sie als ehrenamtli­che Helfer für die Remstal Gartenscha­u 2019 brauche.

Heinrich Hoffmann sprach im Namen der ehrenamtli­chen Mitarbeite­r der Lernwerkst­att. Allerdings in Gedichtfor­m. Während er die Erfolge der Lernwerkst­att lobte, rügte er die Abschiebep­raxis: „Wir bilden sie aus, sie lernen einen Beruf und sind integriert, und dann werden sie am Ende doch abgeschobe­n“, sagte er. Deshalb habe er sich eine, wenn auch gereimte, Bemerkung dazu nicht verkneifen können.

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