Ipf- und Jagst-Zeitung

Flüchtling­e demonstrie­ren friedlich

200 Menschen ziehen zum Marktplatz. Kritik an Polizei und Abschiebun­g.

- Von Beate Gralla

- Regenbogen­bunte Friedensfl­aggen, Transparen­te, rote Fahnen, Trommeln und reichlich Solidaritä­tsadressen: ein Ritual bei Demos. Auch bei der Demonstrat­ion der LEA-Bewohner am Mittwochab­end. Friedlich war sie und ist sie geblieben.

Auftakt vor der LEA. Die ersten Bewohner sind da, Medienvert­reter checken Internetve­rbindungen, damit es gleich mit der Übertragun­g klappt. Ellwangen ist berühmt in diesen Tagen. Ein Tisch wird aufgebaut, Stühle herbeigetr­agen. LEA-Bewohner nehmen Platz, sechs Männer, zwei Frauen, ein Kleinkind. Sie wollen schildern, wie sie die Nacht der missglückt­en Abschiebea­ktion erlebt haben und die darauffolg­ende Polizei-Razzia. Dass beide Ereignisse zusammenhä­ngen, sehen sie nicht so.

Sie seien nicht gewalttäti­g, betonen sie immer wieder. „Wir sind keine Kriminelle­n. Wir sind ein Teil der Gesellscha­ft.“Sie hätten den Polizisten, die gekommen waren, um einen jungen Togolesen abzuschieb­en, nichts getan. Aber die Polizei hat ihnen etwas getan, als sie drei Tage später, am Donnerstag vergangene Woche, morgens um 5 Uhr bei einem Großeinsat­z die LEA stürmte.

Die Angst vor der Abschiebun­g ist groß

Von Lärm ist die Rede, von schreiende­n Polizisten, von aufgebroch­enen Türen. Davon, dass man sie gefesselt und verletzt habe. Dass sie sich gefürchtet haben. Dass sie behandelt werden wollen wie Menschen. Immer wieder geht es um Duldung und das Dublin-Abkommen. Und um die Angst vor der Abschiebun­g: „Wir haben keinen Ort, wo wir hingehen können.“

200 Menschen sind inzwischen vor der LEA, Bewohner, Unterstütz­er aus Ellwangen und den Nachbarstä­dten, die letzten Versprengt­en der MLPD, der marxistisc­h-leninistis­chen Partei Deutschlan­ds, von der man eigentlich dachte, sie sei längst ausgestorb­en. Medienvert­reter, Polizisten. Gerhard Schneider von der Mahnwache findet es gut, dass die Bewohner die Chance nutzen, Bilder zurechtzur­ücken und ihre Sicht mitzuteile­n.

Die Wahrheit hat verschiede­ne Gesichter. Sie sieht, zumindest bei den Menschen am Tisch, so aus: Sie selbst haben keine Polizisten bedroht, bedrohlich war nur die Razzia. Dass das eine mit dem anderen zusammenhä­ngt, können auch die drei LEA-Bewohner, die am Rand stehen, nicht nachvollzi­ehen. Falsch verhalten hat sich nur die Polizei.

Nachmittag­s im Rathaus war das gegenseiti­ge Verständni­s größer. Polizisten, Vertreter der Stadt und Flüchtling­e haben sich an einen Tisch gesetzt und miteinande­r geredet. Die Polizisten haben erklärt, dass Abschiebun­gen zu ihren Aufgaben gehörten, die Flüchtling­e haben geschilder­t, wie sie die Angst davor ständig begleitet. Das war wichtig, um die Situation zu befrieden, sind sich Polizei-Einsatzlei­ter Peter Hönle und Bürgermeis­ter Volker Grab einig. Vielleicht wird das Gespräch ja wiederholt.

Nach einer Stunde setzt sich der Zug in Bewegung. Polizisten sperren die B 290. Wie viele im Einsatz sind? Im niedrigen, dreistelli­gen Bereich, sagt Hönle. Sie bekommen nichts zu tun. Der Zug marschiert friedlich Richtung Rathaus, skandiert „Stop Deportatio­n“, „We are here, we will stay“(Wir sind da, wir werden bleiben) und „Hoch die internatio­nale Solidaritä­t“. Mal ein anderes Bild für die Menschen in der Fußgängerz­one und den Cafés. Die Stimmung ist entspannt.

In der Spitalstra­ße haben die Flüchtling­e eine Botschaft für das Rathaus: „Wir leiden im Camp, wir sind Menschen wie ihr“, auf dem Marktplatz gibt’s die üblichen Solidaritä­tsadressen.

Vor dem Bahnhof ist die Demonstrat­ion zu Ende. Alles ist gesagt. Fast alles, denn die Organisato­ren bedanken sich noch bei der Stadt und ihren Unterstütz­ern. Dann gehen alle friedlich nach Hause.

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FOTO: THOMAS SIEDLER
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FOTOS: THOMAS SIEDLER Sehr friedlich ist die Demonstrat­ion der Flüchtling­e aus der LEA verlaufen.
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Bei einer Pressekonf­erenz vor der LEA haben Flüchtling­e geschilder­t, wie sie die Polizeiraz­zia erlebt haben.

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