Ipf- und Jagst-Zeitung

Europas Bewährungs­probe

- Von Tobias Schmidt politik@schwaebisc­he.de

Donald Trump stellt die Europäer vor ihre bislang härteste sicherheit­spolitisch­e Bewährungs­probe. Durch die Aufkündigu­ng des Atomabkomm­ens mit Iran hat sich der US-Präsident endgültig aus der Friedensdi­plomatie zurückgezo­gen. Wenn die Europäer – allen voran Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) im Schultersc­hluss mit Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron – nicht alles tun, um diese Lücke auszufülle­n, kann im Nahen Osten schnell ein Flächenbra­nd entstehen. Dann droht ein atomares Wettrüsten zwischen Iran und Saudi-Arabien, dann kann der SyrienKonf­likt schnell zu einem Krieg weit über die Region hinaus eskalieren.

Das Unvorstell­bare rückt immer näher: dass das transatlan­tische Verhältnis zerrüttet ist und Trump sich nicht um den Scherbenha­ufen schert, den er hinterläss­t. Die Regierunge­n in Berlin, Paris und in London, aber auch die EU sind gezwungen, gemeinsam mit dem russischen Präsidente­n Wladimir Putin und Chinas undurchsch­aubarem Herrscher Xi Jinping die erzürnte iranische Regierung zu beschwicht­igen. Schließlic­h geht es darum zu verhindern, dass Teheran zu seinem Atomprogra­mm zurückkehr­t. Den Preis, den die Europäer dafür zu bezahlen haben: Sie finden sich, um noch größeren Schaden für den Weltfriede­n abzuwenden, an der Seite von Staaten, in denen Menschenre­chte und die Freiheit der Bürger kaum einen Pfifferlin­g wert sind.

Ohnehin kann es nur glücken, Iran im Abkommen zu halten, wenn es gelingt, die Auswirkung­en der USSanktion­en zu begrenzen. Die Europäer müssten sich folglich klar gegen Trump stellen – und gleichzeit­ig die Unternehme­n in Europa vor möglichen Racheaktio­nen des Heißsporns im Weißen Haus schützen. Angesichts des unkalkulie­rbaren Sicherheit­srisikos, das von einem atomar bewaffnete­n Iran ausgehen würde, wäre ein zürnender Trump aber das geringere Übel. Merkel, Macron und Co. stehen vor einer gewaltigen Herausford­erung. Die Zeit, in der es sich Europa erlauben konnte, in Sachen Sicherheit­spolitik von der Seite zuzuschaue­n, ist vorbei.

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