Trauer um Friedrich Herzog von Württemberg
Der Leiter der Hofkammer des Hauses Württemberg galt als bodenständiger und religiöser Mensch mit festen Grundsätzen
Die herzogliche Familie und das gesamte Haus Württemberg sind erschüttert: Friedrich Herzog von Württemberg (Foto: Anton Fuchsloch) ist am Mittwoch bei einem Verkehrsunfall in der Nähe von Ravensburg ums Leben gekommen. Der 56-Jährige war der älteste Sohn von Carl Herzog von Württemberg und Diane Herzogin von Württemberg. Er hinterlässt seine Frau Marie und drei erwachsene Kinder. Vertreter von Politik und Kirche reagierten bestürzt auf den Unfalltod des Herzogs.
- Die Nachricht vom Unfalltod Friedrich Herzogs von Württemberg hat alle, die ihm begegnet sind und die ihn gekannt haben, tief erschüttert. Und das sind sehr viele im Land – von Friedrichshafen, wo er aufgewachsen ist und seit einem Vierteljahrhundert mit seiner Familie wohnte, über Altshausen, wo seine Eltern leben, bis nach Ludwigsburg, wo das Haus Württemberg ein Weingut besitzt, das sein Bruder leitet.
Als Chef der Hofkammer des Hauses Württemberg reichte sein Aktionsradius jedoch weit über die Landesgrenzen hinaus. Die ganze Tragik und das Leid des Verlustes haben seine Frau, Marie Herzogin von Württemberg, seine drei Kinder Wilhelm (23), Marie-Amelie (22) und Sophie-Dorothée (20) sowie seine Eltern, Carl Herzog von Württemberg und Diane Herzogin von Württemberg, zu tragen. Den Mann, Vater und Sohn mitten aus dem Leben gerissen zu sehen, ohne Vorwarnung, ohne Abschied, ist schwer und bitter. Deshalb gilt das Mitgefühl seinen Angehörigen.
Wie sich Herzog Friedrich an jenem Mittwoch vor Christi Himmelfahrt von den Seinen verabschiedet hat, wissen wir nicht. Vermutlich ist er mit einem Lächeln auf den Lippen in seinen Porsche gestiegen, hat sich den Wind durch die schon etwas grau gewordenen Haare streichen lassen, die oberschwäbische Landschaft genossen und sich über das schöne Wetter gefreut. Vielleicht dachte er auch schon an den Blutritt in Weingarten, wo er heute Ehrengast gewesen wäre. Es sollte anders kommen, und wer Herzog Friedrich kannte, weiß, dass er mit seiner Endlichkeit umzugehen wusste. Nicht, dass er ein Mensch war, der auf volles Risiko lebte. Er war kein Draufgänger, sondern agierte eher bedächtig. Genauso gerne wie er mit seinem Oldtimer-Porsche fuhr, stieg er in den Landrover, chauffierte mit seinem Förster im Schritttempo durch den Friedrichshafener Seewald und schaute nach dem Rechten.
Auf den Rat des Vaters zählend
Herzog Friedrich ist in seine Aufgabe als Hofkammer-Leiter des Hauses Württemberg hineingewachsen und füllte sie – auf den Rat seines Vaters zählend, immer souveräner aus. Es machte ihm Freude, aus dem Grund und Boden, der ihm in reichem Maße überantwortet war, etwas zu machen. Weinbau zählte zu seinen großen Leidenschaften, wobei er das operative Geschäft in Ludwigsburg seinem Bruder Michael überließ. Herzog Friedrich sorgte sich um die mehr als 1000 Hektar landwirtschaftliche Flächen, kümmerte sich um Wälder, um Liegenschaften und Immobilien, darunter 70 Kulturdenkmäler. Wohnbauprojekte in Ravensburg, Konstanz oder Stuttgart hat er jüngst mit seiner Projektentwicklung verwirklicht. Qualitativ hochwertig und nachhaltig sollte alles sein, „damit auch noch die nächste Generation ihre Freude daran hat“, sagte er 2014 in einem Interview mit der „Schwäbischen Zeitung“.
Friedrich von Württemberg war ein bodenständiger Mensch. „Unsere Wurzeln kommen aus Grund und Boden“, sagte er. Daran wollte er festhalten. Für riskante Geschäfte sei er nicht zu haben, sondern er baue auf dem auf, was er von seinen Vorfahren überantwortet bekommen hat. Das war in materieller Hinsicht ein beträchtliches Vermögen, doch damit hing eine große Verantwortung zusammen. Gut 90 Beschäftigte arbeiten heute in der Hofkammer. Deshalb hat er sein Haus unter das Motto gestellt: „Der Tradition verpflichtet – der Zukunft zugewandt.“In seinem Arbeitszimmer hängt ein Ölgemälde eines alten, knorrigen Baumes – für ihn Sinnbild der Beharrlichkeit, Unbeugsamkeit und des Lebenswillens.
Gut gelaunter Hausherr
In der ehemaligen Sommerresidenz der württembergischen Könige in Friedrichshafen fühlte sich Herzog Friedrich zu Hause. „Es ist hier wie im Paradies“, schwärmte er. Wer ihn im Schloss besuchte, fand meist einen gut gelaunten Hausherrn vor, der stets nach dem Ergehen des Gastes fragte. Mochte das Ambiente angesichts des überkommenen Glanzes seiner königlichen Vorfahren auch etwas steif wirken und manchen gar erschrecken, verstand es Herzog Friedrich immer, das Eis zu brechen. Unter den gestrengen Blicken früherer Monarchen, deren Porträts die Flure und Salons schmücken, pflegte er Gastlichkeit und versammelte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens zu Gesprächen über gesellschaftliche, religiöse oder soziale Themen.
Durch sein Wort und seinen Einsatz öffnete sich manche Tür, die sonst verschlossen geblieben wäre. Für ihn galt der Grundsatz „Eigentum verpflichtet“. Ein soziales Haus könne nur ein reiches Haus sein, sagte er einmal. Wer nichts habe, könne auch nicht geben. Wie bereits sein Vater investierte Herzog Friedrich Zeit und Geld in ehrenamtliche Aufgaben bei Stiftungen, Gremien von Universitäten und als Oberst im Dienst der Bundeswehr. Dieses Engagement hat er sich mit seiner Frau geteilt, die eher für soziale und kulturelle Themen zuständig ist.
Aufmerksamer Beobachter
In das politische Tagesgeschäft mischte sich Friedrich von Württemberg nicht ein. Zumindest hielt er sich mit öffentlichen Äußerungen zurück. Gleichwohl war er ein aufmerksamer Beobachter der politischen Landschaft und bezog, wenn er gefragt wurde, klar Stellung. Etwa wenn es um Bildung ging, mahnte er schon mal eine Entbürokratisierung der Schullandschaft an. Seine eigenen Kinder forderte und förderte er aufs Beste. „Der Vater hat seine Kinder mit Flügeln ausgestattet“, weiß ein Vertrauter der Familie. Er habe ihnen einen starken Rückhalt und die nötige Freiheit gegeben, eigene Weg zu gehen. Sie sollen erst zu eigenständigen Persönlichkeiten heranreifen und sich dann entscheiden, ob und in welchem Maße sie Aufgaben im Haus Württemberg übernehmen, sei seine Devise gewesen.
Der Glaube als Halt
Herzog Friedrich war ein religiöser Mensch. Wenn er in Friedrichshafen war, besuchte er am Sonntag den Gottesdienst in einer der katholischen Innenstadtkirchen. Der Glaube habe ihm Halt gegeben und sei für ihn Leitfaden gewesen, sagt Pfarrer Bernd Herbinger aus Friedrichshafen. Ohne Traditionalist zu sein, nahm er die Tradition ernst und war gleichzeitig offen für andere Ansichten. Als Nachbar der evangelischen Schlosskirche sah er sich der Ökumene verpflichtet und pflegte Kontakte über Konfessionsgrenzen hinweg.
Die Würde des Menschen ging für ihn über den Tod hinaus: Als bei Bauarbeiten im Schlosspark menschliche Knochen – vermutlich Gräber aus der Zeit, als das Schloss Friedrichshafen noch Kloster Hofen war – gefunden wurden, ließ er sie von Pfarrern beider Konfessionen bestatten. Dass sein Leben endlich ist, war Herzog Friedrich tief bewusst: Er lebe jeden Tag im Angesicht der Ewigkeit, sagte er.
Dass für ihn die Ewigkeit mit 56 Jahren anbrechen sollte, hat er sich dennoch nicht träumen lassen. Der Tod kam aus heiterem Himmel, und es werden nun sehr traurige Tage im Haus Württemberg einziehen. Persönlichkeiten aus Politik und Kirche bringen in ersten Nachrufen ihre Wertschätzung dem Verstorbenen gegenüber zum Ausdruck. „Meine Gedanken sind bei der Familie, vor allem bei seiner Frau und den drei Kindern“, sagt Innenminister Thomas Strobl (CDU). Sein Tod sei ein Verlust für das Land.
Bischof Gebhard Fürst spricht vom „unfassbaren Leid der Familie“. Er würdigt das jahrzehntelange Engagement des Verstorbenen in verschiedensten Bereichen von Gesellschaft und Kirche. „In hervorragender Weise verstand Friedrich Herzog von Württemberg es, Menschen aus Kultur, Gesellschaft und Politik zusammenzuführen“, schreibt der Bischof. Vielfältig habe er auch in der Diözese Rottenburg-Stuttgart gewirkt, besonders seien ihm die Menschen der Region Bodensee-Oberschwaben am Herzen gelegen.
Aus der Vielzahl der Funktionen des Herzogs erinnert Bischof Fürst an dessen Wirken als langjähriges Mitglied des Malteser-Ordens sowie als Stiftungsrat der Kardinal Walter Kasper Stiftung. Aus seiner persönlichen Glaubenshaltung und nicht zuletzt aus dem Bewusstsein für die wechselvolle Geschichte des Hauses Württemberg heraus, habe er sich stets für die ökumenische Verbundenheit engagiert. „Dafür bin ich ihm als Bischof bleibend dankbar.“
Mit Bestürzung hat der Bischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Frank Otfried July, auf den Unfalltod von Herzog Friedrich reagiert. Das Unglück habe ihn „in Trauer versetzt und ruft meine große Anteilnahme mit seiner ganzen Familie und dem Haus Württemberg hervor“, teilte July mit. Er wünsche der Witwe Herzogin Marie, den Kindern und den Eltern des Herzogs „den Trost Gottes, den Menschen nicht geben können“.