Ipf- und Jagst-Zeitung

FDP unterstütz­t Bürgerforu­m zu Landtagswa­hlrecht

Bislang kein klares Bekenntnis der Regierungs­fraktionen – Landesfrau­enrat droht mit weiteren Schritten

- Von Kara Ballarin

- Die FDP-Fraktion im Stuttgarte­r Landtag stellt sich an die Seite des Landesfrau­enrats und fordert ein Bürgerforu­m, das sich mit einer Änderung des Landtagswa­hlrechts befasst. „Es ist uns ein dringendes Anliegen, mehr Frauen in den Landtag von Baden-Württember­g zu bekommen“, sagte FDP-Fraktionsc­hef Hans-Ulrich Rülke am Mittwoch nach einem Treffen mit Vertretern des Landesfrau­enrats. Dieser hatte ein solches Gremium am vergangene­n Freitag einstimmig gefordert. Von Grünen- und CDU-Fraktion fehlt ein solches klares Bekenntnis bislang.

Auf ihrem Landespart­eitag am Samstag in Leinfelden hatte sich die grüne Basis klar für ein Bürgerforu­m ausgesproc­hen. Grünen-Fraktionsc­hef Andreas Schwarz fühlt sich dem Beschluss seiner Partei verpflicht­et. „Ich nehme alle Beschlüsse der Grünen sehr ernst“, sagt er am Mittwoch, fügt aber hinzu: „Die Umsetzung ist schwierig. Wir können nicht mit wechselnde­n Mehrheiten abstimmen.“

Damit spricht er indirekt das Dilemma an, in dem die Grünen-Fraktion steckt. Auf der einen Seite gibt es einen Auftrag der Basis, auf der anderen Seite wissen die Grünen-Abgeordnet­en, dass die CDU keinerlei Änderung am Wahlrecht will. Die Basis ist sauer auf die CDU und unzufriede­n mit den eigenen Abgeordnet­en, weil diese es nicht geschafft haben, den kleineren Koalitions­partner zu einer Reform des Landtagswa­hlrechts zu bewegen. Eine solche ist im Koalitions­vertrag verankert, doch die CDU-Fraktion hat sich gegen jede Änderung gewehrt. Ende April erklärten die Regierungs­partner die Reform nach monatelang­em Ringen für gescheiter­t.

Vermittlun­gsgespräch geplant

Eigentlich wollten die Regierungs­fraktionen es dabei bewenden lassen. Empörung bei den Grünen und Appelle an den Koalitions­partner, künftig den gemeinsame­n Vertrag einzuhalte­n, sollten das Thema abschließe­n. Doch der Landesfrau­enrat mit seinen zwei Millionen Mitglieder­n, verteilt auf 50 Organisato­ren, will sich damit nicht zufrieden geben. Vor weiteren Festlegung­en zu einem Bürgerforu­m will sich Grünen-Fraktionsc­hef Schwarz nun zunächst mit dem Landesfrau­enrat austausche­n. Ein Treffen ist für kommende Woche geplant.

Sehr vorsichtig drückt sich auch Nicole Razavi aus. Die Parlamenta­rische Geschäftsf­ührerin der CDUFraktio­n äußert sich skeptisch über ein Bürgerforu­m. „Das Landtagswa­hlrecht ist eins der wichtigste­n Themen in der Verantwort­ung eines Parlaments. Weil es so komplex ist, werden wir uns fragen, ob ein Bürgerforu­m das passende Format dafür ist.“Sie betont, dass diese Frage das ganze Parlament betreffe. Die Entscheidu­ng, ein Bürgerforu­m einzusetze­n, sollten die Fraktionen einmütig treffen.

Die SPD schert hierbei bereits aus. Fraktionsc­hef Andreas Stoch spricht sich gegen solch ein Gremium aus, denn „die Regierung versucht, ihre Handlungsu­nfähigkeit durch ein Bürgerforu­m zu kaschieren“. Er spricht von einem Feigenblat­t. Auch die SPD-Fraktion wird sich kommende Woche mit dem Landesfrau­enrat austausche­n, erklärt dessen Vorsitzend­e Charlotte Schneidewi­nd-Hartnagel.

Einen rechtliche­n Rahmen für die Einsetzung eines Bürgerforu­ms gibt es nicht, erklärt eine Sprecherin des Landtags. Präsidenti­n Muhterem Aras (Grüne) hat ein solches zur Frage der Altersvers­orgung für Abgeordnet­e eingesetzt – auf Wunsch der Fraktionen. Nun hat FDP-Fraktionsc­hef Rülke von Aras das selbe für das Landtagswa­hlrecht gefordert. Aras zeigt sich offen. „Voraussetz­ung wäre aber zwingend, dass der Landtag mit großer Mehrheit dies möchte und bereit ist, eine ergebnisof­fene Debatte zu führen.“

Nachdem die CDU-Fraktion vor Monaten einen einstimmig­en Beschluss gegen eine Reform gefasst hat, scheint eine solche ergebnisof­fene Debatte fraglich. Das deutet auch Andrea Lindlohr an, die dem Fraktionsv­orstand der Grünen angehört. „Ein Bürgerforu­m ist ein geeignetes Format, um die Gesellscha­ft mit einzubezie­hen.“Das könne gute Ergebnisse und neue Sichtweise­n auf die Debatte bringen. Aber: „Ob der Landtag auf dieser Basis dann noch etwas beschließt, ist nicht klar.“

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FOTO: DPA Kein deutsches Parlament ist so von Männern dominiert wie der badenwürtt­embergisch­e Landtag. Eine Änderung des Wahlrechts gestaltet sich aber als schwierig.

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