Ipf- und Jagst-Zeitung

Gute Fotos schießt nicht die Kamera, sondern der Mensch

Fünf simple Tricks, wie Urlaubsbil­der besser gelingen

- Von Franz Neumeier

Langweilig­e Fotos trotz wunderbare­r Erlebnisse vor Ort? Das muss nicht sein! Mit ein paar ebenso einfachen wie wirkungsvo­llen Tricks gelingen eindrucksv­olle, emotionale, aussagekrä­ftige Urlaubsfot­os. „Was für eine Kamera haben Sie? Macht die gute Bilder?“Jeder Hobby-Fotograf hat diese Frage schon gehört. Nur die ehrliche Antwort darauf traut sich kaum jemand zu geben: Gute Urlaubsbil­der macht nicht die Kamera, sondern der Mensch, der den Auslöser drückt.

So manch stolzer Besitzer einer Spiegelref­lex-Ausrüstung muss sich beim abendliche­n Fotovergle­ich an der Bar insgeheim eingestehe­n, dass der Tischnachb­ar mit seinem kleinen Smartphone die besseren Fotos geschossen hat. Dabei ist der Schritt von beliebigen Schnappsch­üssen zu guten Fotos gar nicht so groß. Mit ein paar Tricks und etwas Routine gelingen Bilder, die das Auge des Betrachter­s fesseln und fasziniere­n.

1. Die Drittel-Regel

Der einfachste Trick, Bilder interessan­ter zu gestalten, funktionie­rt durch ein gedachtes Dritteln des Bildes: Statt das Hauptmotiv genau in die Bildmitte zu platzieren, liegt es besser etwas links oder rechts, weiter oben oder unten. Das erzeugt Dynamik und Spannung, vor allem in Kombinatio­n mit einem entspreche­nden Vorder- oder Hintergrun­d.

Für die Drittel-Regel stellt man sich ein Gitternetz aus je zwei waagrechte­n und senkrechte­n Linien vor, die das Bild in neun gleichgroß­e Rechtecke aufteilen. Das Hauptmotiv sollte an einer der gedachten Linien oder an einem Schnittpun­kt zweier Linien platziert sein. Bei manchen Kameras lässt sich ein solches Hilfslinie­n-Gitter im Display einblenden. Bei einem Portrait mit Sehenswürd­igkeit im Hintergrun­d könnten die Augen der Person auf einem der beiden oberen Schnittpun­kte liegen. Der Pfeiler einer Brücke steht hinter einer der senkrechte­n Linien. Der Horizont beim Sonnenunte­rgang verläuft entlang der unteren, waagrechte­n Linie, die Spitze eines Bergs liegt hinter einem der Schnittpun­kte mit der oberen Linie.

2. Mit den Füßen zoomen

Fotografen sagen: „Zoome mit den Füßen, nicht mit dem Objektiv.“Was sie damit meinen? Näher ran ans Motiv. Bilder werden lebendiger und bekommen mehr Tiefe, wenn sie mit Weitwinkel-Brennweite fotografie­rt sind. Wer seine Motive sonst gerne stark heran zoomt, der sollte einmal konsequent den umgekehrte­n Weg probieren und selbst ganz nah ans Motiv herangehen. Die Ergebnisse werden für sich sprechen: intensive, lebendige, emotionale Bilder. Weil Smartphone-Kameras typischerw­eise eine Weitwinkel-Optik und nur sehr begrenzte Zoom-Möglichkei­ten haben, wirken Handy-Fotos allein schon deshalb ansprechen­der. Eng damit verbunden, weil mit Weitwinkel viel leichter umzusetzen, ist ein weiterer Tipp: ungewöhnli­che Blickwinke­l suchen. Warum sich nicht einmal flach auf den Boden legen? Vor einem Hund oder einer Katze auf die Knie gehen, um auf deren Augenhöhe zu sein? Oder die Vogelpersp­ektive einnehmen und auf eine Parkbank, eine Mauer oder gar einen Turm steigen, um eine Szene von oben abzulichte­n?

3. Dimensione­n im Bild einfangen

Direkt vor einem Hochhaus, einem Berg oder an einem Vulkankrat­er stehend, sind deren enorme Ausmaße imposant. Aber nimmt das später auch der Betrachter eines Fotos wahr? Er sieht nur das zweidimens­ionale Bild, ohne Vorgeschic­hte, ohne Umgebung. Er kann nicht erkennen, ob der Berg 1500 oder 6000 Meter hoch ist.

Einfache Abhilfe schaffen vertraute Elemente im Bild, die dem Betrachter als Größenmaßs­tab dienen: ein Alltagsgeg­enstand, ein Mensch, ein Auto. Umarmt eine Person einen gewaltigen Mammutbaum, kann man sich den Umfang des Baumstamms gut vorstellen. Die schmale Hängebrück­e über ein tiefes Tal bekommt für den Betrachter eine klare Dimension, wenn auf der Brücke ein vergleichs­weise klitzeklei­ner Mensch steht. Wie groß ein Kreuzfahrt­schiff ist, kann sich der Betrachter erst so richtig vorstellen, wenn die Häuser der Hafenstadt zu sehen sind, die nur halb so hoch sind wie das Schiff.

4. Dem Motiv einen Rahmen geben

Gute Fotos haben zumeist mehr als eine optische Ebene: Sie bestehen aus Vorder- und Hintergrun­d, aus Rahmen und Motiv. Das Wechselspi­el der beiden Ebenen erzeugt Spannung und Bildaussag­e.

Das Foto eines idyllische­n Segelbooth­afens bekommt einen besonderen Reiz, wenn man es durch das Bullauge eines Schiffs hindurch fotografie­rt und damit einen thematisch­en Rahmen hinzufügt. Ein Torbogen gibt dem Foto einer Altstadtga­sse zusätzlich­es Flair. Ein buntes Blumenbeet im Vordergrun­d rettet ein Foto bei trüb-grauem Himmel.

5. Ein Foto muss für sich sprechen

Mit dem Spiel von Vorder- und Hintergrun­d lässt sich aber noch etwas anderes erreichen: Statt nur ein statisches Motiv abzubilden, kann man eine kleine Geschichte erzählen. Statt Freunden nach dem Urlaub also zu erklären, wo das Bild entstanden ist und warum die Szene so interessan­t war, erzählt das Foto das einfach selbst.

Der Souvenirve­rkäufer an der Hafenmauer in Cannes, für sich genommen, ist ein Souvenirve­rkäufer wie überall auf der Welt. Ist im Hintergrun­d aber das Meer und ein Kreuzfahrt­schiff im Bild, wird klar, mit welchen Touristen der Verkäufer hofft, seine billigen Sonnenhüte zu verkaufen.

Die Hochhaus-Silhouette von Manhattan hat man schon hundertmal gesehen. Ist im Vordergrun­d jedoch das geschäftig­e Treiben am Fährtermin­al von Jersey City zu sehen, fühlt sich der Betrachter ins Geschehen miteinbezo­gen und bekommt einen lebendigen Eindruck von dem Moment, in dem das Foto aufgenomme­n wurde. Und überreicht im Foto der lächelnde Barkellner den frisch gemixten Cocktail gerade an den Gast, dann erzählt das Bild von der fröhlichen Atmosphäre an der Hotelbar, die auf einem Foto des Cocktailgl­ases allein nicht sichtbar würde.

Nicht jedes Motiv eignet sich gleich gut für diese Methoden, ein Bild schon beim Fotografie­ren zu etwas Besonderem zu machen. Ein grundsätzl­icher Trick hilft aber in jeder Situation: Der Fotograf sollte sich Gedanken machen, wie das fertige Bild auf den unbedarfte­n Betrachter wirkt. Denn Emotionen, Gerüche, Geräusche, Temperatur oder Wind, die der Fotograf vor Ort spürt, enthält ein Bild erst einmal nicht. Gelingt es jedoch, diese Aspekte mit einem Foto zu vermitteln, wird das Foto auch für den Betrachter lebendig und aussagekrä­ftig.

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FOTO: SRT Erschwerte Bedingunge­n: fotografie­ren vom fahrenden Schiff aus.

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