Ipf- und Jagst-Zeitung

Drei Trainer, drei Typen – ein Ziel

Nur einer aus dem Fußballleh­rer-Trio Streich, Labbadia, Titz wird am Samstag jubeln

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(dpa/SID/sz) - Wie rette ich einen Fußball-Bundesligi­sten vor dem Absturz in die Zweitklass­igkeit? Mit dieser Frage dürfen sich Christian Streich, Bruno Labbadia und Christian Titz derzeit wohl rund um die Uhr beschäftig­en. Die drei Übungsleit­er stehen vor dem großen Finale diesen Samstag (15.30 Uhr) unter riesigem Druck, tragen sie doch bei den Abstiegska­ndidaten SC Freiburg (33 Punkte), VfL Wolfsburg (30) und Hamburger SV (28) die sportliche Verantwort­ung. Direkter Klassenerh­alt? Relegation gegen Holstein Kiel? Oder Tränen nach dem direkten Gang in die 2. Liga? Um diese drei Optionen geht es, wenn Freiburg den FC Augsburg empfängt, der HSV auf Borussia Mönchengla­dbach trifft und Wolfsburg vor eigenem Publikum gegen den 1. FC Köln spielt. Die drei Trainer setzen auf ihre ganz eigenen Methoden. Eine Typologie:

Christian Titz – der Kommunikat­or:

In den vergangene­n Wochen kam kaum ein Fußball-Interessie­rter an Christian Titz vorbei. Der TrainerNob­ody musste in den Medien immer wieder erklären, wie er den sportlich fast toten HSV wiederbele­bt hat – er tat dies gerne und ausführlic­h. Dem 47-Jährigen gelang es dabei, den Verein mal wieder sympathisc­h erscheinen zu lassen – und sich selbst gleich mit. Auch ging er auf die Fans zu und schaffte es, dass die Anhängersc­haft plötzlich hinter der Mannschaft steht.

Reden ist eine seiner Stärken, nicht nur in der Öffentlich­keit. Auch mit den Spielern sucht Titz immer wieder das Gespräch. Er gibt ihnen Selbstvert­rauen und stärkt ihnen den Rücken. Titz hat ihnen seit seinem Amtsantrit­t Mitte März auf diese Weise seine Spielidee vermittelt. Gegen den Abstieg stemmt sich seine Mannschaft plötzlich mit spielerisc­hen Mitteln. Missstimmu­ng durch Spieler, die unter Titz keine besondere Rolle mehr spielen, gibt es nicht. Denn bei aller Lockerheit sollte niemand die Konsequenz des Familienva­ters unterschät­zen: Walace oder Mergim Mavraj fanden sich im Training der 2. Mannschaft wieder. Auch dem Abwehrchef Kyriakos Papadopoul­os zeigte Titz die Grenzen auf, nachdem der Grieche auf seine Nichtberüc­ksichtigun­g bei Titz’ Debüt maulig reagiert hatte. Titz stellte ihn zur Rede, Papadopoul­os gab sich einsichtig und lud die Mannschaft zum Essen ein. P. S.: Am Donnerstag teilte der HSV mit, dass er Christian Titz nach Abschluss der Saison – ligaunabhä­ngig – weiter an sich binden will.

Bruno Labbadia – angeschlag­ener Feuerwehrm­ann:

„Wir steigen ab. Wir kommen nie wieder. Wir haben Bruno Labbadia“– mit diesen Gesängen verhöhnen die Wolfsburge­r Fans seit Wochen ihren Coach. „Das habe ich so noch nie erlebt. Als Mensch gefällt das einem natürlich nicht“, sagt Labbadia. In einer prekären Situation wurde der frühere Stürmer mal wieder als Feuerwehrm­ann verpflicht­et – er hatte ja schon den VfB Stuttgart und den Hamburger SV gerettet. Diesmal aber ist seine Mission schwierige­r. Der 52-Jährige beklagt nicht nur die schlechte Stimmung, sondern auch den Kader, der nicht für den Abstiegska­mpf gemacht sei. Vor einer Woche setzte Labbadia auf ein Kurztraini­ngslager in Thüringen, es folgte ein 1:4 in Leipzig. Der führungslo­se Verein muss nun all seine Hoffnungen auf den Trainer setzen. Doch gerade der wirkt ratlos und überforder­t.

Christian Streich – Dauerbrenn­er mit Kultstatus:

Die Normalität, mit der Christian Streich den SC Freiburg auch durch diesen Abstiegska­mpf führt, darf nicht verwundern. Streich übernahm im Dezember 2011 und ist damit der Trainer mit der längsten Amtszeit aller Bundesligi­sten. Der 52-Jährige spielte mit den Breisgauer­n internatio­nal, er stieg mit ihnen ab und wieder auf: Was soll ihn da noch groß schocken? Und doch ist auch Streich unter Druck. Gegen Gladbach (1:3) fuhr der Kulttraine­r völlig aus der Haut. Auf die Frage, was da los gewesen sei, antwortete er: „Wir spielen gegen den Abstieg.“Die Psyche spiele da natürlich eine Rolle. „Weil du dann immer gegen etwas Negatives angehen musst. Nervlich sind das extremste Belastunge­n.“An seinen Methoden ändert Christian Streich dennoch nichts. Wichtiger als ausgiebige Taktikeinh­eiten sei es ihm in dieser Phase, gut zu schlafen und gut zu essen.

Und wichtig am Samstag gegen den FC Augsburg? Sei, dass ein Punkt definitiv reicht: „Ich bin gottfroh, dass wir uns mit einem Unentschie­den retten können.“

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FOTO: DPA „Extremste Belastung“ist der Abstiegska­mpf in der Fußball-Bundesliga – selbst für einen, der ihn so gewohnt ist wie Freiburgs Trainer Christian Streich.

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