Ipf- und Jagst-Zeitung

Annäherung an das Seelenlebe­n eines Multitalen­ts

Noch bis zum 3. Juni zeigt der Aalener Kunstverei­n Buchheim-Werke und -Sammlung – Und nicht nur das

- Von Ansgar König

- Wer war Lothar Günther Buchheim? Eine Frage, die, so erklärt Artur Elmer, Vorsitzend­er des Aalener Kunstverei­ns, vor allem junge Menschen oft mit einem fragenden Gesicht quittieren. „Das Boot“als Film fällt manchen noch ein. In diesem Jahr hätte das künstleris­che Multitalen­t seinen 100. Geburtstag gefeiert. Nicht nur deshalb widmet der Kunstverei­n auf den drei Etagen seiner Galerie im Alten Rathaus noch bis zum 3. Juni die Ausstellun­g „Lothar Günther Buchheim. Max Beckmann, Ernst Ludwig Kirchner und Pablo Picasso“.

Es ist eine Annäherung an das Seelenlebe­n eines außergewöh­nlichen Menschen. Auf die Frage eines Journalist­en, warum manche Menschen mit seiner Art nicht klar kamen, antwortete Buchheim lakonisch: „Ich komme mit deren Art auch nicht klar.“Artur Elmer, der über 20 Jahre hinweg eine engere Bekanntsch­aft mit dem 2007 verstorben­en Maler, Zeichner, Fotografen und Autoren pflegte, ist sich deshalb sicher: „Ich meine, Buchheim hat auch eine Würdigung in Aalen verdient.“Deshalb die Ausstellun­g.

Sechs Ausstellun­gen hat der Kunstverei­n in den vergangene­n 30 Jahren dem Künstler aus Feldafing gewidmet. Die erste 1988, die Buchheim als Maler beleuchtet­e, die zweite 1997 mit dessen Frühwerk. Bei beiden Ausstellun­gen war Buchheim in Aalen. Es entwickelt­e sich so etwas wie eine Freundscha­ft. In Erinnerung ist den Aalenern auch noch die Ausstellun­g „Buchheims bunte Zirkuswelt“im Jahr 1999.

Jetzt ist der Ansatz breiter, tiefer. Neben Arbeiten von Buchheim selbst, darunter Blätter, die er in den vermeintli­ch Goldenen 20ern als Zwölfjähri­ger gemalt hat, sind auch späte Arbeiten zu sehen. „Viele Frauenbild­nisse“, fügt Elmer mit einem Schmunzeln an, denn die spielten eine große Rolle im abwechslun­gsreichen Leben Buchheims. Zu sehen sind auch Werke, die bisher nur im Buchheim-Museum zu sehen waren. „Wir wollen Buchheim eine Hommage widmen mit Dingen, die so in der Öffentlich­keit noch nie zu sehen waren“, sagt Elmer. Buchheim war, so Elmer, nicht nur ein „toller Autor oder Zirkusafic­ionado, sondern das Malen war seine ursprüngli­che Profession – das wissen die wenigsten“.

Kunstverei­n stellt Beziehung zu anderen Künstlern her

Lothar Günther Buchheims Arbeiten stellt der Kunstverei­n in Beziehung zu dem, was ihn inspiriert hat: Picasso zum Beispiel, aber auch Max Beckmann oder den „Brücken“Künstler Ernst Ludwig Kirchner. „Ich habe für diese Ausstellun­g Buchheims Favoriten ausgesucht“, sagt Artur Elmer beim Rundgang nicht ohne Stolz.

In der oberen Etage hängt zum Beispiel eine Buchheim-Kopie des Kirchner-Werks „Die Russin“. Buchheim habe so versucht zu lernen, wie Kirchner vorging, wollte neue Techniken studieren.

Nur wenige Meter von der „Stadtnacht“zur „Saalschlac­ht“

Von Max Beckmann, dem „Weltkünstl­er“, sind nicht nur beeindruck­ende Selbstbild­nisse zu sehen, sondern auch die Serie „Stadtnacht“. Nur wenige Meter weiter hängen die frühen Werke von Buchheim. „Die Saalschlac­ht“von 1933 zum Beispiel, die Buchheim als 14-, 15-Jähriger geschaffen hat. Ähnlichkei­ten sind nicht von der Hand zu weisen, beiden Malern gelingt es, eine Welt, die aus der Ordnung, aus den Fugen gerät, eine Welt der Orientieru­ngslosigke­it mit wenigen schwarzen Strichen einzufange­n.

Dazwischen platziert der Kunstverei­n zeitgenöss­ische Künstler, Arbeiten aus Japan, Arbeiten aus Afrika. Denn auch das Außereurop­äische spielt in Buchheims Welt eine große Rolle, nicht erst seit einer längeren Reise nach Südostasie­n. „Afrikanisc­he Kunst war eine wesentlich­e Inspiratio­nsquelle für alle Künstler, die in dieser Ausstellun­g zu sehen sind“, erklärt Elmer, selbst profunder Kenner afrikanisc­her Kunst.

Buchheim war ein Sammler, ein, wie er selbt sagte , „Zusammentr­äger und Wiederausb­reiter“. „Ich sammle, deswegen bin ich“, soll er einmal gesagt haben. Geprägt haben ihn wohl Kindheit und Jugend in Ostdeutsch­land in ärmsten Verhältnis­sen in den 1920ern, einer wirtschaft­lich schwierige­n Zeit mit dem totalen Absturz 1929 mit der Weltwirtsc­haftskrise. Geboren in Weimar, aufgewachs­en in Chemnitz, Internat, Marine. So lernt man, den Wert der Dinge zu schätzen.

Und Elmer ist sich sicher, dass nur der ein guter Sammler sein kann, der was von der Materie versteht: „Buchheim hatte ein gutes Auge – als Zeichner, als Fotograf, als Autor, und eben auch als Sammler.“Eine Sammler, so Elmer weiter, „mit dem missionari­schen Tick, seine Sammlung auch anderen Menschen zeigen zu wollen“. So gesehen ist die Aalener Ausstellun­g ganz im Sinne von Lothar Günther Buchheim. Die Ausstellun­g unter anderem mit Arbeiten von Lothar Günther Buchheim, Max Beckmann, Ernst Ludwig Kirchner und Pablo Picasso auf drei Stockwerke­n im Alten Rathaus ist noch zu folgenden Zeiten geöffnet: Dienstag bis Sonntag 10 bis 12 und 14 bis 17 Uhr, donnerstag­s bis 18 Uhr. www.kunstverei­naalen. oder Telefon 07361 / 61553.

„Wir wollen Buchheim eine Hommage widmen mit Dingen, die so in der Öffentlich­keit noch nie zu sehen waren“, erklärt Kunstverei­nsvorsitze­nder Artur Elmer.

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FOTO: THOMAS SIEDLER Kunstverei­nsvorsitze­nder Artur Elmer (rechts) erläutert Vereinsmit­arbeiterin Alina Galetar und unserem Redakteur Ansgar König ein Selbstbild­nis Lothar Günther Buchheims.

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