20 Jahre Zugunglück in Eschede
(saf) - Heute vor 20 Jahren hat sich im niedersächsischen Eschede der größte Zugunfall der deutschen Geschichte ereignet. Ein defektes Rad ließ den ICE 884 am 3. Juni 1998 bei Tempo 200 entgleisen und gegen eine Straßenbrücke rasen. Die 101 Toten hinterließen Angehörige, die auch nach zwei Jahrzehnten kaum mit dem Verlust zurechtkommen.
Völlig unbefriedigend verläuft aus Sicht der Opfer die Klärung möglicher Verantwortlichkeiten. Drei Ingenieuren der Bahn und des Herstellers des gebrochenen Radreifens wird einige Jahre nach dem Unglück der Prozess wegen fahrlässiger Tötung gemacht. Laut Anklage sollen sie das Bauteil bei der Entwicklung nicht ausreichend auf Bruchfestigkeit getestet und Kontrollen nicht angepasst haben. Die Angeklagten bestreiten dies, die Bahn sieht keine Schuld bei sich. 2003 stellt das Landgericht Lüneburg den Prozess gegen Geldbußen ein. Die Männer treffe „keine schwere Schuld“. Hinterbliebene empfinden das als erneuten Schlag ins Gesicht. Sie scheitern auch mit Zivilklagen auf eine höhere Entschädigung durch den Konzern. Bahn und Behörden ziehen Lehren aus der Tragödie. So verzichtet die Bahn trotz Vorteilen auf gummigefederte Radreifen und setzt wieder auf massive Vollgußräder. Zudem werden Weichen vor Brücken nicht mehr gebaut. Rettungskräfte erhalten Spezialkettensägen und stärkere Trennschleifer, um sich besser Zugang zu Wracks verschaffen können. Namen und Nummer des Unglückszugs werden nicht mehr vergeben.(AFP)