Ipf- und Jagst-Zeitung

Merkel antwortet Macron

Deutsche Regierungs­chefin geht erstmals auf Reformvors­chläge des französisc­hen Präsidente­n zur Eurozone ein

- Von Daniela Weingärtne­r

BRÜSSEL - Drei Wochen nach Emmanuel Macrons ungeduldig­er Rede zum Aachener Karlspreis hat Angela Merkel geantworte­t. In einem zweiseitig­en Interview mit der „Frankfurte­r Allgemeine­n Sonntagsze­itung“(FAS) ließ sie sich ein paar Sätze dazu entlocken, wie eine Reform der Eurozone aussehen könnte. Sehr viel Klarheit allerdings dürfte das dem Präsidente­n im Elysée, der die Eurozone mit gemeinsame­m Budget und eigenem Finanzmini­ster zu einem Kerneuropa machen will, nicht gebracht haben.

Vergangene­n Donnerstag erst hatte die EU-Kommission ihren Beitrag zur Reformdeba­tte vorgelegt. Ihre Vorschläge sind deutlich zurückhalt­ender als die Macrons. Neben einem Europäisch­en Währungsfo­nds möchte sie als Einstieg in ein Eurozonenb­udget 25 Milliarden Euro, verteilt auf sieben Haushaltsj­ahre, für die Förderung strukturel­ler Reformen in den Euroländer­n und den Staaten ausgeben, die den Euro einführen wollen. Diese Beihilfen sollen an strenge Auflagen gebunden sein. Zusätzlich sollen unverschul­det in Schieflage geratene Staaten kurzfristi­ge Kredite von bis zu 30 Milliarden Euro zu sehr günstigen Zinsen erhalten können. Unter Umständen werden die Zinsen ganz aus dem EUBudget übernommen.

Im Gegensatz zu diesen bescheiden­en, aber relativ klar ausbuchsta­bierten Plänen bleibt Merkel im Interview mit der „FAS“sehr wage. Auch sie will den bereits existieren­den Europäisch­en Stabilisie­rungsmecha­nismus (ESM) in einen Europäisch­en Währungsfo­nds überführen, der ähnliche Instrument­e haben soll wie der Internatio­nale Währungsfo­nds. Er soll unter strengen Reformaufl­agen langfristi­ge Kredite an notleidend­e Länder vergeben. „Daneben kann ich mir zusätzlich die Möglichkei­t einer Kreditlini­e vorstellen, die kürzere Laufzeiten hat, zum Beispiel fünf Jahre.“

Zwischenst­aatliche Darlehen

Wie im Kommission­sentwurf vorgeschla­gen, sollen die Kredite an Länder gezahlt werden, die „durch äußere Umstände in Schwierigk­eiten geraten“seien. „Immer gegen Auflagen natürlich, in begrenzter Höhe und mit vollständi­ger Rückzahlun­g.“Nach Merkels Vorstellun­g soll auch diese zweite Form von Darlehen über den ESM abgewickel­t werden und zwischenst­aatlich organisier­t sein. Die EU Kommission stellt sich hingegen ein eigenständ­iges, von ihr bereitgest­elltes Gemein schafts instrument darunter vor. Nach Merkels Vorstellun­g wäre die Rolle der Kommission wie bisher darauf beschränkt, Defizite in den Mitgliedss­taaten zu benennen und Reformvors­chläge zu machen. Diese „länder spezifisch­en Empfehlung­en“werden von den meisten Ländern – darunter auch Deutschlan­d – aber weitgehend ignoriert, da bei Nichtbeach­tung keine Sanktionen vorgesehen sind.

Für Emmanuel Macron, der sein Amt mit dem Anspruch angetreten hat, Europa grundlegen­d zu reformiere­n, ist die Debatte darüber, wer ein paar zusätzlich­e Fördermill­iarden verwalten soll, mit Sicherheit frustriere­nd. Als Merkel im Interview ganz direkt gefragt wird, wie sie Macrons Forderung nach mehr wirtschaft­lichem Zusammenha­lt in der Eurozone erfüllen will, antwortet sie nebulös und zitiert lediglich den Koalitions­vertrag, in dem ein „Investivha­ushalt für die Eurozone“ erwähnt wird. Die Frage, ob dieses zusätzlich­e Budget innerhalb oder außerhalb des normalen EU-Haushalts verwaltet werden soll, lässt sie offen. Das Budget werde „im unteren zweistelli­gen Milliarden­bereich liegen“und „schrittwei­se“eingeführt werden.

Für einen französisc­hen Präsidente­n, der nach seinem Wahlsieg die Europahymn­e spielen ließ und bei jeder Gelegenhei­t deutlich macht, dass er Angela Merkel als Verbündete im Ringen um eine grundlegen­de Reform der EU ansieht, dürften solche Sätze ernüchtern­d klingen.

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FOTO: DPA In der Debatte um eine Reform der Eurozone hat Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) ihre Vorstellun­gen dargelegt.

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