Wie der Mensch zum Menschen wurde
Verhaltensforscher Irenäus Eibl-Eibesfeldt gestorben
(dpa) - Der Verhaltensforscher und Begründer des Fachs Humanethologie, Irenäus Eibl-Eibesfeldt, ist nach kurzer, schwerer Krankheit am Samstag gestorben. Am 15. Juni wäre er 90 Jahre alt geworden.
Der Österreicher Eibl-Eibesfeldt war Schüler des Medizin-Nobelpreisträgers und Verhaltensforschers Konrad Lorenz. Bis ins hohe Alter widmete Eibl-Eibesfeldt sich der Forschung. So reiste er noch 2006 zu den Buschleuten im südafrikanischen Botswana, deren Lebensweise sich dramatisch verändert. Und 2010 ging es einmal mehr auf die Galapagos-Inseln, wo vor rund 60 Jahren seine Forscherkarriere begann. Zuletzt arbeitete der gebürtige Wiener, der mit seiner Frau Eleonore am Starnberger See lebte, Material aus seiner jahrzehntelangen Tätigkeit auf.
Weit über 600 Publikationen hat Eibl-Eibesfeldt im Laufe seines Lebens veröffentlicht, darunter mehr als 20 Bücher, die in viele Sprachen übersetzt wurden. Auch wenn seine Thesen nicht immer Zustimmung fanden, gelten seine Werke als „Bibel“der Verhaltensforschung.
Zuerst beobachtete Eibl-Eibesfeldt Tiere wie Schildkröten, die sich von Grundfinken nach Zecken absuchen lassen, und er beschrieb einige solcher Symbiosen. Lange bevor Artenund Naturschutz diskutiert wurden, sah er die Gefährdung des Galapagos-Paradieses und wandte sich an die Unesco. Die schickte ihn auf eine Expedition, die in Schutzauflagen mündete.
Seine Dissertation schrieb er 1950 bei Konrad Lorenz zur „Paarungsbiologie der Erdkröte“. 1967 erschien mit „Grundriss der Vergleichenden Verhaltensforschung“das erste umfassende Lehrbuch der Ethologie. Eibl-Eibesfeldt wandte sich nun dem menschlichen Verhalten zu. Mit „Biologie des menschlichen Verhaltens“(1984) begründete er die Humanethologie. Besonders setzte er sich damit auseinander, welche Verhaltensweisen angeboren und welche kulturell bedingt sind. Mit der These, die Scheu vor fremd aussehenden Menschen sei angeboren, hatte er Kritik auf sich gezogen.
Eibl-Eibesfeldt wandte sich resolut gegen „Beifall von der falschen Seite“. Um Gefahren zu begegnen, müsse man die Gründe für Verhalten verstehen. „Fremdenscheu hat kulturunabhängig jeder – zu Fremdenhass wird erzogen“, sagte er vor einigen Jahren. „Die Fähigkeit zum Brückenschlag ist uns gegeben, man muss sie aber fördern.“Der mit vielen Preisen ausgezeichnete Wissenschaftler, der bis 1996 an der Uni München lehrte, setzte sich stets für ethnische Vielfalt und den Schutz bedrohter Kulturen ein. Sein Credo: „Wer seine Wurzeln verliert, kann nicht gedeihen.“