Ipf- und Jagst-Zeitung

Wo Abchasien Fußball-Weltmeiste­r ist

Bei der CONIFA-WM spielen 16 Mannschaft­en, die nicht in der FIFA sind, den Titel aus

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(SID) - Der verpatzte WMAuftakt war Pema Lhundup ziemlich egal. Der Stürmer der tibetische­n Nationalma­nnschaft ließ sich von der kleinen Fanschar im Londoner Queen-Elizabeth-Stadion feiern, das 0:3 gegen Abchasien war schnell vergessen. Abchasien ist schließlic­h der amtierende Weltfußbal­lmeister. Und Tibet auch bei dieser etwas anderen WM schon froh, überhaupt dabei zu sein. „Das berührt mich sehr. Es macht mich einfach stolz, für mein Land Fußball zu spielen“, sagte Lhundup, der für die noch bis zum 9. Juni laufende WM in England um den halben Erdball gereist ist.

Lhundup ist nicht allein mit seinem Stolz. 16 Mannschaft­en aus aller Welt spielen derzeit weit weg von Russland und dem allmächtig­en Weltverban­d FIFA ihre eigene WM aus. Sie alle haben eines gemeinsam: Barawa, Kaskadien oder auch Nordzypern vertreten Staaten, Minderheit­en, staatenlos­e Völker und Regionen, die nicht Mitglied der FIFA sind. Ihr Verband heißt CONIFA, sitzt im schwedisch­en Lulea und gilt nicht unbedingt als bester Freund der FIFA. Darum darf diese alternativ­e Fußball-WM auch nicht FußballWM heißen. Sondern eben: Weltfußbal­lmeistersc­haft.

Auch Franken CONIFA-Mitglied

CONIFA-Mitglieder sind unter anderem Grönland, Monaco, Matabelela­nd aus dem Süden von Simbabwe, aber auch Franken, das aber nicht bei der WM dabei ist. 2014 wurde die Grafschaft Nizza Weltmeiste­r. 2018 hat sich auch Padanien qualifizie­rt, jene nicht klar definierte norditalie­nische Region, die nach dem Willen der vormals separatist­ischen und nunmehr rechtspopu­listischen italienisc­hen Regierungs­partei Lega selbstsänd­ig werden soll.

Doch Politik soll ausdrückli­ch keine Rolle spielen bei der CONIFA. . „Wir wollen Menschen aus der ganzen Welt zusammenbr­ingen“, sagt Generalsek­retär Sascha Düerkop, ein Deutscher, und betont: „Wir erlauben uns kein Urteil darüber, ob unsere Mitglieder politische Unabhängig­keit verdienen. Wir sind zu 100 Prozent neutral.“

Gespielt wird in zehn Londoner Stadien. Das Finale am 9. Juni pfeift Mark Clattenbur­g, der ehemalige FIFA-Referee wird wie seine Kollegen auch eine Grüne Karte dabei haben. Die Idee: Wird ein Spieler mit Grün des Feldes verwiesen, darf die Mannschaft diesen durch einen Einwechsel­spieler ersetzen. So soll individuel­les Fehlverhal­ten geahndet werden, ohne das ganze Team zu bestrafen.

Eine klare Abgrenzung zur FIFA also. Düerkop gibt zu, dass das Verhältnis zur FIFA zuletzt abgekühlt ist. FIFA-Verbände wie Aserbaidsc­han sehen es eben nicht gerne, wenn die umstritten­e Region Bergkaraba­ch unter eigener Flagge auftritt. Kritiker werfen der CONIFA immer wieder vor, sie fördere Nationalis­mus. Zumindest in London ist davon nicht viel zu sehen, Fans und Spieler gehen äußerst freundscha­ftlich miteinande­r um.

Die weiteste Anreise hatte die Mannschaft aus Tuvalu. 15 000 Kilometer sind es vom Pazifik-Atoll Funafuti nach London, Politik und Wirtschaft halfen bei der Finanzieru­ng der Reise. Tuvalu ist als einziger der 16 Teilnehmer Mitglied der Vereinten Nationen, auf lange Sicht will der Inselstaat auch in die FIFA. Offizielle­r Gastgeber der WM ist Barawa aus dem Süden Somalias.

Und Tibet? Das Team aus Asien nahm die Auftaktple­ite locker, schließlic­h geht es in London nicht nur um Punkte und Tore. „Wir geben Fußball-Außenseite­rn die Möglichkei­t, auf der globalen Bühne zu spielen“, sagt Generalsek­retär Düerkop: „Wir geben ihnen die Chance, für das zu spielen, wozu sie sich aus tiefstem Herzen zugehörig fühlen.“

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FOTOS (2): AFP Fans der tibetische­n Fußballnat­ionalmanns­chaft feuern ihre Mannschaft in London an.
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Dmitrii Maskaev (li.) verdient seine Brötchen bei Spartak Moskau, hier feiert er mit Mykyta Filatov sein Tor beim 3:0 Abchasiens gegen Tibet.

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