Ipf- und Jagst-Zeitung

Die Hoffnung heißt Europa

- Von Benjamin Wagener b.wagener@schwaebisc­he.de

Wenn der Tweet des US-Präsidente­n eines zeigt, dann das: Die USA unter Donald Trump können nicht mehr der engste Bündnispar­tner von Deutschlan­d sein. Trump hat die Partnersch­aft der führenden westlichen Industrien­ationen aufgekündi­gt und das Format gesprengt, das Bundeskanz­ler Helmut Schmidt und Frankreich­s Präsident Valéry Giscard d’Estaing 1975 ins Leben gerufen haben, um die Weltwirtsc­haftskrise zu lösen.

Die Idee von Schmidt und Giscard d’Estaing war es, die gemeinsame­n Probleme in Verhandlun­gen zu lösen. Doch genau diesem rationalen Diskurs verweigert sich der US-Präsident. Er irrlichter­t zwischen Größenwahn und Halbwissen, gründet seine Entscheidu­ngen auf Vorurteile, fragwürdig­e Berater und zweifelhaf­te Instinkte. Kanzlerin Angela Merkel und Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron werden sich immer wieder brüskieren lassen müssen, wenn sie Trump mit den Instrument­en ihrer Vorgänger Schmidt und Giscard d’Estaing begegnen werden: Die Kraft des Wortes, das Gewicht des besseren Arguments sind keine Kategorien, die für Trump Bedeutung haben.

Trump setzt den Westen wirtschaft­lich unter Druck – und gefährdet damit vor allem die Bundesrepu­blik, die wie kein anderes Land auf eine funktionie­rende Weltwirtsc­haft angewiesen ist. Die Strafzölle auf Aluminium und Stahl sind schon beschlosse­n. Sollten die Zölle auf Autos kommen, trifft Trump die Kernbranch­e der deutschen Volkswirts­chaft.

Berlin muss sich deshalb nach den echten Freunden umsehen – und die findet Angela Merkel in Europa. Die Kritiker von Euro, Brüssel und EZB tadeln zwar zu Recht die Schwächen der Europäisch­en Union, doch angesichts eines Mannes wie Trump im Weißen Haus kann Deutschlan­ds Hoffnung nur auf einer stärkeren Integratio­n Europas liegen. Für die Kanzlerin bedeutet das: Sie muss endlich das Angebot von Emmanuel Macron auf eine neue gemeinsame deutsch-französisc­he Europa-Initiative annehmen und das Gespräch mit ihm suchen. Macron und Merkel müssen Europa stärken – gegen Wirrköpfe wie Donald Trump.

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