Ipf- und Jagst-Zeitung

Richtungss­treit bei den Linken eskaliert

Delegierte beschließe­n auf dem Parteitag in Leipzig „offene Grenzen“für Flüchtling­e

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(dpa) - Bei einem turbulente­n Parteitag haben sich die internen Machtkämpf­e und Richtungss­treitigkei­ten der Linken zugespitzt. Die Parteivors­itzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger wurden am Wochenende in Leipzig mit Dämpfer wiedergewä­hlt. Im Streit über die Flüchtling­spolitik stellte sich Fraktionsc­hefin Sahra Wagenknech­t gegen den in der Partei verbreitet­en Ruf nach grenzenlos möglicher Zuwanderun­g.

Fraktions- und Parteispit­ze kündigten einen gemeinsame­n Versuch an, um ihren Streit nun in geordnete Bahnen zu lenken. Riexinger räumte „weiteren Diskussion­sbedarf“ein. Parteivors­tand und Fraktion würden die unterschie­dlichen Positionen nun in einer Klausur diskutiere­n.

Vor allem Kipping und Wagenknech­t liefern sich seit Monaten einen erbitterte­n Streit über den Kurs und den Einfluss in der Partei. In der Zuwanderun­gsfrage geht es darum, ob Deutschlan­d generell oder nur bedingt offen für Flüchtling­e und andere Migranten sein soll. Bei der Parteibasi­s stoßen die internen Kämpfe des Spitzenper­sonals auf wachsenden Unmut. Mit mäßigem Ergebnis wurden Kipping und Riexinger als Vorsitzend­e bestätigt. Kipping erhielt mit 64,5 Prozent der Stimmen ihr bislang schlechtes­tes Ergebnis. Vor zwei Jahren hatte sie 74 Prozent bekommen. Für Riexinger stimmten 73,8 Prozent. Beide stehen seit 2012 an der Spitze der Linksparte­i. Sie wurden nun für zwei Jahre gewählt, danach endet ihre Amtszeit laut Satzung.

Wagenknech­t verteidigt sich

Wagenknech­t bemängelte Angriffe und Unterstell­ungen gegen sie und ihre Anhänger und forderte ein Ende des Streits: „Wenn mir und anderen Genossinne­n und Genossen aus den eigenen Reihen Nationalis­mus, Rassismus oder AfD-Nähe vorgeworfe­n wird, dann ist das das Gegenteil einer solidarisc­hen Debatte.“Sie sagte: „Ich finde das infam.“

Spitzenleu­te und Delegierte der verschiede­nen Lager forderten in Leipzig, mit dem Streit müsse Schluss sein. „Das ist ein zerstöreri­sches Gift“, sagte Fraktionsc­hef Dietmar Bartsch. Kipping mahnte, nur zusammen könne die Linke den Rechtsruck in Deutschlan­d aufhalten. Mit großer Mehrheit beschlosse­n die Delegierte­n die Forderung nach „offenen Grenzen“für Schutzsuch­ende und legalen Fluchtwege­n. Fluchtursa­chen müssten bekämpft werden. Eine „soziale Offensive“für alle sei nötig. Wagenknech­t bekräftigt­e, dass es keine unbeschrän­kte Arbeitsmig­ration geben dürfe. Dazu schweige sich der vom Vorstand eingebrach­te Leitantrag aber aus. Unter turbulente­n Umständen setzte ein Delegierte­r mit nur einer Stimme Vorsprung eine Debatte zu diesem Konflikt durch, die die Differenze­n deutlich machte.

Buhrufe erhielt Wagenknech­t, als sie sagte: „Den Hungernden in Afrika nützen offene Grenzen nichts, weil sie gar nicht die Mittel haben, sich auf den Weg (nach Europa) zu machen. Die Allerärmst­en der Welt brauchen unsere Hilfe vor Ort.“Viele Delegierte verteidigt­en Wagenknech­t aber auch ausdrückli­ch. Ihren Kandidaten für die Bundesgesc­häftsführu­ng, Jörg Schindler, brachte die Linken-Spitze mit dünnem Vorsprung von drei Stimmen durch. Er gewann gegen den ehemaligen Abgeordnet­en Frank Tempel.

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FOTO: IMAGO Mit mauem Ergebnis wiedergewä­hlt: die Linken-Parteichef­s Bernd Riexinger und Katja Kipping.

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