Voller Schärfe und Geschmack
Gewürze sollte man immer mal wieder einer Inventur unterziehen
HAMBURG (dpa) - Der gemahlene weiße Pfeffer riecht alt, das Döschen mit dem Paprikapulver ist leer. Beim Kochen bricht Hektik aus. Was kann helfen, um wieder Durchblick im Gewürzregal zu haben? Eine Inventur! Experten raten zu regelmäßiger Kontrolle, insbesondere bei gemahlenen Produkten.
Inzwischen sind Gewürze ohne Rieselhilfe gewünscht, also ohne Zusatzstoffe. Da kann es schon mal klumpen, wenn Feuchtigkeit ins Spiel kommt. „Der Preis für die Natürlichkeit ist, dass man anders damit umgehen muss“, erklärt Manuela Mahn (Foto: Michael Gunz/Christian Verlag/dpa) aus Bamberg. Sie ist Lehrbeauftragte für Warenkunde von Gewürzen und Kräutern. Ihr Rat: Die zum Kochen benötigten Gewürze bereitstellen. Pulverisiertes in Döschen nicht direkt in den Kochtopf rieseln lassen, sondern die benötigte Menge mit dem Teelöffel herausnehmen.
Für den optimalen Gewürzgenuss empfehlen Experten, Gewürze möglichst ganz zu kaufen und frisch zu mahlen oder zu mörsern. Sind die Aromazellen durch das Mahlen erst einmal aufgebrochen, verflüchtigen sich die duftenden Stoffe, und das Gewürz verliert an Aroma. „Deshalb sollte man alles, was sich gut mahlen lässt wie Pfeffer, Koriander oder Kardamom in kleinen Mengen immer frisch mahlen“, empfiehlt Kochbuchautorin und Gewürzexpertin Bettina Matthaei.
So bequem es ist, Gewürze im Regal in der Nähe des Herdes zu haben, so ist es doch ihr sicherer Tod. „Gewürze sollten nicht in Kontakt mit Hitze, Feuchtigkeit, Licht beziehungsweise Sonneneinstrahlung kommen“, erklärt Kilian Holland von der Manufaktur Altes Gewürzamt in Klingenberg am Main. Sie vertragen Dämpfe nicht. Ätherische Öle verflüchtigen sich bei 25 Grad Celsius, und gemahlene Gewürze verklumpen durch Feuchtigkeit.
Praktisch sind Gewürzregale auf der Innenseite der Schranktür. „Das ist der perfekte Aufbewahrungsort. Man hat seine Gewürze übersichtlich griffbereit“, sagt Dirk Radermacher vom Fachverband der Gewürzindustrie in Bonn. Sie stehen aber auch gut geschützt in einer Schublade des Küchenschranks – am besten luftdicht verschlossen in Metalldosen, dunklen Apothekergläsern oder ausrangierten Marmeladegläsern.
Wie lange hält die Aroma gebende Pracht an? „Ungemahlen, trocken, lichtgeschützt, bei Zimmertemperatur und nicht über dem Herd gelagert, sind Gewürze sehr lange haltbar“, sagt Radermacher.
Händler wie Holland geben ein Mindesthaltbarkeitsdatum, bis zu dem sie die Würzkraft garantieren: „Ganze Gewürze drei bis vier Jahre, verschiedene Pfeffersorten vier bis fünf Jahre, Gewürzmischungen 2,5 bis drei Jahre und getrocknete Kräuter 1,5 bis zwei Jahre.“Dabei gilt das aufgedruckte Haltbarkeitsdatum immer nur für die ungeöffnete Ware.
Gewürzpulver sind im täglichen Gebrauch zwar praktisch. Aber: „Die angebrochene Packung sollte in etwa sechs Monaten aufgebraucht werden“, sagt Radermacher. Für Matthaei heißt das jedoch nicht, dass ein gemahlenes Gewürz oder eine Mischung nach Ablauffrist automatisch schlecht ist: „Sie ist vermutlich nicht mehr so aromatisch wie zuvor, aber man kann noch
„Gewürze sollten nicht in Kontakt mit Hitze, Feuchtigkeit, Licht und Sonneneinstrahlung kommen.“Kilian Holland von der Manufaktur Altes Gewürzamt
gut damit kochen.“
Matthaei rät, sich auf die eigene Nase zu verlassen. Riecht es muffig, dann sollte man das Gewürz entsorgen. Wer einmal im Jahr eine Inventur im Gewürzschrank einplant, ist auf der sicheren Seite.
Heutzutage gehören zur würzigen Grundausstattung fast jeder Küche neben Salz und Pfeffer zahlreiche andere Aromen. Was man zu Hause hat, hängt vom persönlichen Geschmack und von den Kochgewohnheiten ab. „Für mich, die täglich mit Gewürzen kocht, kommen ganz andere Gewürze ins Regal als anderswo“, erklärt Matthaei. Unverzichtbar seien für sie etwa Bourbon-Vanille, Kardamom, Tonka, Safran, Lorbeer, ein bis zwei gute Currys, Cumin und Chili. Wer es traditioneller mag, hat vielleicht andere Vorstellungen. „Paprika Delikatess oder Edelsüß, Muskatnuss, Kümmel und Gewürznelke stehen da vielleicht auf dem GewürzWunschzettel. Dazu Zimt, Anis oder Fenchel, Wacholder und Piment.“
Neben Klassikern wie Paprika, Pfeffer, Muskat und Currypulver findet sich in heimischen Gewürzschränken inzwischen öfter auch Exotisches. „Die Vielfalt der Gewürze hat seit circa fünf Jahren zugenommen“, beobachtet Mahn. Gründe dafür sieht sie zum einen in der Popularität von Ethnoküchen wie der typischen Küche des Nahen Ostens. Zum anderen verlangt die vegetarische Küche mehr Gewürze.
Salz zählt zwar im engeren Sinn nicht zu den Gewürzen, spielt beim Würzen dennoch eine Rolle. Kilian Holland empfiehlt drei verschiedene Salze als Grundausstattung.
Soßen, Marinaden und Salate würzt er mit Steinsalz, weil es eine feinere Struktur hat. Groberes Meersalz, das sich langsamer auflöst, eignet sich prima für Gemüse, Nudeln oder Fisch in der Salzkruste. Und Fleur de Sel, französisch für Salzblüte, gibt er zum Schluss übers Steak.
Literatur: Ingo Holland: Gewürze. Nikol Verlag. Euro 19,99. ISBN 9783868202717. Gernot Katzer/Jonas Fansa: picantissimo – Das Gewürzhandbuch. Verlag Die Werkstatt. 24,90 Euro. ISBN 9783895335723. Manuela Mahn: Gewürze. Das
Standardwerk. Christian Verlag. 14,99 Euro. ISBN 9783862446773. Bettina Matthaei: Workshop Würzen – Gewürz-Know-how für
Einsteiger und Profis. Becker Joest Volk Verlag. 34,00 Euro. ISBN 9783954531073. Jill Norman: Kräuter & Gewürze: Herkunft, Geschmack, Verwendung. Dorling Kindersley Verlag. 24,95 Euro. ISBN 9783831029471.