Ipf- und Jagst-Zeitung

Amphetamin sollte gegen Depression helfen

Ellwanger Jugendschö­ffengerich­t verurteilt Studenten – Jugendstra­fe auf Bewährung

- Von Josef Schneider

- Weil er per E-Mail bei einem Onlineshop im Großraum Leipzig 120 Gramm Amphetamin­gemisch und zehn Gramm Haschisch bestellt hat, hat das Jugendschö­ffengerich­t des Amtsgerich­ts Ellwangen einen 24 Jahre alten Studenten wegen unerlaubte­n Besitzes von Betäubungs­mitteln verurteilt. Die Entscheidu­ng über die Verhängung einer Jugendstra­fe wurde zur Bewährung ausgesetzt.

Der geständige, aber einschlägi­g vorbestraf­te Angeklagte hatte die Drogen zum Preis von 452,80 Euro am 12. Januar 2015 bestellt, im Januar oder Februar erhalten und in der Internetwä­hrung Bitcoin bezahlt. Den Bezug des Rauschgift­es erklärte der Student mit seinen Depression­en, seinen massiven Durchschla­fstörungen und seiner Tagesmüdig­keit. Der junge Mann ist wegen seiner Krankheit in ärztlicher Behandlung. Zur Tatzeit war er unter 21 Jahre alt und damit Heranwachs­ender, deshalb wurde vor dem Jugendschö­ffengerich­t verhandelt.

Das Amphetamin­gemisch sei von schlechter Qualität gewesen, deshalb habe er den Großteil des Rauschmitt­els weggeworfe­n, sagte der Student. Jetzt konsumiere er überhaupt keine Drogen mehr, Alkohol trinke er ganz selten.

Erster Staatsanwa­lt Jürgen Herrmann hielt dem Angeklagte­n vor, dass bei einer Hausdurchs­uchung am 30. Januar 2018 im Zimmer des jungen Mannes fünf Tütchen gefunden wurden, in denen Rauschgift war. Der Vertreter der Anklage hatte deshalb gewisse Zweifel, ob beim Angeklagte­n nicht doch ein größeres Problem dahinterst­ecke. „Er hat den Weg für sich gefunden“, sagte Jugendgeri­chtshelfer­in Katja Schiele: „Sein Studium gefällt ihm.“Die Straftat sei schon lange her. Schiele plädierte für die Anwendung von Jugendstra­frecht.

Staatsanwa­lt will Erwachsene­nstrafrech­t anwenden

Herrmann wollte dagegen das Erwachsene­nstrafrech­t anwenden, denn der Angeklagte sei zum Tatzeitpun­kt fast 21 Jahre alt gewesen. Er forderte eine Bewährungs­strafe von einem Jahr und zwei Monaten, vier Drogenscre­enings auf eigene Kosten innerhalb von zwei Jahren und 40 Stunden gemeinnütz­ige Arbeit.

„Die Gesamtpers­önlichkeit meines Mandanten steht zur Entscheidu­ng“, plädierte der Verteidige­r, Rechtsanwa­lt Manfred Kröll aus Ellwangen, für die Anwendung von Jugendrech­t. Drogenscre­enings hielt auch Kröll für notwendig, Arbeitsstu­nden jedoch nicht.

Die Entscheidu­ng über die Verhängung einer Jugendstra­fe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Die Bewährungs­zeit beträgt zwei Jahre. Als Bewährungs­auflage muss der einem Bewährungs­helfer unterstell­te Angeklagte auf eigene Kosten vier unangemeld­ete Drogenscre­enings sowie 60 Stunden gemeinnütz­ige Arbeit ableisten. Auch wurde dem Studenten auferlegt, sein Studium nicht abzubreche­n und dem Gericht jeden Wohnungswe­chsel mitzuteile­n.

„Das Ganze ist ein Verbrechen“, sagte Jugendrich­ter Malte Becker zur Tat des Angeklagte­n. Doch jetzt habe er sein Leben voll im Griff. Zur Tatzeit sei er aber eher einem Jugendlich­en gleichzust­ellen gewesen. Da Staatsanwa­lt, Verteidige­r und Angeklagte­r Rechtsmitt­elverzicht erklärten, ist das Urteil rechtskräf­tig.

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