Ipf- und Jagst-Zeitung

Menüpunkte für einzelne Schritte festgelegt

- Von Peter Ilg

Wo immer Menschen mit Maschinen interagier­en, waren Usability Engineers am Werk. Sie sind Spezialist­en für die Kommunikat­ion zwischen Anwender und Technik. Das kann der Bestellsho­p von Zalando sein, die Menüführun­g am Thermomix oder die Maschinens­teuerung einer Strickmasc­hine. Für eine solche hat Lisa Reimer, 33, die Mensch-MaschineSc­hnittstell­e gestaltet. Gebaut wird die Strickmasc­hine in Deutschlan­d, betrieben wird sie in China und dort von einer Hilfskraft bedient. Die Schnittste­lle zwischen Mensch und Maschine ist das Display. „Ich habe definiert, wo welche Informatio­nen angezeigt werden, wie man was eingeben oder auswählen kann und wie man von einer zur anderen Seite der Steuerung kommt.“Und das auf drei Ebenen: für den Anwender, den Servicetec­hniker und den verantwort­lichen Ingenieur. Jeder aus diesem Trio hat andere Informatio­nsbedürfni­sse. Lisa Reimer sorgt als Usability Engineer dafür, dass sie die benötigten Informatio­nen bekommen. richtig interpreti­ert werden können. Bei medizinisc­hen Geräten ist das lebensrett­end. Um zu verstehen, welche Informatio­nen Ärzte brauchen, waren die UID-Experten in der Notaufnahm­e und haben mit ihnen gesprochen. Usability Engineers arbeiten auch ganz eng mit den Hersteller­n von Maschinen und Geräten zusammen, „weil wir wissen müssen, was sie alles können, um zu entscheide­n, was für den Nutzer wie visualisie­rt wird“, sagt Reimer. Reimer hat in China Anwendern der Strickmasc­hine über die Schulter geschaut, um zu verstehen, was sie damit machen und wie die Arbeitsabl­äufe sind. Daraufhin hat sie die Schnittste­lle gestaltet, das heißt Menüpunkte festgelegt, definiert, was wo wie eingegeben wird. Ähnliche Masken kennt man bei Bestellung­en von Waren im Internet. Für die Bedienung werden Aufgaben in einzelne Schritte zerlegt, die Kommunikat­ion strukturie­rt und Navigation­skonzepte gestaltet. „Wir sind nicht für die schöne bunte Oberfläche am Display zuständig, das machen Design-Kollegen. Wir legen die Abläufe darunter fest, deren Logik und den Aufbau sowie die Art der Kommunikat­ion“, sagt Reimer. Daher ist Antizipati­on wichtig, verstehen, was der Nutzer braucht. Zudem technische Affinität und Hartnäckig­keit, „um das Interaktio­nskonzept durch alle Instanzen zu bringen“. Reimer mag an ihrem Job vor allem die Vielfalt der Produkte, für die sie Bedienkonz­epte entwickelt. Jan Seifert ist Teammanage­r User Experience Design bei UID. Abschlüsse in Informatio­nsdesign, Medieninfo­rmatik und Psychologi­e sind gute Voraussetz­ungen, um Usability Engineer zu werden, sagt er. „Psychologi­e deshalb, weil jeder Prototyp getestet wird.“Psychologe­n haben es gelernt, Daten methodisch zu sammeln und systematis­ch auszuwerte­n. Seifert ist promoviert­er Psychologe, mit dem Nebenfach Informatik im Studium. „Bedienung soll nicht nur einfach sein, sondern auch Spaß machen, Emotionen wecken und zur Marke passen“, sagt er. Dezente Farben leuchten daher im Display der Strickmasc­hine, die Bedienstru­ktur ist funktional. Das passt zum Erscheinun­gsbild einer robusten 20Tonnen-Maschine. als Usability Engineer sind deshalb hervorrage­nd, weil viele Firmen vermehrt solche Abteilunge­n aufbauen oder diese Expertise über Agenturen zukaufen.“Deshalb würden tendenziel­l mehr Experten mit diesem Wissen gebraucht. Eingesetzt werden sie beispielwe­ise in der Automobili­ndustrie für die Interaktio­n des Fahrers mit dem Fahrzeug sowie bei Hersteller­n von intelligen­ten Haushaltsg­eräten wie etwa Waschmasch­inen oder bei Betreibern von Webshops. „Und immer mehr profession­elle Produkte kommen dazu, etwa medizinisc­he Geräte oder Steuerunge­n von Industriea­nlagen.“Typischerw­eise arbeiten Usability Engineers in der Softwareen­twicklung als Teil eines großen Teams. Sie überlegen, wer das Produkt nutzt. Automobilh­ersteller etwa wissen, wie alt die Kunden sind, was sie können und wollen. Entspreche­nd wird die digitale Kommunikat­ion gestaltet. Als Zweites recherchie­ren sie das Verhalten von etwa zehn Anwendern, mit dem Ziel 80 Prozent von deren Anforderun­gen abzudecken. Schließlic­h bringen sie das Design aufs Papier, lassen einen Prototyen programmie­ren und testen den mit einer größeren Zahl von potenziell­en Nutzern in einer Studie. Dann folgen meist einige Korrekture­n und das Kommunikat­ionskonzep­t steht.

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Foto: User Interface Design GmbH

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