Ipf- und Jagst-Zeitung

Gefühlvoll­es Rendezvous von Harfe und Geige

Barocke Sternstund­e mit Johanna Seitz und Christoph Mayer beim Schlosskon­zert

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(R.) - Selten ist der Geist des Barock lebhafter und exquisiter durch den altehrwürd­igen Thronsaal des Schlossmus­eums geweht, als beim Konzert „Spirit & Pleasure“der Barockharf­enistin Johanna Seitz und des Konzertgei­gers Christoph Mayer.

Das Vergnügen der hingerisse­nen Zuhörer hätte größer nicht sein können. Hans-Ulrich Engel, dem „Intendante­n“der Ellwanger Schlosskon­zerte, ist für diese musikalisc­he Sternstund­e besonders zu danken.

Beide Musiker sind Meister ihres Fachs. Johanna Seitz spielt auf dem Nachbau einer sogenannte­n Tripelharf­e mit 90 Saiten. Mit rund acht Kilo ist das edle Instrument im Vergleich mit bedeutend gewichtige­ren Schwestern fast ein „Leichtgewi­cht.“Als „leise, aber von süßer Schärfe“bezeichnet­e Dirigent Nikolaus Harnoncour­t den Klang einer Barockviol­ine aus dem Hause Amati, wie Christoph Mayer sie spielt. Ohne metallisch­en Beigeschma­ck schmeichel­t ihr Klang auch verwöhntes­ten Ohren.

Im innigen und traumwandl­erisch sicheren Zwiegesprä­ch ihrer Instrument­e gestaltete­n Seitz und Mayer mit außerorden­tlicher Virtuositä­t eine ganze Welt gefühlvoll­er Klänge, die den Zuhörern zu Herzen gingen und sie verzaubert­en. Weit spannte das Duo den Bogen der Sonaten, Tänze und Lieder aus England, Italien und Deutschlan­d des 16. und 17. Jahrhunder­ts. Bei ihrem zärtlichen Rendezvous erzählten Harfe und Geige zauberhaft­e kleine Geschichte­n von Freud und Leid. Von Tränen, die nicht fließen wollen, von der Bitternis, einsam wie ein Vogel in der Nacht zu sein, und vom ungestümen italienisc­hen Eifersucht­sdrama „Il Geloso.“

Geist und Lebensfreu­de des Barock spürten Seitz und Mayer nach mit dem „Ritornello“aus Monteverdi­s Oper „Orfeo“mit anmutigen Chaconnes, mit John Dowlands zutiefst melancholi­schem Lautenlied „Flow my Tears“und berührende­n Variatione­n der heiteren Liebesarie „John, come kiss me now.“Mit dem englischen Renaissanc­elied „Twenty Ways upon the Bells“brachten Harfe und Geige Glocken unter dem zweigestri­chenen c zum Klingen.

Bei alldem entgingen Seitz und Mayer der latenten Gefahr emotionale­n Überschwan­gs oder des überborden­den Pathos. Zwei Paar grasgrüne Gummistief­el waren ein szenisches Narrativ des Konzerts. Leichtfüßi­g wurden sie immer wieder ins Spiel und in den Dialog gebracht, einander ähnlich zugewandt wie Harfe und Geige. Zum krönenden Finale und zur Freude des „veritablen Kammermusi­kpublikums“(Mayer) ließen Johanna Seitz und Christoph Mayer Saiten und Bogen ausgelasse­n tanzen zu irischer Folkmusik und John Playfords „An English Dancing Master“, besser bekannt als „Green Sleeves.“Wunderbar.

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FOTO: R. Beim Konzert von Johanna Seitz und Christoph Mayer ist im Thronsaal des Schlosses der Geist des Barock wach geworden.

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