Ipf- und Jagst-Zeitung

Tankstelle­nüberfall mit Spielzeugp­istole

Angeklagte­r hat psychische Probleme und muss sich stationär in die Psychiatri­e einweisen lassen

-

(R.) - Wegen einer Trunkenhei­tsfahrt und schweren Diebstahls hat sich ein junger Mann aus dem Ostalbkrei­s vor dem Jugendschö­ffengerich­t verantwort­en müssen. Die psychische­n Probleme des geständige­n Angeklagte­n nahmen in der Verhandlun­g im Ellwanger Amtsgerich­t breiten Raum ein. Er muss stationär in die Psychiatri­e nach Weinsberg.

Am 27. November 2017 gegen 22 Uhr fuhr der Angeklagte angetrunke­n zu einer Tankstelle in seinem Wohnort. Beim Kassierer verlangte er eine Packung Zigaretten und wollte gehen, ohne zu bezahlen. Die Pächterin der Tankstelle sortierte am Eingang Zeitungen und wurde durch lautes Rufen ihres Mitarbeite­rs aufmerksam: „Ich sah einen jungen Mann im schwarzen Kapuzenpul­lover an mir vorbeirenn­en. Ich hab’ ihn am Pulli erwischt und festgehalt­en. Er hat sich mit Händen und Füßen gewehrt.“Sie rief die Polizei, während der Kassierer den Dieb in Schach hielt.

Erst nach Eintreffen der Beamten wurde klar, dass der 20-Jährige in der Tasche seines Hoodies eine Pistole versteckt hatte: „Als ich die Waffe sah, wurde mir mulmig. Das ist geschwind heftig gewesen“, schilderte die Pächterin ihr Erschrecke­n beim Anblick der Waffe. Dass es sich um eine Spielzeugp­istole handelte, war nicht zu erkennen.

„Für mich war es eine scharfe Waffe“, sagte der Kassierer aus. Als er den Dieb nach dem Motiv für seine Tat gefragt habe, habe dieser geantworte­t: „Es ist sowieso alles egal. Die Polizei kennt mich wahrschein­lich schon.“Weder Pächterin noch Kassierer haben psychische Schäden davongetra­gen. Doch beide sagten aus, sie seien seit dem Vorfall vorsichtig­er und würden die Kunden genauer beobachten.

Die Blutentnah­me ergab einen Alkoholgeh­alt von 1,44 Promille. Die Polizei brachte den jungen Mann ins Zentrum für Psychiatri­e Weinsberg. Nach seiner Entlassung im Mai dieses Jahres stattete er derselben Tankstelle einen erneuten „Besuch“ab, diesmal mit einem Messer – offenbar, so ein Polizeihau­ptmeister, um wieder nach Weinsberg zu kommen.

Handschrif­licher Entschuldi­gungsbrief

Wegen seiner Erkrankung, so das Gericht, sei der 20-Jährige einem Jugendlich­en gleichzuse­tzen. Es ordnete seinen stationäre­n Aufenthalt in Weinsberg an, den er ohne ärztliches Einverstän­dnis nicht verlassen darf. Außerdem muss er sich um einen Platz im ambulant betreuten Wohnen bemühen. Dafür und für eine ambulante Therapie muss er einen Kostenträg­er finden. Binnen sechs Wochen muss er einen handschrif­tlichen Entschuldi­gungsbrief an die Tankstelle­npächterin schreiben und diesen dem Gericht vorlegen. Der Führersche­in bleibt für weitere sechs Monate eingezogen.

„Sie haben einen hohen Bedarf an externer Hilfe. Diese haben wir ihnen mit dem Bündel an Maßnahmen sozusagen aufgezwung­en“, so Jugendrich­ter Malte Becker. Die Weisungen des Gerichts sollten ihn psychisch stabilisie­ren.

Sie wurden unter Ausschluss der Öffentlich­keit erörtert. „Sehr wohlwollen­d“, so der Jugendrich­ter, erteilte das Gericht dem Dieb nur Weisungen. Es gehe nicht um Strafe, sondern darum, ihn psychisch zu stabilisie­ren.

Newspapers in German

Newspapers from Germany