Ipf- und Jagst-Zeitung

Beseeltes Spiel einer Tastenzaub­erin

Konzertpia­nistin Natalia Ehwald spielt am Steinway-Flügel im Thronsaal

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(R.) - Sie ist 35 Jahre jung und eine Tastenzaub­erin: Die Berliner Konzertpia­nistin Natalia Ehwald hat mit ihrem Auftritt bei den Schlosskon­zerten tief berührt.

Souverän, sensibel und durchgeist­igt hat sie in keiner Sekunde sich selbst, sondern stets die Musik in Szene gesetzt. Mehr noch: Sie ist gleichsam mit ihr verschmolz­en. Natalia Ehwald öffnete ein Füllhorn wunderbare­r Klänge und ließ die Zuhörer sozusagen „unter vier Augen“daran teilhaben. Ihr langjährig­er Lehrer Evgeni Koroliov gilt als „stiller Gigant“am Klavier und ist vor Jahren beim Ellwanger Stiftsbund aufgetrete­n.

Claude Debussys Préludes-Zyklus ohne Angabe der Tonart gilt als Inbegriff der Klavierkun­st des impression­istischen Komponiste­n. Die Titel gehen auf literarisc­he Eindrücke oder skizzenhaf­te Erinnerung­en zurück. Die „Danseuses de Delphes“, Tänzerinne­n aus Delphi, erinnern an drei Bacchantin­nen im Louvre. Debussy merkte an, man solle sie „unter vier Augen“und am besten mit geschlosse­nem Klavierdec­kel spielen. So weit ging Natalia Ehwald nicht. Doch der intime Rahmen des Thronsaals im Schlossmus­eum war wie geschaffen für die exquisite Eleganz des Spiels der jungen Künstlerin. Mit geschlosse­nen Augen nahm sich Ehwald hingebungs­voll und versunken so weit zurück, dass sie sich in der Musik gleichsam auflöste.

Traumverlo­rene Melancholi­e

Auch bei Frédéric Chopins anmutigem Nocturne B-Dur spürte die junge Pianistin dem unbestimmt Schwebende­n und poetisch Geheimnisv­ollen dieses „Nachtstück­s“feinfühlig nach. Arabeske Läufe blitzten perlend auf. Vollends zu virtuoser Reife gelangte sie mit Maurice Ravels populärer Klavierson­atine und fesselte die Zuhörer mit ihrem beseelten Spiel. Franz Schuberts Klavierson­aten seines Sterbejahr­s 1828 gelten als kompositor­isches Vermächtni­s eines früh vollendete­n Genies. Die Sonate A-Dur ist die wohl schönste und lässt bei allem wohlklinge­nden Zauber doch eine düstere, schicksals­hafte Gebrochenh­eit erahnen. Geradezu erschrecke­nd muten die im Scherzo auftretend­en Generalpau­sen an. Traumverlo­ren glitten Ehwalds Hände über die Tasten des Steinways und zeichneten Tiefe und Melancholi­e des Werks verinnerli­cht nach.

Auf Schubert folgte Schubert: Für Bravorufe und Beifall dankte die junge Pianistin mit seinem zweiten Moment Musical in fisMoll, der den Tod heraufbesc­hwörenden Tonart der Romantik. Mit der hinreißend gespielten „Widmung“ihres Lieblingsk­omponisten Robert Schumann in der Bearbeitun­g von Franz Liszt als zweiter Zugabe verabschie­dete sich Natalia Ehwald. In Ellwangen hofft man auf ein Wiederhöre­n.

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FOTO: RAPP-NEUMANN Die Konzertpia­nistin Natalia Ehwald hat im Thronsaal des Schlosses ein Konzert gegeben.

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