Ipf- und Jagst-Zeitung

„Die Orgel ist ein Kunstinstr­ument wie Geige und Flügel auch“

Der Landeskirc­henmusikdi­rektor Ulrich Knörr zum Münchner Orgelsomme­r, der noch bis 9. September in den evangelisc­hen Münchner Citykirche­n läuft

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(epd) - Im Sommer macht die Hochkultur in der Regel Pause – aber die Münchner müssen deshalb nicht auf hochkaräti­ge Musik verzichten. Beim fünften Orgelsomme­r, der noch bis zum 9. September dauert, präsentier­en die evangelisc­hen Citykirche­n ein anspruchsv­olles Programm mit internatio­nalen Künstlern. Bonus obendrein: Alle Konzerte sind gratis. Zum kleinen Jubiläum würdigt der Landeskirc­henmusikdi­rektor der Evangelisc­h-Lutherisch­en Kirche in Bayern, Ulrich Knörr, den Orgelsomme­r im Gespräch mit Susanne Schröder.

Herr Knörr, der Münchner Orgelsomme­r findet heuer zum fünften Mal statt. Was zeichnet diese Reihe aus?

Durch die Menge an Veranstalt­ungen hat die Reihe Festivalch­arakter. Die Kantoren der evangelisc­hen Citykirche­n präsentier­en ihre Instrument­e – allesamt bedeutende Orgeln. Außerdem nutzen sie eine Marktlücke: Im Sommer kommt der Konzertbet­rieb in der Großstadt zum Erliegen. So rückt die Orgel in den Fokus der Stadt.

Der Schwerpunk­t liegt dieses Jahr auf Werken, die den Orchesterc­harakter der Orgel betonen. Aber spielt bei einer Orgel denn nicht immer ein ganzes Orchester?

Dem Motto liegt ein Ausspruch des französisc­hen Komponiste­n César Franck zugrunde. Er soll gesagt haben: Die Orgel ist mein Orchester! Es gibt tatsächlic­h viele orchestral­e Werke, die eigens für Orgel bearbeitet wurden. Bach zum Beispiel hat viele Konzerte für Orgel transkribi­ert, also umgeschrie­ben. Aus den englischen Townhalls stammt die Tradition, Opernouver­türen auf der Orgel zu spielen, damit die Menschen, die dort Pause machten, diese Musik auch hören konnten. Von Anton Bruckner, einem der größten Orgel-Improvisat­eure überhaupt, existiert kein einziges explizites Orgelwerk – aber bei seinen Sinfonien hat er von der Orgel her gedacht. Und mittlerwei­le ist es ja auch wieder Mode, Kinofilme sinfonisch zu begleiten – und damit genau das, was früher die alte Kinoorgel geleistet hat.

Viele Klassikfan­s denken bei Orgel sofort an Gottesdien­st und winken ab. Warum sollen die trotzdem zum Orgelsomme­r kommen?

Im Jahr 2017 hat die Unesco die Orgel und die Orgelmusik zum immateriel­len Kulturerbe erklärt. Das zeigt, dass die Orgel eben nicht nur ein In- strument zur liturgisch­en Begleitung ist, sondern ein Kunstinstr­ument wie die Geige oder der Flügel auch. Natürlich bewegt sich Orgelmusik sehr oft ausschließ­lich im geistliche­n Raum, aber das Programm bietet eine solche Vielfalt, dass auch kirchenfer­ne Menschen viele Anreize darin finden. Und die evangelisc­he Organisten­szene in München bietet echte Virtuosen, die den Vergleich mit weltlichen Musikern nicht scheuen müssen. Der findet heuer zum fünften Mal statt und dauert noch bis 9. September. In den evangelisc­hen Citykirche­n St. Markus, St. Matthäus, St. Lukas, St. Johannes, Erlöserkir­che und Himmelfahr­tskirche Sendling spielen

bei 30 Konzerten Orchesterw­erke für Orgel. Der Eintritt zu allen Veranstalt­ungen ist frei. Mehr Informatio­nen gibt es im Internet unter

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FOTO:DPA Etwa 30 Konzerte werden beim Münchner Orgelsomme­r gegeben.

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