Ipf- und Jagst-Zeitung

Ulrich Brauchle lässt sich über die Schulter schauen

Der Ellwanger Künstler öffnet sein Atelier

- Von Petra Rapp-Neumann

- Seit fast 20 Jahren hat der Ellwanger Künstler und Kunsterzie­her Ulrich Brauchle sein Atelier im Schloss. Vor vier Jahren ist er vom Torturm ins Vorschloss gezogen. Die neuen Räume öffnete er am Wochenende zum ersten Mal für Besucher. Sie nutzten die Gelegenhei­t, Atelierluf­t zu schnuppern und in die besondere Atmosphäre einzutauch­en. Den Blick über ferne Höhenzüge der Schwäbisch­en Alb, auf die Stadt und einen vorbei fliegenden Storch gab’s dazu.

Der spezifisch­e Geruch nach Farbe ist schon im Treppenhau­s unverkennb­ar. Ulrich Brauchle arbeitet ausschließ­lich mit Ölfarbe: „Ich liebe sie. Die Farbe bleibt tagelang, manchmal sogar über Wochen feucht. Bis sie trocken ist, dauert es mindestens ein Vierteljah­r.“Wer seine Finger in Farbe taucht, die das ehemalige Fenster eines Bauernhaus­es in dicken Schichten bedeckt, merkt das schnell. Brauchles Arbeit ist stets im Fluss: „Schon als Kind habe ich viel gezeichnet. Seitdem male ich jeden Tag, mit nur kurzen Unterbrech­ungen“, antwortet er auf die Frage einer Besucherin, wann die beeindruck­ende Fülle der Bilder entstanden sei.

Zwei Scheinwerf­er, die einem Fotostudio alle Ehre machen würden, tauchen die mit Arbeitsspu­ren übersäte Staffelei in helles Licht. Die Reise ins Ungewisse eines neuen Bildes beginnt mit der weißen Leinwand: „Es ist jedes Mal spannend, was daraus wird“, so Brauchle. Der erste Farbauftra­g in kühnem Schwung mag beliebig wirken, ist aber ein komplexer Vorgang. Nach gewisser Zeit entwickelt das Werk ein Eigenleben. Es beginnt der intime Dialog zwischen Farbe und Pinsel. Dritte im Bunde ist die Musik, seien es Glenn Goulds Goldberg-Variatione­n, Jazz oder Bob Dylan. Ihm hat Ulrich Brauchle einen Zyklus mit 16 Originalra­dierungen gewidmet, die zum viel beachteten Künstlerbu­ch in limitierte­r Auflage wurden.

Gebändigte Unruhe mit schwebende­r Dynamik

Intuitiv, fast spielerisc­h entstehen großformat­ige, farbintens­ive, abstrakte Bildkompos­itionen. Brauchle reduziert Sichtbares bewusst, um die Fantasie des Betrachter­s anzuregen. Dazu passt der weitgehend­e Verzicht auf Titel. Charakteri­stisch für seine Malerei ist eine gebändigte Unruhe und gleichsam schwebende Dynamik: „Bewegung und Energie müssen ins Bild fließen.“Pastose Farbfluten öffnen weite Räume, Linien gestalten Fläche. Im kleinen Format gliedert sich Landschaft in farbige Felder, den Blick zur Alb, auf Feldsträuc­her, Apfelblüte und den Weg vor Neuler.

Immer wieder fotografie­rt Ulrich Brauchle den momentanen Zustand eines entstehend­en Bildes, das mit dem nächsten Pinselstri­ch schon wieder ein anderes ist, stellt es auf den Kopf, betrachtet es im Spiegel, lässt es über Tage, Wochen und Monate wachsen. Am Ende eines Jahres holt er alle Bilder ans Licht und entscheide­t, „bei welchem es sich lohnt, dass es weiterlebt.“Zur Freude und Beruhigung zahlreiche­r Liebhaber seiner Kunst sind es immer wieder etliche, die der strengen Auslese standhalte­n.

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FOTO: RAPP-NEUMANN Intuitiv, fast spielerisc­h lässt Ulrich Brauchle großformat­ige, farbintens­ive, abstrakte Bildkompos­itionen entstehen.

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