Viel Bewegung im Chorraum
Festival Europäische Kirchenmusik: Dresdner Kammerchor und Barockensemble im Münster
(bef) - Im fast voll besetzten Münster haben die Zuschauer beim Festival Europäische Kirchenmusik (EKM) eine beeindruckende Heinrich-Schütz-Interpretation erlebt. Hans-Christoph Rademann ließ mit seinem Dresdner Kammerchor, dem Dresdner Barockensemble und hervorragenden Solisten keine Zweifel aufkommen.
Am vergangenen Donnerstag war in der Radeburger Stadtkirche der letzte Ton „im Kasten“: Die 2009 begonnene Gesamteinspielung der Werke von Heinrich Schütz ist abgeschlossen. Einzelne CDs wurden bereits mit renommierten Preisen gewürdigt. Die letzte nun, die im kommenden Jahr erscheinen wird, beinhaltet eben diese Psalmvertonungen und „Friedensmusiken“, die am Samstag zu hören waren.
Rademann, seit 2013 Leiter der Stuttgarter Bachakademie und 2017 mit der Gächinger Cantorey bei der EKM im Münster zu Gast, kommt ins Schwärmen, wenn er über Schütz spricht: „Schütz ist einer der schlausten Komponisten. Für mich steht er auf einer Stufe mit Bach.“Rademann belegt seine Aussage mit vielen Details aus den Partituren. Diesen Reichtum aufzuzeigen, ist ein Hauptanliegen seiner Interpretation.
Kennzeichnend für Rademanns Musizieren ist ja das Bemühen um Authentizität: Das Orchester spielt auf Originalinstrumenten, der Chor ist klein (18 Sängerinnen und Sänger), aber glänzend besetzt. Hinzu kommt ein achtköpfiges Solistenensemble, das bestens aufeinander abgestimmt ist. Es gab bei diesem Konzert viel Bewegung im Chorraum: Praktisch jedes Werk ist anders besetzt; mal singen nur einzelne Solisten, häufiger aber vier- oder fünfstimmig im Ensemble, gelegentlich auch doppelchörig. Wenn dann noch der Chor dazukommt, wird die musikalische Vielfalt fast grenzenlos.
So etwa bei dem Psalm 127 („Wo der Herr nicht das Haus baut“): Ein ständiger Wechsel von Soli und Chor, mal treten einzelne heraus, etwa der Bass mit atemberaubenden Koloraturen oder wenn Gerlinde Sämann beim langen Schlusston Chor und Orchester mit glasklarem Sopran und schnörkellosem Timbre übertönt. Aber auch das Orchester wird ständig anders besetzt und umgruppiert. Feste Größe ist lediglich die Continuo-Gruppe mit Organistin Michaela Hasselt, Matthias Müller an der Violone und den TheorbeSpielern Stefan Maass und Stephan Rath. Hinzu kommen je nach Stück Violinen, Gamben, Zinken, Dulziane und Posaunen. Rademann ist stets der Souverän. Er und seine Dresdner Ensembles haben dem begeisterten Publikum Augen und Ohren geöffnet, haben den Komponisten zu neuem Leben erweckt.