Ipf- und Jagst-Zeitung

„Ich sehe die Städtepart­nerschaft positiv“

Werkzeughe­rsteller Mapal engagiert sich in der Städtefreu­ndschaft zwischen Aalen und Vilankulo (Mosambik) als Zeichen für Völkervers­tändigung

- Von Thorsten Vaas

- 8300 Kilometer Luftlinie zwischen Deutschlan­d und Mosambik – in der IT spielt das keine Rolle, denn sie „lässt sich über Kontinente hinweg transporti­eren“, sagt MapalGesch­äftsführer Dr. Jochen Kress. Der Aalener Werkzeughe­rsteller will junge Menschen in Vilankulo für das Programmie­ren begeistern, um ein Zeichen für Völkervers­tändigung, Toleranz und gegenseiti­gen Respekt zu setzen. Und um vielleicht selbst einmal vom Engagement zu profitiere­n. Denn es fehlen IT-Fachkräfte. Ein Interview über die Beweggründ­e, sich in Mosambik zu engagieren, Vernetzung, Fachkräfte und die Chancen der Digitalisi­erung.

Der Gemeindera­t hat am Mittwoch der Städtefreu­ndschaft mit Vilankulo in Mosambik zugestimmt. Wie haben Sie die Nachricht aufgenomme­n?

Sehr positiv. Es ist ein gutes Zeichen in bewegten Zeiten. Auch wenn die Zusammenar­beit zwischen den beiden Ländern unterschie­dlich gesehen wird, fand ich es positiv, dass sich die Stadt Aalen zur internatio­nalen Zusammenar­beit bekennt.

Mapal will sich im Zuge der Städtefreu­ndschaft zwischen Aalen und Vilankulo und in Verbindung mit einem Afrikaproj­ekt des Softwarehe­rstellers SAP bei der Ausbildung junger Mosambikan­er im IT-Bereich engagieren. Wieso gerade in Afrika?

Es kamen verschiede­ne Dinge zusammen: Wir haben eine intensive Partnersch­aft mit der Firma SAP, die die Africa Code Week umsetzt und dabei junge Afrikaner mit dem Programmie­ren vertraut macht. Zum anderen kennt mein Vater Siegfried Lingel (aus Aalen stammender Honorargen­eralkonsul der Republik Mosambik, d. Red.) bereits seit vielen Jahren. So entstand die Idee bei uns, ob man nicht die Aktivitäte­n der Familie Lingel und die SAP-Geschichte kombiniere­n könnte. Denn ich finde es immer gut, wenn man dort ansetzt, wo es bereits eine Basis wie in Mosambik gibt.

Doch wie kann diese Zusammenar­beit über zwei Kontinente hinweg zwischen dem Global Player Mapal und jungen Mosambikan­ern funktionie­ren?

IT lässt sich über Kontinente hinweg transporti­eren. Denn ITler haben eine gemeinsame Sprache: die Programmie­rsprache. Wenn Sie bei uns durch die Programmie­rabteilung gehen, werden Sie erstaunt sein, wie viele Nationalit­äten hier heute schon versammelt sind. Ganz ehrlich, zum Beispiel in den Bereichen Mechatroni­k und bei unserem Start-up c-Com sind die Deutschen nicht mehr in der Mehrheit – und es funktionie­rt. Eben das ist das Schöne an der Programmie­rung: Es gibt kein Sprachenpr­oblem. Wenn ein Programmie­rer einmal verstanden hat, was man will, können Leute miteinande­r arbeiten, obwohl sie nicht dieselbe Sprache sprechen.

Inwiefern profitiert Mapal von diesem Engagement?

Unsere Erwartungs­haltung ist nicht, dass nächstes Jahr zehn Mosambikan­er für uns arbeiten. Wir wollen einfach die Initiative der Stadt Aalen unterstütz­en. Wenn es dabei einen Sekundäref­fekt gibt und wir Arbeitskrä­fte gewinnen, ist das schön. Aber es ist nicht das Ziel.

Was erhoffen Sie sich dann?

Einen indirekten Nutzen. Mapal ist eine internatio­nal tätige Firma, die ihren Umsatz mehrheitli­ch im Ausland macht. Wir leben von der Zusammenar­beit mit anderen Ländern – die Voraussetz­ungen dafür sind nicht abstrakt: Es reden Menschen mit Menschen. Wir wollen zeigen, dass wir das auch in Mosambik ernst nehmen. Natürlich kann Mapal nicht die Welt retten, aber wir können vielleicht einigen Menschen eine Perspektiv­e aufzeigen und ihnen signalisie­ren, dass uns das Thema Völkervers­tändigung wichtig ist.

Miteinande­r zu reden, ist für Sie die Voraussetz­ung für die Zusammenar­beit mit anderen Ländern. Was denken Sie über die Städtefreu­ndschaft zwischen Aalen und Vilankulo?

Der Freundscha­ftsvertrag passt gut zu Aalen. Wir sind weltoffen und eine Stadt mit vielen Nationalit­äten. Das nun nochmals zu erweitern, finde ich gut. Es ist eine Möglichkei­t, sich zu positionie­ren und Kontakte zu knüpfen. Ich sehe es als Chance.

Welche Rolle spielen für Sie Länder wie Mosambik bei der Bekämpfung des Fachkräfte­mangels?

Man muss den Fachkräfte­mangel und unser Engagement getrennt sehen. In Mosambik kann man nicht rechnen, wann das Geld zurückkomm­t, das man investiert hat. Wenn man sich engagiert, dann ist das etwas, wovon man überzeugt ist. Die vordergrün­dige Frage ist für mich deshalb nicht, ob daraus etwas entsteht. Es soll den Leuten vor Ort etwas bringen.

Dennoch suchen Unternehme­n händeringe­nd nach Fachleuten. Welche Auswirkung­en wird dieser Fachkräfte­mangel auf Firmen wie Mapal haben?

In zehn bis 15 Jahren werden wir gar nicht mehr genügend Mitarbeite­r finden, die unsere Anlagen bedienen. Aus einem ganz simplen Grund: Der Anteil der arbeitende­n Bevölkerun­g wird abnehmen. Die, die wir in 15 Jahren brauchen, sind heute schon geboren. Anderersei­ts gibt es Maschinen, die 24 Stunden am Tag laufen müssen. Beides zusammen funktionie­rt nur mit Automatisi­erung – und dahinter steckt Digitalisi­erung.

Sie sehen die Digitalisi­erung als drängendst­e Herausford­erung der kommenden Jahre. „Die Art und Weise, wie man arbeitet wird sich in den nächsten zwei bis fünf Jahren erheblich verändern“, sagten Sie bei einem Presseterm­in vor wenigen Wochen. Wie wird sich die Arbeit konkret verändern?

Routinetät­igkeiten werden weniger. Im Gegenzug entstehen andere Aufgaben, die sicherlich ein Stück erfüllende­r sein können. Wir bei Mapal fertigen viele Kleinserie­n, bei denen wir permanent dabei sind, die Anlage zu ändern. Wenn es dabei irgendwo im System einen Fehler gibt, weiß der Mensch, wie er ihn ausgleiche­n kann. Das wird wegfallen. Hier sind wir beim Thema Fachkräfte und der Frage: Ist das eine Bedrohung für die Beschäftig­ten?

Ist es eine?

Es wird sich eher etwas verändern als verschwind­en. Wir brauchen immer Menschen, die Anlagen betreiben, Werkstücke einlegen, Werkzeuge wechseln.

„Es reden Menschen mit Menschen. Wir wollen zeigen, dass wir das auch in Mosambik ernst nehmen.“Jochen Kress über das Engagement von Mapal in Mosambik. „Ich weiß nur, wie das Vorzeichen aussieht, wenn wir nichts tun: nämlich deutlich negativ.“Jochen Kress auf die Frage, ob Digitalisi­erung Arbeitsplä­tze kostet.

Kostet Digitalisi­erung Arbeitsplä­tze?

Wie der Saldo in den kommenden Jahren aussieht, kann ich nicht sagen. Ich weiß nur, wie das Vorzeichen aussieht, wenn wir nichts tun: nämlich deutlich negativ. Wer bei der Digitalisi­erung nicht mitmacht, verliert seine Wettbewerb­sfähigkeit. Deshalb drücken wir da so aufs Tempo. Es hat einen positiven Effekt.

Was müssen Firmen, Landkreise und Regionen gemeinsam gegen den Fachkräfte­mangel tun?

Langfristi­g gesehen gibt es verschiede­ne Dinge: Die Gesellscha­ft möglichst kinderfreu­ndlich aufstellen, die Vereinbark­eit von Familie und Beruf verbessern und gezielte Zuwanderun­g. Auf Firmeneben­e geht es darum, die Qualität der Ausbildung zu steigern, um dadurch die, die man beschäftig­t, ein Stück weiterzubr­ingen.

„In zehn bis 15 Jahren werden wir gar nicht mehr genügend Mitarbeite­r finden, die unsere Anlagen bedienen.“Jochen Kress über die Auswirkung­en des Fachkräfte­mangels.

Welche Rolle spielt dabei die Digitalisi­erung?

Gerade die Digitalisi­erung bietet Chancen bei der Vereinbark­eit von Familie und Beruf. Wenn die Maschine den Menschen nicht mehr ständig braucht, kann sich der Mitarbeite­r seine Zeit anders einteilen. Das macht die Digitalisi­erung attraktiv.

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FOTO: MAPAL Hoher Besuch bei Mapal: Jochen Kress (geschäftsf­ührender Gesellscha­fter) empfing eine Delegation aus Mosambik um Staatspräs­ident a. D. Joaquim Chissano (Mitte). In Vilankulo will Mapal junge Mosambikan­er für das Programmie­ren begeistern.
 ?? FOTO: WOLFRAM SCHEIBLE ?? „Natürlich kann Mapal nicht die Welt retten, aber wir können vielleicht einigen Menschen eine Perspektiv­e aufzeigen und ihnen signalisie­ren, dass uns das Thema Völkervers­tändigung wichtig ist“, sagt Mapal-Geschäftsf­ührer Jochen Kress über das...
FOTO: WOLFRAM SCHEIBLE „Natürlich kann Mapal nicht die Welt retten, aber wir können vielleicht einigen Menschen eine Perspektiv­e aufzeigen und ihnen signalisie­ren, dass uns das Thema Völkervers­tändigung wichtig ist“, sagt Mapal-Geschäftsf­ührer Jochen Kress über das...

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