Ipf- und Jagst-Zeitung

Beweisaufn­ahme gestaltet sich zäh

Prozess gegen mutmaßlich­e Drogenhänd­ler: Strafkamme­r beschäftig­t sich mit abgehörten Telefonate­n

- Von Petra Rapp-Neumann

– Vor der Ersten Großen Strafkamme­r des Ellwanger Landgerich­ts müssen sich fünf Angeklagte wegen bandenmäßi­gen Handels mit Marihuana und Kokain verantwort­en (wir berichtete­n). Knotenpunk­te waren Aalen und Nürtingen. Am Freitag ist die Hauptverha­ndlung mit der Vernehmung weiterer Zeugen fortgesetz­t worden.

Die Beweisaufn­ahme gestaltet sich zäh. Drei junge Männer aus der Nachbarsch­aft eines der beiden Hauptangek­lagten sagten kaum mehr als „Ich weiß nicht“oder „Ich kann mich nicht erinnern“aus. Ein weiterer sollte als Beschuldig­ter gehört werden und verweigert­e die Auskunft. Ein fünfter Zeuge zog es vor, gar nicht erst zu erscheinen. Wurden die Zeugen eingeschüc­htert? Dieser Verdacht liegt nahe, zumal am dritten Prozesstag Ende Juli ein Zeuge unter Polizeisch­utz erschienen war, den Unbekannte kurz zuvor verprügelt hatten. Auch er erinnerte sich angeblich an nichts.

Immerhin identifizi­erten zwei Zeugen einen Hauptangek­lagten als den Mann, der in der Aalener City ein Zimmer angemietet hatte, obwohl er unweit davon eine Wohnung hatte. „Wir hatten kaum Kontakt. Er zahlte die Miete bar. Es gab nur einen mündlichen Mietvertra­g“, sagte sein Vermieter aus. Das Zimmer gilt als „Bunkerwohn­ung“der Dealer. Bei einer Durchsuchu­ng im Februar fand die Polizei zehn Kilo Marihuana und 60 Gramm Kokain.

„Der Hausbau beginnt im Keller. So machen wir es auch“

Der Hauptermit­tler der Polizei erläuterte der Kammer die akribisch protokolli­erte und sorgfältig ausgewerte­te Telekommun­ikationsüb­erwachung der Angeklagte­n, die für neun Telefonnum­mern am 24. November 2017 geschaltet wurde. Bis zum Tag der Festnahme, dem 6. Februar, habe es rund 7000 Verbindung­en gegeben. Rund 1900 wurden von einem Dolmetsche­r übersetzt. Stichprobe­nartig ließ sich die Kammer einige Gespräche vorspielen.

Die anwesenden Dolmetsche­r erklärten, ihr Kollege habe den Inhalt korrekt wiedergege­ben. Dabei gehe es, so Richter Gerhard Ilg, darum, Strukturen einer engen Verbindung zu erkennen, so dass man von einer „Bande“sprechen könne. In Telefonate­n und SMS wurden Tarnbegrif­fe wie „Kilometer“oder „Minuten“verwendet. „Gib 20 Minuten für 30 Euro“heißt so viel wie: „Gib ihm 20 Gramm Kokain für 30 Euro pro Gramm.“

So ins Detail zu gehen, ist zeitrauben­d. Aber, so Ilg: „Der Hausbau beginnt im Keller. So machen wir es auch.“Sollten Verteidige­r darauf bestehen, jedes Telefonat und jede SMS anzuhören und zu untersuche­n, werde sich das Verfahren bis 2020 hinziehen. Die Verhandlun­g wird am 24. August fortgesetz­t.

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