Zunehmender Kindergeld-Betrug alarmiert Städte
Die Zahl ausländischer Empfänger ist in den ersten sechs Monaten 2018 stark angewachsen
- Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link und einige seiner Amtskollegen warnen vor einer gezielten Migration in das deutsche Sozialsystem und einer steigenden Belastung für die Kommunen. Und auch der Deutsche Städtetag zeigt sich besorgt und fordert Konsequenzen. Immer mehr Kindergeld geht an ausländische Empfänger. Das belastet auch die Kassen mancher Städte. „Die Bundesregierung verschläft dieses Problem, sie muss endlich etwas dagegen tun, dass es Armutsflüchtlinge in Europa gibt“, klagt SPD-OB Link. Schlepper würden Migranten nach Deutschland bringen, in sogenannten Schrott-Immobilien unterbringen und dann Kindergeld für sie beantragen, berichten Stadtoberhäupter und kritisieren Missbrauch sozialer Leistungen.
2017 flossen 343 Millionen Euro Kindergeld für 243 000 Kinder ins Ausland. Die Zahlungen auf ausländische Konten haben sich damit von rund 36 Millionen Euro im Jahr 2010 inzwischen fast verzehnfacht. Laut Bundesfinanzministerium hat sich die Zahl weiter erhöht. So seien im Juni Leistungen für 268 336 ausländische Kinder gezahlt worden. Vor allem die Zahl der Empfänger aus Osteuropa sei deutlich gestiegen. Duisburgs Oberbürgermeister Link hatte berichtet, dass in seiner Stadt derzeit 19 000 Menschen aus Rumänien und Bulgarien lebten. 2012 seien es noch 6000 gewesen.
Laut Bundesagentur für Arbeit ist der Anstieg der Leistungen für Kinder im Ausland vor allem auf die Freizügigkeit für Arbeitnehmer in der EU zurückzuführen. Wegen der guten Situation auf dem Arbeitsmarkt und dem Mangel an Fachkräften seien immer mehr EU-Ausländer in Deutschland beschäftigt, die Anspruch auf Kindergeld hätten.
Niveau anpassen
Der Hilferuf der Kommunen zeigt Wirkung: Die Große Koalition will jetzt die Kindergeld-Regelungen für EU-Ausländer auf den Prüfstand stellen und ändern. Das Ziel von Schwarz-Rot: Auch in Zukunft soll weiter Kindergeld an EU-Bürger ins Ausland überwiesen werden. Allerdings soll sich dies nach dem Niveau der Lebenshaltungskosten der Heimatländer richten. So würden vor allem Osteuropäer deutlich weniger erhalten als wie bisher 194 Euro.
„Die hohen Zahlungen von Kindergeldleistungen ins Ausland bestätigen, dass hier Handlungsbedarf besteht“, erklärte Unionsfraktionsvizechef Stephan Harbarth im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“und erinnerte daran, dass die Große Koalition dazu bereits im März 2017 Eckpunkte beschlossen habe. Diese sollten jetzt umgesetzt werden, doch müssten zunächst die Voraussetzungen im EU-Recht geschaffen werden. „Ich gehe davon aus, dass der Bundesminister der Finanzen vereinbarungsgemäß dieses Ziel in Brüssel mit Nachdruck verfolgt“, forderte er.
„Deutschland muss den in die Höhe schießenden Kindergeldtransfer ins Ausland endlich reduzieren“, sagt auch CSU-Generalsekretär Markus Blume. SPD-Chefin Andrea Nahles setzt auf eine europäische Lösung. Als Arbeitsministerin sei sie in der vergangenen Wahlperiode in Brüssel auf viel Widerstand gestoßen, erinnert sie und rechnet mit schwierigen Verhandlungen. Man werde gegen „Betrügereien rund um das Thema Familien- und Sozialleistungen“vorgehen. Die SPD-Chefin hat die Oberbürgermeister bereits zu einem Gipfeltreffen für den 27. September nach Berlin eingeladen.