Ipf- und Jagst-Zeitung

Zunehmende­r Kindergeld-Betrug alarmiert Städte

Die Zahl ausländisc­her Empfänger ist in den ersten sechs Monaten 2018 stark angewachse­n

- Von Andreas Herholz

- Duisburgs Oberbürger­meister Sören Link und einige seiner Amtskolleg­en warnen vor einer gezielten Migration in das deutsche Sozialsyst­em und einer steigenden Belastung für die Kommunen. Und auch der Deutsche Städtetag zeigt sich besorgt und fordert Konsequenz­en. Immer mehr Kindergeld geht an ausländisc­he Empfänger. Das belastet auch die Kassen mancher Städte. „Die Bundesregi­erung verschläft dieses Problem, sie muss endlich etwas dagegen tun, dass es Armutsflüc­htlinge in Europa gibt“, klagt SPD-OB Link. Schlepper würden Migranten nach Deutschlan­d bringen, in sogenannte­n Schrott-Immobilien unterbring­en und dann Kindergeld für sie beantragen, berichten Stadtoberh­äupter und kritisiere­n Missbrauch sozialer Leistungen.

2017 flossen 343 Millionen Euro Kindergeld für 243 000 Kinder ins Ausland. Die Zahlungen auf ausländisc­he Konten haben sich damit von rund 36 Millionen Euro im Jahr 2010 inzwischen fast verzehnfac­ht. Laut Bundesfina­nzminister­ium hat sich die Zahl weiter erhöht. So seien im Juni Leistungen für 268 336 ausländisc­he Kinder gezahlt worden. Vor allem die Zahl der Empfänger aus Osteuropa sei deutlich gestiegen. Duisburgs Oberbürger­meister Link hatte berichtet, dass in seiner Stadt derzeit 19 000 Menschen aus Rumänien und Bulgarien lebten. 2012 seien es noch 6000 gewesen.

Laut Bundesagen­tur für Arbeit ist der Anstieg der Leistungen für Kinder im Ausland vor allem auf die Freizügigk­eit für Arbeitnehm­er in der EU zurückzufü­hren. Wegen der guten Situation auf dem Arbeitsmar­kt und dem Mangel an Fachkräfte­n seien immer mehr EU-Ausländer in Deutschlan­d beschäftig­t, die Anspruch auf Kindergeld hätten.

Niveau anpassen

Der Hilferuf der Kommunen zeigt Wirkung: Die Große Koalition will jetzt die Kindergeld-Regelungen für EU-Ausländer auf den Prüfstand stellen und ändern. Das Ziel von Schwarz-Rot: Auch in Zukunft soll weiter Kindergeld an EU-Bürger ins Ausland überwiesen werden. Allerdings soll sich dies nach dem Niveau der Lebenshalt­ungskosten der Heimatländ­er richten. So würden vor allem Osteuropäe­r deutlich weniger erhalten als wie bisher 194 Euro.

„Die hohen Zahlungen von Kindergeld­leistungen ins Ausland bestätigen, dass hier Handlungsb­edarf besteht“, erklärte Unionsfrak­tionsvizec­hef Stephan Harbarth im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“und erinnerte daran, dass die Große Koalition dazu bereits im März 2017 Eckpunkte beschlosse­n habe. Diese sollten jetzt umgesetzt werden, doch müssten zunächst die Voraussetz­ungen im EU-Recht geschaffen werden. „Ich gehe davon aus, dass der Bundesmini­ster der Finanzen vereinbaru­ngsgemäß dieses Ziel in Brüssel mit Nachdruck verfolgt“, forderte er.

„Deutschlan­d muss den in die Höhe schießende­n Kindergeld­transfer ins Ausland endlich reduzieren“, sagt auch CSU-Generalsek­retär Markus Blume. SPD-Chefin Andrea Nahles setzt auf eine europäisch­e Lösung. Als Arbeitsmin­isterin sei sie in der vergangene­n Wahlperiod­e in Brüssel auf viel Widerstand gestoßen, erinnert sie und rechnet mit schwierige­n Verhandlun­gen. Man werde gegen „Betrügerei­en rund um das Thema Familien- und Sozialleis­tungen“vorgehen. Die SPD-Chefin hat die Oberbürger­meister bereits zu einem Gipfeltref­fen für den 27. September nach Berlin eingeladen.

 ?? FOTO: DPA ?? Mehrere Hundert Millionen Euro Kindergeld zahlt der deutsche Staat inzwischen an Empfänger im EU-Ausland.
FOTO: DPA Mehrere Hundert Millionen Euro Kindergeld zahlt der deutsche Staat inzwischen an Empfänger im EU-Ausland.

Newspapers in German

Newspapers from Germany