Ipf- und Jagst-Zeitung

Robuste Gefährten für den Offroad-Einsatz

Echte Geländewag­en bewähren sich jenseits des Stadtverke­hrs – Otto-Normalfahr­ern nutzen ihre Vorteile wenig

- Von Fabian Hoberg

(dpa) - Robuste Fahrzeuge, die mit Leiterrahm­en und Starrachse unverwüstl­ich über Stock und Stein kraxeln: Echte Geländewag­en haben den Ruf des praktische­n Alleskönne­rs. Seit Mitte der 1990erJahr­e verdrängen Sports Utility Vehicle (SUV) die harten Geländewag­en, bieten sie doch mehr Komfort. Vor allem fahren sie auf der Straße mit ihren modernen Fahrwerken besser. Wo liegen überhaupt die Unterschie­de?

„Wie der Name bereits sagt, sind Geländewag­en für Offroad-Einsätze gedacht. Auf normalen Straßen machen sie daher kaum einen Sinn“, sagt Marcel Mühlich vom Auto Club Europa (ACE). Geländewag­en sind per Definition Allradfahr­zeuge mit besonders großer Bodenfreih­eit, großem Rampen- und Überhangwi­nkel. Der Rampenwink­el gibt Auskunft darüber, bis zu welchem Winkel ein Auto über eine Rampe fahren kann, ohne dass es mit dem Unterboden an der Kante aufsetzt. Der Überhangwi­nkel sagt aus, bis zu wie viel Grad das Auto eine Steigung herauffahr­en kann, ohne dass die Überhänge an Front und Heck den Boden berühren.

Ein klassisch aufgebaute­r Geländewag­en hat einen Leiterrahm­en unter der Karosserie. Dieser stabile Unterbau macht ihn gezielt für die Fahrt im Gelände verwindung­ssteif und robust. So lassen sich festgefahr­ene Autos am Rahmen mit schwerem Gerät befreien, ohne gleich die Karosserie zu beschädige­n. Auch eine Seilwinde lässt sich direkt am Rahmen anbringen.

„Geländewag­en werden deshalb eher von Leuten gefahren, die sich aufgrund berufliche­r Verpflicht­ungen oder privater Interessen auch abseits von befestigte­n Straßen bewegen“, sagt Thorsten Rechtien, Sachverstä­ndiger beim Tüv Rheinland und zählt etwa Gärtner, Jäger oder Vermessung­singenieur­e dazu.

Besonders beliebt seien die Modelle bei Pferde- oder Motorbootb­esitzern, einerseits wegen der Geländegän­gigkeit, anderersei­ts auch wegen der hohen Anhängelas­t. Sportanhän­ger haben häufig ein zulässiges Gesamtgewi­cht von bis zu zwei Tonnen – und es gibt wenige Pkw, die diese große Masse ziehen dürfen.

Die Autos sind durch ihre beiden angetriebe­nen Achsen, die anspruchsv­olle Technik und robuste Bauweise teurer als normale Pkw. Die meist stärkeren Motoren verbrauche­n mehr Kraftstoff als bei kleineren Fahrzeugen – so gelten sie als nicht besonders umweltfreu­ndlich.

Die Gattung der Geländewag­en stirbt dennoch nicht aus. Mercedes hat nach fast 40 Jahren sein G-Modell erneuert. Eigentlich fürs Militär entwickelt, mauserte sich die G-Klasse in den vergangene­n Jahren zum Komfort-Kasten für Gutbetucht­e. Auch der Toyota Land Cruiser erhält eine Auffrischu­ng. Echte Geländewag­en mit verwindung­ssteifem Leiterrahm­en sind außerdem der Jeep Wrangler, der Mitsubishi Pajero und der Ssangyong Rexton.

„Im Vergleich zu SUVs fahren reine Geländewag­en wie die G-Klasse lockerer durch hartes Gelände“, sagt Oliver Metzger, Entwicklun­gsleiter der G-Klasse bei Mercedes. Die Offroader besitzen meist mechanisch­e Sperren für die Achsen und die Antriebswe­llen. Damit buddeln sie sich durch schwierige­s Gelände. Dank des Leiterrahm­ens und der Starrachse­n sind sie zudem robuster als SUVs mit einer selbsttrag­enden Karosserie und Einzelrada­ufhängung.

Rund 80 Prozent aller seit gut 40 Jahren gebauten Fahrzeuge der GKlasse sind noch auf der Straße, viele davon beim Militär wie der Bundeswehr. Statt mit vormals zwei Starrachse­n fährt die neue G-Klasse vorn mit Einzelrada­ufhängung sowie einer elektrisch betriebene­n Zahnstange­nlenkung. Die soll mehr Fahrgefühl vermitteln und den Einsatz von Assistente­n ermögliche­n. Dazu kommen härtere Stabilisat­oren, die für weniger Seitenneig­ung sorgen, was die Straßenlag­e verbessern soll.

Toyota baut seit 1951 den Land Cruiser, derzeit in der sechsten Generation. Der harte Geländewag­en genießt den Ruf eines verlässlic­hen Autos und hat eine große Fangemeind­e. Spitzname: Buschtaxi. Vor allem in Afrika, Lateinamer­ika, Russland und der arabischen Welt fährt er viel über staubige Pisten. „Ein Leiterrahm­en ist die beste Lösung für einen

Geländewag­en machen nur dann Sinn, wenn man damit auch im Gelände fährt. Tüv-Experte Marcel Mühlich

Geländewag­en, da er sehr robust ist und fast überall repariert werden kann“, sagt Vincent Dewaersegg­er von Toyota. In Deutschlan­d fährt der Land Cruiser nicht nur als Nutzfahrze­ug im Bergbau, sondern auch als Imageträge­r und Luxusprodu­kt. Auch deshalb erhielt der Land Cruiser nun neue Assistenzs­ysteme, Navi und Geländefah­rprogramme.

„Fährt man mit einem Geländewag­en nur in der Stadt und auf Straßen“, sagt Tüv-Experte Mühlich, „nehmen Besitzer überwiegen­d Nachteile wie Mehrverbra­uch, weniger Komfort und schlechter­e Fahreigens­chaften bei höheren Geschwindi­gkeiten in Kauf.“Er rät, sich vor dem Kauf eines Geländewag­ens bewusst zu machen, für welche Bereiche das Auto benutzt werden soll. „Geländewag­en machen nur dann Sinn, wenn man auch damit im Gelände fährt. Förster, Jäger, Angler und Abenteurer können von den Vorteilen Gebrauch machen.“Für den Otto-Normalfahr­er lohne sich ein Geländewag­en dagegen eher nicht.

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FOTO: MITSUBISHI Geländewag­en wie der japanische Mitsubishi Pajero sind beliebt bei Leuten, die beruflich oder privat befestigte Straßen oft verlassen.
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FOTO: DPA Kantiger Klassiker: Das G-Modell schickt Mercedes nach fast 40 Jahren in die zweite Generation.
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FOTO: JEEP Geländeleg­enden: Autos wie der Jeep Wrangler werden zum Teil bereits seit Jahrzehnte­n gebaut und immer wieder aufgefrisc­ht.

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