Beste Freunde werden Merkel und Putin wohl nicht mehr
Nach deutsch-russischen Krisenjahren rücken sie aber wieder etwas zusammen – um andere Krisen zu bewältigen
- Auch diesmal lässt er sie warten. Doch Angela Merkel nimmt die gut 30-minütige Verspätung scheinbar gelassen, schließlich ist das beim russischen Präsidenten fast schon pünktlich. Ein Händedruck, ein freundliches Lächeln – die Begrüßung vor dem Schloss fällt eher geschäftsmäßig als herzlich aus. Es ist das erste bilaterale Krisentreffen von Angela Merkel und Vladimir Putin in Deutschland seit dem Beginn der Ukrainekrise vor vier Jahren.
Im Kanzleramt hat man die Erwartungen bereits im Vorfeld der Begegnung auf Schloss Meseberg, dem barocken Gästehaus der Bundesregierung, am Samstagabend heruntergeschraubt. Allein, dass die beiden miteinander reden würden, sei schon ein Erfolg, heißt es. Merkel müsse Klartext reden, die Probleme beim Namen nennen, hatte die Opposition im Vorfeld gefordert.
Der Kreml-Chef kommt aus Österreich, ist quasi auf der Durchreise. Wenige Stunden zuvor hatte Putin noch auf der Hochzeit der österreichischen Außenministerin Karin Kneissl in der Steiermark getanzt („ein privater Besuch“) und damit für jede Menge Gesprächsstoff gesorgt.
Der Krieg in Syrien, die Krise in der Ostukraine, das von den USA aufgekündigte Atomabkommen mit dem Iran und das Projekt der Ostseepipeline Northstream 2 – eigentlich genug Gesprächsstoff für mehrere Krisengipfel. Merkels wichtigstes aktuelles Ziel: zu verhindern, dass es im Norden Syriens zu einer weiteren humanitären Katastrophe kommt. Die Kanzlerin und die EU-Partner drängen auf eine Verfassungsreform und freie Wahlen, wollen dort den Machthaber und syrischen Präsidenten Baschar al-Assad nach sieben Jahren Krieg entmachten und eine politische Lösung ohne ihn. Russland dagegen stützt Assad auch weiter. Putins Forderung an die Kanzlerin und die EU-Partner: Europa soll finanzielle Hilfe beim Wiederaufbau in Syrien leisten, um die Rückkehr von Flüchtlingen in ihre Heimat zu ermöglichen.
„Wir haben Verantwortung, Deutschland, aber vor allem auch Russland. Deshalb sollten wir daran arbeiten, Lösungen zu finden“, sagt Merkel beim gemeinsamen Auftritt vor den Kameras vor Beginn des Gesprächs. Angesichts der großen Zahl ernster Konflikte in der Welt sei die Kooperation mit Russland unverzichtbar, erklärte Merkel. Er messe der Zusammenarbeit mit Deutschland große Bedeutung bei, versicherte Putin, sieht Berlin als „führenden Partner“und hob vor allem die guten Wirtschaftsbeziehungen zwischen beiden Ländern hervor. Erst vor drei Monaten hatte Putin die Kanzlerin in seiner Sommerresidenz in Sotschi am Schwarzen Meer empfangen. Mit der russischen Annexion der Halbinsel Krim in der Urkaine hatte 2014 der Konflikt mit Moskau begonnen. Jetzt stehen die Zeichen auf vorsichtige Entspannung.
Lässt der US-Präsident Donald Trump mit seiner unberechenbaren Politik Merkel und Putin wieder enger zusammenrücken? Die Kanzlerin hofft auf Bewegung und setzt darauf, dass der Kreml-Chef im Ukrainekonflikt einlenkt, um die Kämpfe zwischen den prorussischen Separatisten und den ukrainischen Regierungstruppen endlich zu stoppen. Doch eine Lösung, etwa der Einsatz einer UN-Blauhelmtruppe, lässt weiter auf sich warten.
Nach etwas mehr als drei Stunden steigt Putin wieder in seine dunkle Limousine, macht sich auf die Heimreise nach Russland. Keine Pressekonferenz, keine Fragen, keine Erklärungen.