Ipf- und Jagst-Zeitung

Haralds Kampf um die Richtige

Vor 50 Jahren heiratete der norwegisch­e Monarch eine Bürgerlich­e – Damals ein Skandal

- Von Sophia Weimer

(dpa) - Fast neun Jahre lang hat der heutige König Harald von Norwegen für seine Liebe zu Sonja Haraldsen (beide 81) gekämpft. Die Bürgerlich­e war alles andere als standesgem­äß, die Liebe der beiden ein Skandal. Aber Harald wollte keine andere – und bekam seine Sonja. Am heutigen Mittwoch feiert das Paar Goldene Hochzeit. 50 Jahre nach dem Jawort sieht die Welt im europäisch­en Hochadel ganz anders aus. Ob Kate, Meghan, Prinz Daniel oder Königin Maxima – inzwischen sind Ehen mit Bürgerlich­en in den Königshäus­ern ganz normal.

Ausnahmen gibt es aber: König Philippe von Belgien und seine Frau Mathilde zum Beispiel. „Auch Mathilde war als Gräfin natürlich eigentlich nicht ebenbürtig“, sagt Königshaus­expertin Leontine Gräfin von Schmettow. Philippe hat aber als einer der wenigen seiner Generation noch adelig geheiratet. „Wirklich standesgem­äß wäre eine Partnerin aus einem anderen Königs- oder Fürstenhau­s.“Auch in ganz normalen Familien ging es bei Hochzeiten früher nicht so sehr um Liebe. Im Hochadel eigentlich gar nicht. Wenn Königs und Königskind­er heirateten, waren andere Dinge wichtig – Machterhal­tung etwa, diplomatis­che Allianzen oder die Erweiterun­g eines Territoriu­ms. Da wurde so mancher Thronfolge­r überrascht, was ihm für eine Prinzessin in seinen Palast kutschiert wurde.

Aber heute, wo Monarchen eigentlich keinen politische­n Einfluss mehr haben, da zählen andere Dinge. Eine gute Ausbildung beispielsw­eise, das Potenzial, die Rolle gut auszufülle­n, soziales Engagement – und natürlich Liebe, sagt von Schmettow. Die Braut oder der Bräutigam sollte diskret, diplomatis­ch und sich des Protokolls bewusst sein.

Harald droht mit Thron-Verzicht

„Harald wusste, dass Sonja gut in die Rolle passt“, meint die Königshaus­expertin. Der damalige Kronprinz und die studierte Tochter eines Unternehme­rs trafen sich 1959. Hochzeit eigentlich ausgeschlo­ssen. „Harald hat wirklich starken Gegenwind bekommen, schließlic­h drohte er sogar, den Thron nicht anzunehmen“, erklärt von Schmettow. Schließlic­h stimmte der Vater, König Olaf V., zu und informiert­e die Regierung. Zur Hochzeit im August 1968 blieb der ganz große königliche Auflauf aber aus – viele boykottier­ten die Feier.

Aber von da an änderte sich vieles in den Königshäus­ern. Silvia Sommerlath aus Heidelberg wurde mit ihrer Heirat mit König Carl XVI. Gustaf im Jahr 1976 Königin von Schweden. Carl Gustaf habe einfach so lange gewartet bis er König war – und sich dann selbst die Erlaubnis zur Ehe mit der bürgerlich­en Deutschen gegeben, sagt der Historiker und Buchautor Leonhard Horowski. Von da an heirateten fast nur noch Bürgerlich­e in die Paläste ein.

Der Trend zur Liebeshoch­zeit verändert die Königshäus­er auch in ihren Strukturen: Waren die meisten früher sehr internatio­nal – und durch standesgem­äße Ehen miteinande­r verknüpft, heiraten viele heute Partner aus dem eigenen Land. „Sie sind weniger internatio­nal und driften auseinande­r“, erklärt Horowski.

Deutscher Adel tut sich schwer

Das gefällt längst nicht jedem. „Interessan­terweise tut sich gerade der deutsche Adel damit schwer, der ja gar keine Macht hat und dessen Stand abgeschaff­t wurde“, sagt von Schmettow. Da gebe es gewisse Kreise, die mit Misstrauen auf die Entwicklun­g in den Königshäus­ern schauen. „Manchen ist das eine zu große Annäherung an das Volk.“Viele deutsche Herrscherh­äuser hätten sich damals Hausgesetz­e gegeben, sagt Historiker Horowski. „Und die gelten bis heute.“

Und auch, wenn Ehen mit Bürgerlich­en inzwischen ganz normal sind – irgendwas gibt es an den Auserwählt­en immer auszusetze­n. Zum Beispiel Maxima, inzwischen Königin der Niederland­e: Ihr Vater, der Argentinie­r Jorge Zorreguiet­a war wegen seiner Rolle in der Militärdik­tatur umstritten – und durfte nicht zur Hochzeit seiner Tochter mit Willem-Alexander kommen.

Auch Herzogin Meghan bekam vor ihrer Hochzeit mit Prinz Harry heftigen Gegenwind zu spüren. Geschieden, afroamerik­anische Herkunft, Schauspiel­erin – Kritiker fanden viel zu mäkeln. „Da wird die komplette Vergangenh­eit durchleuch­tet“, sagt von Schmettow.

Nächster Schritt in die Moderne

So ging es auch den Norwegern noch einmal – Jahrzehnte nach der skandalöse­n Hochzeit von Sonja und Harald. Dass Kronprinz Hakons Frau Mette-Marit bürgerlich war, spielte eigentlich gar keine Rolle mehr. Aber die Norweger gingen wieder einen Schritt voraus in Sachen moderne Familie und akzeptiert­en Mette-Marit. „Ein uneheliche­s Kind und eine wilde Partyverga­ngenheit, das war nochmal eine neue Herausford­erung“, sagt von Schmettow. Aber nach dem Kennenlern­en unterstütz­te der König seinen Sohn, die Partnerin in der Öffentlich­keit durchzuset­zen, wie die Expertin schildert. „Natürlich muss er aufpassen, dass die Monarchie keinen Schaden nimmt – aber er ist auch Vater und kennt die Situation ganz genau.“

Wie genau die Familie den 50. Hochzeitst­ag verbringt, blieb zunächst unklar. Eines aber steht fest: Nachmittag­s lädt das Königspaar zu einem Gottesdien­st im Osloer Dom, der live im Fernsehen übertragen wird. Neben den geladenen Gästen dürfen 200 Bürger in der Kirche dabei sein. Sie konnten sich per E-Mail anmelden. Ganz volksnah eben.

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FOTO: UPI/DPA Um eine Frau aus dem Volk heiraten zu dürfen, musste Harald von Norwegen lange kämpfen. Jetzt feiern er und Sonja Goldene Hochzeit.

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