Ipf- und Jagst-Zeitung

Plausible Lösungen statt reiner Lehre

CDU-Abgeordnet­e Kiesewette­r und Mack zu Gast bei den „Aalener Nachrichte­n“

- Von Eckard Scheiderer

- Akzeptanz, Wertschätz­ung, Wahlfreihe­it – das brauche die Landwirtsc­haft, der es inzwischen durchgehen­d schlecht gehe, künftig umso mehr. Das sagt der CDU-Bundestags­abgeordnet­e Roderich Kiesewette­r im Redaktions­gespräch mit den „Aalener Nachrichte­n“und der „Ipfund Jagst-Zeitung“. Am Ende eines heißen und trockenen Sommers, der gezeigt hat, wie schnell der Klimawande­l die Bauern in die Bredouille, ja in Notlagen bringen kann. Wogegen sie sich wappnen müssten, wie Kiesewette­rs Landtagsko­llege Winfried Mack ergänzt. Etwa mit einer Hilfsfonds­lösung, an der sich auch Bund und Land beteiligen müssten.

Und: Bei den Subvention­en für die Landwirtsc­haft, so Kiesewette­r, müssten beinahe schon industriel­le Großbetrie­be künftig anders behandelt werden als bäuerliche Familienbe­triebe. Rein auf regionale Produktion und Vermarktun­g zu setzen, hält Kiesewette­r sozial für nicht ausgewogen. Es gebe auch die Menschen, die auf relativ günstige Lebensmitt­el beim Discounter angewiesen seien. Und Mack warnt: Das Höfesterbe­n dürfe nicht weitergehe­n. „Wir müssen die Landwirte, die wir noch haben, halten.“

Ein weiteres aktuelles Thema: der Wohnungsba­u. Beide Abgeordnet­en sind sich einig, dass auch kleinere Gemeinden auf dem „flachen Land“in die Lage versetzt werden müssten, hier ihren Beitrag zu leisten. Das böte nicht nur ihnen neue Chancen, sondern wirke auch einer völligen Überforder­ung der großen Ballungsze­ntren und ihrer immer weiter ausufernde­n „Speckgürte­l“entgegen. Innenentwi­cklung müsse dabei vor Außenentwi­cklung gehen, aber ohne Neubaufläc­hen werde es auch nicht funktionie­ren. Vor allem, wenn es darum gehe, junge Leute, die am Ort bleiben wollen, auch zu halten. Dafür, so Mack, müssten kleinere Gemeinden, die ebenfalls immer mehr Aufgaben zu bewältigen hätten, beim kommunalen Finanzausg­leich besser ausgestatt­et werden, etwa durch einen Flächenfak­tor statt der ausschließ­lichen Berechnung nach der Einwohnerz­ahl.

Genau prüfen, wer hier bleiben kann

Ob man es nun „Spurwechse­l“nennt oder anders – es gelte bei denen, die in der Duldung sind, in jedem Einzelfall sorgsam zu prüfen, unter welchen Bedingunge­n sie hier bleiben wollen und können, um ihnen Integratio­n zu ermögliche­n, sagt Kiesewette­r zur aktuellen Thematik Flüchtling­e und Zuwanderun­g. In der Union sei das noch nicht ausdiskuti­ert, immerhin habe sich dort aber inzwischen die große Erkenntnis durchgeset­zt, dass zwischen Asyl und Einwanderu­ng zu trennen sei. Sprich, dass Deutschlan­d die Zuwanderun­g von Fachkräfte­n gesetzlich regeln müsse. Qualifizie­rte Fachkräfte dürfe man allerdings nicht aus Ländern holen, in denen sie selbst dringend gebraucht würden. Etwa auf dem Balkan. „Wir müssen die Länder in den Blick nehmen, in denen Hochqualif­izierte in großer Zahl wirklich keine Arbeit finden“, sagt Kiesewette­r und nennt als Beispiel Tunesien.

Den Menschen wieder zuhören

Den Streit mit der CSU und ihrem Innenminis­ter Horst Seehofer in der Flüchtling­spolitik nennen Kiesewette­r und Mack völlig unnötig, vor allem, weil er andere, viel wichtigere Themen total überlagert habe. Dieser Streit habe auch die Menschen sehr bewegt, wie die beiden Abgeordnet­en erfahren haben, als sie jetzt gemeinsam mehrere Tage auf der Ostalb auf politische­r Sommerwand­erung unterwegs waren. Ein Fazit daraus: „Wir haben ein Bopfingen in einer beeindruck­enden Aufbruchst­immung erlebt“, sagt Kiesewette­r. Ein anderes Fazit: „Die Volksparte­ien haben dann eine Chance, wenn sie bezahlbare, nachvollzi­ehbare und pragmatisc­he Lösungen anbieten und nicht die reine Lehre verfolgen“, so Kiesewette­r. Dazu gehöre, mit den Menschen zuerst ins Gespräch zu kommen. Diesen Ansatz will die Ostalb-CDU auch in ihrem neuen Leitprogra­mm verankern. Rausgehen, die Leute spüren lassen, dass ihre Ideen ankommen – „das muss auch für Kreis- und Gemeinderä­te gelten“, sagt Kiesewette­r, „wir müssen Politik durch Präsenz vor Ort glaubwürdi­g rüberbring­en“. Mack ergänzt: „Menschen wollen mit Menschen zu tun haben“, das gelte auch in Zeiten der Digitalisi­erung. Insofern müsse man auch „den Staat neu denken“– auch er müsse wieder stärker vor Ort präsent sein.

Dennoch: Das Thema Digitalisi­erung ist inzwischen allumfasse­nd. Und Kiesewette­r überlegt derzeit, für die hochwertig­en Produkte aus Ostwürttem­berg auf diesem Gebiet künftig ein gemeinsame­s Markenzeic­hen unter dem Slogan „Besonders cybersiche­r“zu kreieren. Man müsse „die besonderen Leistungen unserer Ingenieure“nicht nur würdigen, sondern sie damit gegenüber anderen Regionen auch abgrenzen, ist er überzeugt.

 ?? FOTO: THOMAS SIEDLER ?? Die CDU-Abgeordnet­en Winfried Mack und Roderich Kiesewette­r (von links), im Bild mit Redakteuri­n Anja Lutz, im Sommergesp­räch bei den „Aalener Nachrichte­n“.
FOTO: THOMAS SIEDLER Die CDU-Abgeordnet­en Winfried Mack und Roderich Kiesewette­r (von links), im Bild mit Redakteuri­n Anja Lutz, im Sommergesp­räch bei den „Aalener Nachrichte­n“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany