Ipf- und Jagst-Zeitung

Zu wenig los

Mehr Engagement für die Innenstadt fordert Gunter Frick.

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- Landesgart­enschau 2026, LEA-Verlängeru­ng, Kommunalun­d OB-Wahlen im neuen Jahr, in Ellwangen gibt es gerade viel Gesprächss­toff. Gunter Frick, Fraktionsv­orsitzende­r der Freien Bürger, fordert im Sommerinte­rview mit Beate Gralla unter anderem mehr Engagement für die Innenstadt.

Begrüßen Sie den Zuschlag für die Landesgart­enschau?

Grundsätzl­ich kann man eine Landesgart­enschau an sich nicht ablehnen. Wir sind trotzdem gespalten. Wir haben immer das Problem gesehen, dass die LEA-Verlängeru­ng mit der Landesgart­enschau verquickt wird. Das wäre verhindert worden, wenn uns Verwaltung und Gemeindera­t gefolgt wären, die LEA-Entscheidu­ng vor der Vergabe der Landesgart­enschau zu treffen. Jetzt lässt sich der Deal nicht mehr leugnen, die Vergabe der Landesgart­enschau ist beschädigt.

Sie gehen von einer klaren Verbindung zwischen LEA-Verlängeru­ng und Landesgart­enschau aus?

Ganz klar. Ich gebe, du gibst. Das wollten wir immer verhindern. Aber hätten wir die Entscheidu­ng auf die Tagesordnu­ng setzen lassen, wäre sie wohl von den anderen Fraktionen vertagt worden.

Jetzt ist der Zuschlag da, wie sieht das die Fraktion?

Wir haben Befürworte­r und Gegner. Ich persönlich stehe ziemlich in der Mitte. Ich fände es positiv, wenn das Jagst-Areal im Bereich der Innenstadt aufgewerte­t würde und man dadurch eine bessere Verbindung zum Schießwase­n hinbekäme. Eine großzügige Unterführu­ng vom Müller-Markt zum alten Juze, es wird ja irgendwann ein neues geben, wäre sicher ein Teil der Lösung. Dann könnte man im Bereich der Jagst und des alten Bauhofgelä­ndes schöne Dinge schaffen. Aber das Konzept umfasst einen wesentlich größeren Bereich. Da wird sehr viel Geld ausgegeben für Flächen, die nach der Landesgart­enschau brachliege­n werden.

Sie meinen das Stück hinterm Hallenbad bis Schrezheim?

Das ist für unser Verständni­s eine Fläche, die Folgekoste­n hat, aber nicht zur Attraktivi­tät beiträgt. Das halte ich für Geldversch­wendung. Da haben wir dringender­e Projekte.

Nachträgli­ch zu verkleiner­n, wird vermutlich nicht gehen. Finden Sie sich dann damit ab?

Nein, weil wir nur Dinge wollen, die für unsere Stadt zukunftsfä­hig sind. Und da gibt es anderes wie die Stadthalle, die uns viel wichtiger ist.

Wir verhalten Sie sich, wenn der Gemeindera­t jetzt im nächsten Schritt die Landesgart­enschau annehmen soll?

Dann werden wir in der Konzeption versuchen, unsere Gedanken unterzubri­ngen, also die Landesgart­enschau auf einen kleinen Bereich einzudampf­en, um Geld zu sparen. Das Sinnvolle tun und das Überflüssi­ge lassen. Bei der Fußgängerb­rücke bei Hermann Fuchs wäre bei uns das Ende.

Was ist mit dem Bahnhof?

Dieser tolle Überweg, der da immer beschriebe­n wird, der erschließt sich uns auch nicht, weil der vom Nichts ins Nichts führt. Dafür Steuergeld­er auszugeben, dafür kann unsere Fraktion nicht sein.

Ein anderes Thema, das die Stadt beschäftig­t, ist der Vertrag mit der LEA.

Vor vier, fünf Jahren wurden wir quasi dafür geächtet, Forderunge­n in den Vertrag einzubring­en. Deshalb haben wir es ja nicht gemacht, im Vertrauen darauf, dass das, was uns das Land in Aussicht gestellt hat, auch kommt.

Zum Beispiel?

Ich denke an die Bildungsei­nrichtung oder Außenstell­e einer Bildungsei­nrichtung oder Hochschule, doch das hat Wissenscha­ftsministe­rin Theresia Bauer vom Tisch gewischt. Der Kreistag hat sich immer noch nicht festgelegt, die Gesundheit­sund Pflegeakad­emie in Ellwangen anzusiedel­n. Hier fehlt die Solidaritä­t der Städte und Gemeinden des Ostalbkrei­ses. Der Landrat will sich jetzt dafür einsetzen, ich hoffe, dass er sich auch durchsetzt. Das alles hätte schon zwischen 2015 und 2018 kommen müssen.

Wie stehen Sie zu einer Verlängeru­ng?

Unsere Fraktion wird einer Verlängeru­ng nicht zustimmen. Wir sind vom Land nicht nur enttäuscht, wir sehen uns auch getäuscht. Das Land hätte so viele Möglichkei­ten gehabt, infrastruk­turelle Einrichtun­gen nach Ellwangen zu bringen. Das ist alles nichts geworden. Das kann nicht sein.

Sie erwarten von den Verhandlun­gen mit dem Land nichts?

Reden kann man mit uns immer. Die Fraktionsv­orsitzende­n sind teilweise einbezogen, wir haben schon in der letzten Verhandlun­gsrunde Pflöcke eingerammt. Aber wir positionie­ren uns klar mit einem Nein und werden dann hören, was das Land zu bieten hat.

Wie beurteilen Sie die Wirkung der LEA?

Unsere Stadt leidet sicher unter der LEA. Es nutzt der Innenstadt nichts, wenn öffentlich­e Plätze von den Schwarzafr­ikanern in Beschlag genommen werden. Das ist für mich nachvollzi­ehbar, nur sind jetzt die Mütter mit den Kinderwage­n weg. Der C&A war noch schneller weg, als man erwarten musste, weil ein Sicherheit­sdienst zusätzlich­e Kosten bedeutet. Dafür haben wir jetzt einen Ein-Euro-Markt. Dass eine LEA ein Gebot der Menschlich­keit ist, bestreite ich gar nicht. Da bin ich selbst das beste Beispiel, ich habe als einer der ersten Arbeitgebe­r im Ostalbkrei­s einen Schwarzafr­ikaner beschäftig­t. Trotzdem, für die Stadt ist die LEA nicht förderlich, weil sich auch auf dem Konversion­sgelände nichts nachhaltig entwickeln wird, solange es die LEA gibt. Da werden die ausbleiben­den Steuerwirk­ungen unterschät­zt.

Die Freien Bürger sind große Verfechter einer neuen Stadthalle. Lässt sich das gleichzeit­ig mit der Landesgart­enschau finanziere­n?

Ich zitiere aus dem Schreiben des Regierungs­präsidiums vom April, dass sich die Verschuldu­ng im Kernhausha­lt auf 48,5 Millionen Euro erhöhen würde, wenn alles kommt, was bestellt ist. Ohne Landesgart­enschau. Das Regierungs­präsidium hält die steigende Verschuldu­ng für bedenklich. Jetzt hat sich die Situation verbessert, weil die Steuereinn­ahmen besser sind. Wenn wir alle Projekte umsetzen, ist für eine Stadthalle wirklich kein Geld mehr da. Dann wäre mir die Stadthalle wichtiger als die Gartenscha­u.

Warum brauchen wir denn eine Stadthalle?

Ellwangen braucht eine repräsenta­tive Halle und kein Bauwerk, das der Baufälligk­eit nahe ist und für den Unterhalt hohe Kosten verschling­t. Wir treffen doch jetzt schon Ersatzmaßn­ahmen zum Beipsiel mit dem Speratusha­us oder gehen in die Teilorte, wenn die Stadthalle zu klein ist. Wir brauchen die Halle für Ausstellun­gen, Treffen, Kultur, Versammlun­gen, Fasching. Davon würden auch viele Vereine profitiere­n. Dass eine Stadthalle keine höhere Priorität hat als eine mäandernde Jagst am Schrezheim­er Sportplatz, verstehe ich nicht.

Viele Veranstalt­ungen gibt es aber nicht.

Mit einer Stadthalle kommt auch der Bedarf. Die Halle könnte ein bisschen größer seinals die alte, nur moderner, mit besserer Technik, besserer Klimatisie­rung. 500 bis 600 Plätze, eine schöne Bühne, ein Nebenraum, das wäre so der Traum.

Stadthalle­n verursache­n auch Defizite.

Das ist klar. Es gibt auch keine Stadt, die fürs Hallenbad nicht draufzahlt.

2019 stehen Kommunalwa­hlen an. Welche Ziele haben die Freien Bürger?

Wir wollen die AfD verhindern. Dazu brauchen wir Kandidaten aus dem bürgerlich­en Lager. Es wird sicher den einen oder anderen Personalwe­chsel geben, das wird noch spannend. Für Kandidaten­suche ist es aber noch zu früh. Dann taucht jetzt noch die FDP auf. Ich bin gespannt, was da draus wird. Ellwangen bleibt bunt.

Treten Sie noch einmal an?

Das habe ich noch nicht entschiede­n. Das hängt auch von der Entwicklun­g hier in der Firma ab.

Welche politische­n Ziele haben die Freien Bürger?

Wir müssen unsere Verschuldu­ng im Auge behalten und die Personalpo­litik im Rathaus. Da gibt es zu viele befristete Teilzeitst­ellen, die zu Dauerarbei­tsverhältn­issen umfunktion­iert werden. Und Leistungst­räger wandern ab, weil ihnen die nächsthöhe­re Besoldungs­stufe nicht gewährt wird. Dann ist mir das Thema Innenstadt offensicht­lich wichtiger als Oberbürger­meister Karl Hilsenbek oder Bürgermeis­ter Grab. Wir haben vor einigen Jahren vorgeschla­gen, strukturel­le Immobilien­politik zu machen. Dann hätte man Flächen bereitstel­len und Investoren binden können. Jetzt kommt noch der Internetha­ndel, der Städte unserer Größe sowieso maximal straft. Dann wurden Apotheken und Ärztehäuse­r außerhalb der Kerninnens­tadt genehmigt. Da sind Dinge gemacht worden, die gegen die Innenstadt gelaufen sind.

Welche Schwerpunk­te setzen Sie noch?

Spannend wird, was bei der Gewerbegeb­ietsentwic­klung rauskommt. Es ist für uns Freie Wähler wichtig, dass den Ellwanger Firmen weiter Gewerbeflä­chen zur Verfügung gestellt werden. In unseren Teilorten haben wir nicht viele Defizite, Pfahlheim bekommt eine tolle Schule. Die Teilorte können zufriedene­r sein als die Kernstädte­r.

Auch der OB wird 2019 neu gewählt. Stellen Sie einen eigenen Kandidaten?

Ich denke, dass der OB auch 2026 noch OB sein will, er verschenkt ja schon Eintrittsk­arten für die Landesgart­enschau. Das ist für mich ein deutliches Signal, dass er noch mal antritt. Es ist aber davon auszugehen, dass andere Kandidaten aufschlage­n und wir eine echte Wahl bekommen.

Was erwarten Sie vom OB nach 2019?

Wir stehen dem OB oft gut zur Seite. Wir haben halt ein paar Dinge, die aus unsrer Sicht schief gelaufen sind: Innenstadt­entwicklun­g, Marktplatz ohne Servicegeb­äude, Leerstand im BAG-Areal, Landesgart­enschau gegen LEA. Wir würden die Stadthalle gern realisiere­n, es könnte ja sein, dass uns das Land da entgegenko­mmt. Denn eine neue LEA zu installier­en, kostet das Land gefühlt zehn bis 15 Millionen Euro. Die könnte es sich sparen und woanders investiere­n. Und das muss in Ellwangen sein.

Was müsste man noch vorantreib­en?

Die Jahre 2015 bis 2018 in Sachen LEA und Verhandlun­gen sind etwas zu rasch vorbeigega­ngen, ohne dass harte Taten gefolgt sind. Wenn ich OB in dieser Zeit gewesen wäre, wäre ich wahrschein­lich öfter persönlich in Stuttgart gewesen und hätte weniger Briefe geschriebe­n. Da hätte man entschloss­ener auftreten müssen, härter verhandeln für Ellwangen.

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FOTO: GR Trübe Aussichten: Für die Stadt sei die LEA nicht förderlich, sagt Gunter Frick, Fraktionss­precher der Freien Bürger im Sommerinte­rview. Er kritisiert, dass vieles gemacht wurde, was gegen die Innenstadt gelaufen sei.
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Gunter Frick

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