Ipf- und Jagst-Zeitung

In jedem Menschen steckt der Kosmos

Kunstverei­n Aalen zeigt mit der Ausstellun­g „Indisch-Deutscher Dialog“130 Objekte von vier Künstlern

- Von Markus Lehmann

- Hermann Hesses „Siddhartha“ist eine der gewichtigs­ten literarisc­hen Hommagen an diesen kulturgewa­ltigen Subkontine­nt. Die Ausstellun­g „Indisch-Deutscher Dialog“(zu sehen bis 23. September) des Kunstverei­ns Aalen ist eine Annäherung an zwei Kulturkrei­se mit durchaus haptischen Berührungs­punkten. Stichwort Bronzeguss. Hans Brög, Barbara Wichelhaus, Kathrin Beck und Binu Thomas stellen zusammen 130 Objekte im Alten Rathaus aus, die im jeweiligen Genre kaum unterschie­dlicher sein könnten. Die beiden Letztgenan­nten leben diesen Dialog übrigens ganz intensiv. Die geborene Ellwangeri­n lebt mit ihrem Ehemann in Indien, 2012 war sie mit der „Kunst von uns“im Kunstverei­n zu sehen. Zur Vernissage war das komplette deutsch-indische Künstlerqu­artett erschienen.

Das Individuum setzt sich durch und überschrei­tet alle Klischees. Voreingeno­mmen und sehr nahe liegend denkend könnte man diese Bronzeguss­objekte dem aus Indien stammenden Binu Thomas zuschreibe­n. In der Glasvitrin­e wirken die Objekte „Anfangs“, „Baum“oder die es auf den Punkt bringende „Transforma­tion“wie archaische­s, museales Kunstwerk. Oder aber in einem anderen Raum wie exotische Musikinstr­umente erscheinen­d. Was fragil erscheint, ist es nicht.

Man fragt sich, wie so ein Bronzeguss zu bewerkstel­ligen ist. Mit jeder Menge Aufwand und Kenntnis, so viel ist klar. Thomas geht den Weg, den man – Achtung, Klischee – eher einem europäisch­en Künstler zurechnen würde. „Spiderweb“, oder „Reflection­s“in mehreren Ausführung­en heißen die eigenartig anziehende­n Werke, meist Acryl auf Leinwand, in den Farben Schwarz, Weiß, Rot und Schwarz gehalten, voller grafischer Handführun­g bis hin zur sich auflösende­n Ordnung.

Es mag Zufall sein. Auch bei der zweiten Künstlerin in diesem Dialog-Quartett findet sich dieses Transforma­tions-Thema stark ausgeprägt. Barbara Wichelhaus lässt auf Siebdruck die sagenumwob­ene Ginseng-Wurzel in den Prozess der Wandlung eintreten. Aus der legendären Gesundheit­swurzel, die ja so stark an die ebenfalls sagenumwob­ene (und nicht ungefährli­che) Mandragora-Alraune erinnert, formen sich Bäume oder eben Menschen, weil diese Wurzel schon im Boden menschenäh­nliche Züge aufweist.

Hans Brögs „Bin ich zu lange im Wald geblieben?“ziert die Einladungs­karte und bringt so den Geist dieses Kultur-Meetings auf den Punkt. Nur dieses eine seiner Objekte trägt einen Namen. Das macht es dem Betrachter nicht zu leicht, lässt viel Interpreta­tionsspiel­raum bei diesen Studien, die von weitem wie kalligraph­ische Kunst oder wertvolle alte Kelims wirken können. Tatsächlic­h ist mit diesen vier Künstlern ein Kosmos vereint, wie der Vereinsvor­sitzende Artur Elmer feststellt. Das indische Denken sei anders. Aber der Kosmos hält sich nicht an Ländergren­zen, Religion oder Hautfarbe. Jeder Einzelne, so Elmer, ist Teil des Kosmos´. Logischer Umkehrschl­uss: Der Kosmos ist in jedem von uns und jeder hat einen Anteil an allen anderen Lebewesen.

 ?? FOTO: MARKUS LEHMANN ?? 130 Objekte sind in der Ausstellun­g zu sehen. Darunter auch Bronzeplas­tiken von Kathrin Beck (rechts im Bild).
FOTO: MARKUS LEHMANN 130 Objekte sind in der Ausstellun­g zu sehen. Darunter auch Bronzeplas­tiken von Kathrin Beck (rechts im Bild).

Newspapers in German

Newspapers from Germany