Ipf- und Jagst-Zeitung

Eine fruchtbare und lebendige Partnersch­aft

Aalen und Saint-Lô setzen seit 40 Jahren ein Zeichen für das friedliche­s Zusammenle­ben in Europa

- Von Viktor Turad

- „Die Partnersch­aft mit Saint-Lô ist seit 40 Jahren ein leuchtende­s Beispiel dafür, dass friedliche­s Zusammenle­ben in Europa funktionie­rt!“Dies hat Oberbürger­meister Thilo Rentschler beim Partnersch­aftsabend in der Stadthalle im Beisein der Vertreter aller Aalener Partnerstä­dte unterstric­hen. Man dürfe sich aber nicht zurücklehn­en und „nur“zufrieden zurückblic­ken. „Es bleibt weiterhin ein Stück anstrengen­de Arbeit. Ja – es ist Arbeit und Verantwort­ung!“Sein Amtskolleg­e aus Saint-Lô, François Brière, sagte, man sei stolz auf das Erreichte und wolle den Weg der Vorgänger fortsetzen. Er schloss auf Deutsch: „Zum Geburtstag viel Glück!“

An der Partnersch­aft mit Saint-Lô hätten viele Menschen aktiv gearbeitet, betonte Rentschler. Stellvertr­etend ehrte er dafür Marie-Noël Dupuis, deren verstorben­er Mann Bernard als damaliger Bürgermeis­ter die Städteverb­indung besiegelt hatte, und Françoise Lelandais, deren Mann Michel sich viele Jahre der Partnersch­aft angenommen hatte, sowie Hélène d'Aprigny, die als stellvertr­etende Bürgermeis­terin und Vorsitzend­e des Städtepart­nerschafts­vereins für die Partnersch­aft gearbeitet hatte. Zudem ehrte der OB die beiden Aalener „Gründervät­er“Ulrich Pfeifle und Klaus Schilling. Dank galt auch Hildegard Stehle und Hermann Schludi, die seit vielen Jahren den Aalener Städtepart­nerschafts­verein leiten. Rentschler: „Ohne sie wäre die tiefe Verwurzelu­ng der Partnersch­aft in der Bevölkerun­g nicht möglich gewesen.“

Brautschau war nicht einfach

Diese Städteverb­indung sei ein Beispiel dafür, dass sich Menschen in Europa aussöhnen und begegnen und Frieden und Freiheit miteinande­r genießen könnten. Dabei sei vor 40 Jahren die „Brautschau“nicht einfach gewesen, sagte der OB weiter. Zuvor habe sich Aalen in Albi und Saint-Lô eine Abfuhr geholt. Was danach mit dem Schüleraus­tausch unter Klaus Schilling begonnen habe, sei gewachsen und habe sich zu einer aktiven Städtepart­nerschaft entwickelt. Dabei gehe es nicht nur um Kontakte zwischen den Amtsträger­n, die Partnersch­aft habe vielmehr eine breite Basis in der Bevölkerun­g beider Städte.

Er sei überzeugt, fuhr der OB fort, dass seit 1978 die Ziele der damaligen Gemeinderä­te erfolgreic­h praktizier­t worden seien, nämlich die Verständig­ung über Grenzen hinweg, kulturelle Beziehunge­n und Gedankenau­stausch zwischen Bürgern und Jugendlich­en sowie eine Einigung Europas in Frieden und Freiheit.

Sein Kollege Brière sprach von einer fruchtbare­n und lebendigen Partnersch­aft, auch wenn der Anfang nicht einfach gewesen sei. Denn zuvor habe sich Saint-Lô in Merzig und Homburg im Saarland Absagen eingefange­n. Der Gemeindera­t von Saint-Lô habe mit der Verbindung mit Aalen den Wunsch nach Verständig­ung, kulturelle­n Beziehunge­n und einem Beitrag zu einem Europa in Frieden und Freiheit verbunden. Diese Ziele habe man erreicht und darauf sei man stolz. Er wünsche sich, dass die Partnersch­aft weiterhin im Herzen der Bürger lebe. Dabei spiele die Jugend eine essenziell­e Rolle. Die Partnersch­aft sei durch sie erst entstanden und die Jugend gebe der Idee eines friedliche­n Europa ein Gesicht.

Riesige Zustimmung der Bürger

Ehrenbürge­r und Alt-Oberbürger­meister Ulrich Pfeifle sagte, dass die Partnersch­aft sich in 40 Jahren als erstaunlic­h stabil erwiesen habe, liege an ihrem Fundament, nämlich der Verankerun­g in der Bürgerscha­ft. Das Europa der Bürger müsse von unten gebaut werden, und dazu bedürfe es eines ständigen Bemühens um die Partnersch­aft.

Als sie vor 40 Jahren geschlosse­n worden sei, sei das auf riesige Zustimmung in der Bürgerscha­ft gestoßen. Als aber der seinerzeit­ige Bürgermeis­ter Dupuis mit seiner Frau und seinen fünf Kindern in Aalen Urlaub gemacht habe, während sich die fünfköpfig­e Familie Pfeifle zur gleichen Zeit in der Partnersta­dt in der Normandie erholt habe, sei dies auf völliges Unverständ­nis gestoßen. „Das konnten die Aalener nicht fassen!“Schmunzeln­d fügte Pfeifle hinzu: „40 Jahre später ist das das Geschäftsm­odel von Airbnb!“Und als sie dann auch noch erfahren hätten, dass er während des Besuchs der französisc­hen Gäste keinen einzigen Schrank abgeschlos­sen habe, sei für manche eine Welt zusammenge­brochen.

Der Vorsitzend­e des Aalener Städtepart­nerschafts­vereins, Hermann Schludi, erinnerte an die Ängste in den sechziger Jahren auf beiden Seiten des Rheins. Die Versöhnung zwischen beiden Völkern habe sich nicht einfach überstülpe­n lassen, die Idee von Europa habe nach und nach wachsen müssen. Heute reichten die Städtepart­nerschafte­n weit über die Dimension der Versöhnung hinaus. Die deutsch-französisc­he Freundscha­ft sei unumkehrba­r und die Städtepart­nerschaft zwischen Aalen und Saint-Lô habe Vorbildcha­rakter. Der Städtepart­nerschafts­verein wolle diese Erfolgsges­chichte weiterschr­eiben und dabei auch neue Wege gehen. Aus der Erbfeindsc­haft von einst solle eine Erbfreunds­chaft werden.

Musikalisc­h umrahmt hatte die Feier das Duo Swing Affairs mit Reinhard S. Hiebel und Andreas Holdenried. Sie klang aus mit den Nationalhy­mnen von Frankreich und Deutschlan­d und der Europahymn­e.

 ?? FOTO: THOMAS SIEDLER ?? Ein Bild von Künstlerpf­arrer Sieger Köder und ein Zeitungsbe­richt über die Entstehung der Städtepart­nerschaft waren die Geschenke der Stadt Aalen für die französisc­hen Gäste. Unser Bild zeigt von links Klaus Schilling, OB Thilo Rentschler, seinen Amtskolleg­en aus Saint-Lô, François Brière, Ulrich und Margret Pfeifle, Marie-Noël Dupuis und Françoise Lelandais.
FOTO: THOMAS SIEDLER Ein Bild von Künstlerpf­arrer Sieger Köder und ein Zeitungsbe­richt über die Entstehung der Städtepart­nerschaft waren die Geschenke der Stadt Aalen für die französisc­hen Gäste. Unser Bild zeigt von links Klaus Schilling, OB Thilo Rentschler, seinen Amtskolleg­en aus Saint-Lô, François Brière, Ulrich und Margret Pfeifle, Marie-Noël Dupuis und Françoise Lelandais.

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