Claudia Wagner tritt wieder an
Die Grünen-Politikerin will bei Frauen dafür werben zu kandidieren.
- Claudia Wagner spricht schnell, sie hat viel zu sagen, zum Beispiel das: „Frauen sollten nicht meinen, dass andere ihre Interessen vertreten, das müssen sie schon selbst tun.“Die gebürtige Ellwangerin sitzt für die Grünen im Gemeinderat, und wenn im Frühjahr 2019 wieder Kommunalwahlen anstehen, ist für sie klar: „Ich frage nur Frauen, ob sie auch mitmachen.“
Die Dinge hinnehmen, weil sie schon immer so waren – das ist nicht Wagners Sache. „Ich habe das revoluzzermäßig in mir“, schmunzelt die 49-Jährige mit dem silbernen Kurzhaarschnitt und den blitzenden blauen Augen. Klartext spricht sie auch. „Ich finde, wir sollten ehrlicher sein in der Politik. Ich sage, was ich meine. Das hat mir auch schon Hiebe eingebracht.“So eckte Claudia Wagner an, als sie es für legitim erklärte, dass Landwirtschaftsminister Peter Hauk die Vergabe der Landesgartenschau an den Fortbestand der Landeserstaufnahmestelle (LEA) knüpfte. „Er kann das gern erwarten. Aber wir müssen uns den Schuh nicht anziehen“, findet die Kommunalpolitikerin.
„Mein Herz schlägt schon immer grün“
Sie hat sich schon immer engagiert. Als Klassensprecherin und Schülersprecherin an der Realschule Sankt Gertrudis, als Übungsleiterin bei der DJK, im Kirchengemeinderat auf dem Schönenberg, wo sie wohnt, und als Elternbeirätin im Kindergarten und an der Schule ihrer drei Töchter, die heute alle erwachsen sind. Selbst als ihr drittes Kind geboren wurde, war Wagner noch keine 30. Sie hat eine Ausbildung zur Bankkauffrau, an die sie vor sechs Jahren die Weiterbildung zur Fachwirtin im Gesundheits- und Sozialwesen anhängte, und hat ihre Berufstätigkeit in Teilzeit mit den Jahren immer weiter ausgebaut: seit 2015 in einer „sehr erfüllenden Aufgabe“als Schulverwaltungsassistentin an Sankt Gertrudis. „Ich habe gesehen, dass die Verwaltung viel zu tun hat, und einfach angeklopft“, erinnert sie sich.
Politisch war Claudia Wagner zu jener Zeit längst engagiert. „Mein Herz schlägt schon immer grün“, erzählt sie und schmunzelt wieder. Denn trotz grünem Herzen schloss sie sich zunächst den Freien Wählern an, als die sie 2009 baten auf ihrer Liste für den Gemeinderat zu kandidieren. Das Unterfangen im Teilort Rindelbach war damals chancenlos, „aber zu den Fraktionssitzungen bin ich trotzdem gegangen. So habe ich angefangen, kommunalpolitisch tätig zu werden“, sagt Wagner.
Zwei Jahre blieb sie bei den Freien und fand es immer anstrengender, „mit Menschen zusammenzuarbeiten, die eine ganz andere Sicht der Dinge haben. Immer bin ich gegen Wände gelaufen. Also habe ich 2011 bei den Grünen angeklopft.“2012 wurde sie Parteimmitglied. „So viele Ideen der Grünen finde ich so schön“, sagt Claudia Wagner. Ihr erstes Aha-Erlebnis: „Hier gibt es ganz selbstverständlich sehr viel mehr Frauen.“Ihr zweites: Sie ist nicht mehr alleine mit ihren Ansichten zu Bildung, Energie oder Verkehr, wenn es auch „manchmal kracht“. Das Credo vom ständigen Wachstum und der Notwendigkeit immer weiterer Gewerbeflächen zum Beispiel hält Claudia Wagner für falsch. „Es kommt dann das Totschlagargument mit den Arbeitsplätzen und was unsere Enkel sagen werden“, ärgert sie sich. „Ich weiß nicht. Vielleicht fragen sie uns ja stattdessen: Warum ist die Natur weg?“
Als Claudia Wagner sich 2014 bei den Kommunalwahlen für die Grünen aufstellen ließ, erwartete sie gar nicht, einen Sitz zu erhalten. „Und dann hat es geklappt“– sogar gleich doppelt, im Ortschaftsrat Rindelbach und im Gemeinderat. Hier ist die energische 49-Jährige stellvertretende Fraktionssprecherin von Berthold Weiß.
Fair Trade Town und Jugendrat auf Erfolgsliste
Ellwangen als Fair Trade Town und den Jugendrat notiert sie seither als Erfolge. Die Enttäuschungen: dass die CDU gegen die Wahlrechtsreform votierte, die mehr Frauen ins Landesparlament bringen sollte, und die Vorbehalte gegen die LEA. „Die Leute wollen es wieder so schön haben wie früher. Es wird aber nicht mehr so. Auch ohne die LEA wird es Flüchtlinge geben.“
Seit 2013 mischt Claudia Wagner auch als Beisitzerin im Vorstand des Grünen-Kreisverbands Aalen-Ellwangen mit: „Die aktive Arbeit an Themen dort ist richtig cool.“Dazu kommt die Mitarbeit im Bau- und Umweltausschuss des Gemeinderats und seit 2016 der Vorsitz des GrünenOrtsverbands Ellwangen.
In Sitzungswochen ist sie jeden Abend unterwegs. „Das ist schon stramm, macht aber Spaß.“Von ihrem Ehemann erlebt sie große Unterstützung. Doch wäre Claudia Wagner nicht sie selbst, wenn sie den Frauen nicht ans Herz legen würde: „Es gehören immer zwei dazu. Ich muss die Unterstützung vom Partner auch einfordern. Riechen kann er’s nicht.“
Von der Überzahl der Studierten in ihrer Partei lässt sich die Praktikerin nicht einschüchtern. „In den Gremien soll das gesamte Bild der Gesellschaft abgebildet sein, nicht nur Lehrer und Akademiker“, findet sie. Jeder könne etwas beitragen, ermutigt sie andere Frauen, sich zu engagieren. Wichtigste Eigenschaft: „Ein dickes Fell, das braucht man. Kritik einstecken können und daran wachsen. Leider sind wir Frauen nicht so erzogen. Aber das kann man üben.“
Claudia Wagner wird im Frühling 2019 bei den Kommunalwahlen wieder für den Gemeinderat kandidieren, außerdem für den Kreistag. Wenn es nicht klappt, sei’s nicht schlimm: „Dann mache ich eben was anderes.“Wenn doch, folgt sie ihrem Motto: anpacken. „Die Frauenbewegung hat so viel für uns erstritten. Und wir legen jetzt die Hände in den Schoß? Das geht nicht.“ Anlässlich der Kommunalwahlen im Mai 2019 werden die „Aalener Nachrichten / Ipf- und Jagst-Zeitung“in den kommenden Monaten in loser Folge Frauen porträtieren, die sich kommunalpolitisch engagieren. Die veröffentlichten Texte gibt es online unter www.schwaebische.de/ostalb-kommunalfrauen