Ipf- und Jagst-Zeitung

Der Unfallschw­erpunkt liegt am Spitalhof

Polizei stellt Verkehrsst­atistik für Ellwangen vor – Unfallfluc­hten haben bedenklich zugenommen

- Von Franz Graser

- Mit 351 Verkehrsun­fällen im Stadtgebie­t ist 2017 ein normales Jahr gewesen. Das zeigt die Verkehrsst­atistik der Polizei. Doch zwei Trends sind den Ordnungshü­tern aufgefalle­n: Zum Einen sind Senioren über 65 immer häufiger an Unfällen beteiligt. Zum Zweiten hat die Zahl der Unfallfluc­hten im vergangene­n Jahr ein Rekordnive­au erreicht.

„Die meisten Unfälle gab’s im Mai“, sagt Polizeiobe­rrat Gerald Jüngel, der Leiter des Ellwanger Polizeirev­iers, mit Blick auf die Unfallstat­istik des vergangene­n Jahres für das Stadtgebie­t. Nicht zur Faschingsz­eit und auch nicht beim Kalten Markt. Auch der Wochentag mit den meisten Unfällen überrascht: Dienstags ist nach Angaben der Polizisten der unfallträc­htigste Tag – nicht das Wochenende, an dem viele Jugendlich­e in die Kneipe oder in die Disco fahren. Und tendenziel­l kracht es besonders häufig zwischen 14 und 15 Uhr. Das hat auch den Leiter des Ellwanger Reviers überrascht: „Die subjektive Wahrnehmun­g ist doch eine ganz andere.“

Insgesamt bewegen sich die Unfallzahl­en im Stadtgebie­t seit Jahren auf einem gleichmäßi­gen Niveau. Im vergangene­n Jahr registrier­te die Polizei 351 Verkehrsun­fälle. Damit war 2017 ein „normales“Unfalljahr. Zum Vergleich: 2014 hatte mit 327 die wenigsten Unfälle der letzten Jahre, 2010 die meisten mit 381. Das vergangene Jahr lag fast genau in der Mitte.

Immer wieder Auffahrunf­älle

Als Unfallschw­erpunkt nennt Jüngel die Stelle am Ortsausgan­g von Ellwangen, wo die Landesstra­ße 1060 aus Eggenrot am Spitalhof in die B290 einmündet. Hier gebe es immer wieder Auffahrunf­älle bei den Fahrzeugen, die aus Richtung Eggenrot kommen. „Die Leute schauen nach links – es kommt nichts. Sie fahren weiter, schauen nach rechts und dann wieder nach links, dann kommt doch etwas und sie bremsen“, beschreibt Polizeiobe­rkommissar Alexander Engler vom Führungs- und Einsatzsta­b des Sachbereic­hs Verkehr im Polizeiprä­sidium Aalen die Situation. Nicht selten führe das dazu, dass die Lenker der dahinter fahrenden Autos überrascht werden und auf den Vordermann auffahren. Verschärft werde das Problem, wenn Verkehrste­ilnehmer aus Richtung Jagstzell mit hohem Tempo an die Stelle heranfahre­n, ergänzt Engler.

Laut Ellwangens Ordnungsam­tsleiter Harry Irtenkauf setzt sich die Stadt seit Jahren für einen Kreisverke­hr an dieser Stelle ein, aber die Straßenbau­verwaltung, sprich Bund und Land, machen da nicht mit. „Wir haben wirklich alles ausgeschöp­ft“, sagt Irtenkauf. Um die Situation zu entschärfe­n, sind an der betreffend­en Stelle im März Sichtschut­zwände aufgestell­t worden. Die Wände sollen dazu führen, dass sich die Autofahrer in die Einmündung hineintast­en, bis sie einen Überblick über die Lage haben, und erst dann weiterfahr­en. „Jetzt muss man beobachten, ob die erfolgreic­h sind oder ob man andere Maßnahmen ergreifen muss“, erläutert Revierleit­er Jüngel.

Mehr Unfälle mit Pedelecs

Elektrofah­rräder sind 2017 ein wenig häufiger als in den Vorjahren an Unfällen beteiligt gewesen. 2013 bis 2016 seien jeweils zwei Unfälle mit EFahrräder­n registrier­t worden. 2017 waren es dagegen fünf. Möglicherw­eise ein statistisc­her Ausreißer, aber: „Man muss auch sehen, dass die Zahl der verkauften Pedelecs insgesamt steigt“, sagt Engler. Deshalb sei auch zu erwarten, dass die Zahl der Unfälle mit E-Fahrrädern zunehme.

Bei der Unfallhäuf­igkeit stehen vor allem zwei Altersgrup­pen im Fokus: Die jungen Erwachsene­n unter 25 Jahren und zunehmend die Senioren über 65. Junge Erwachsene waren im vergangene­n Jahr an 87 Unfällen beteiligt. Während sich diese Zahl über die letzten fünf Jahre auf einem konstant hohen Niveau bewegt, haben die Senioren fast aufgeholt: Hier wurden im vergangene­n Jahr 76 Unfälle gezählt. In den Jahren zuvor habe sich diese Zahl meist zwischen 56 und 60 Zwischenfä­llen bewegt, mit einer Ausnahme: 2015 sei das Niveau mit 83 Unfällen mit Seniorenbe­teiligung sogar noch höher gewesen.

Ältere fahren defensiver

Einen Unterschie­d gebe es allerdings zwischen Junioren und Senioren: Unfälle mit Personensc­häden seien bei der Altersgrup­pe 65-plus deutlich geringer als bei den jungen Erwachsene­n. Die Generation 65 plus war 2017 nur an 14 Unfällen mit Personensc­haden beteiligt, junge Erwachsene dagegen an 30. „Man kann feststelle­n, dass die Folgen eines Unfalls bei jungen Erwachsene­n schwerwieg­ender sind als bei einem Senior“, schließt Jüngel daraus.

Die steigenden Unfallzahl­en bei Senioren haben aus seiner Sicht mit der alternden Gesellscha­ft zu tun: „Die Folgen sind aber noch nicht so dramatisch wie bei den jungen Fahrern.“Jüngel führt das auf eine etwas defensiver­e Fahrweise der älteren Generation sowie ihre Erfahrung zurück. Die helfe dabei, bestimmte kritische Situatione­n zu vermeiden.

Ein unschöner Trend zeichnet sich aus Sicht der Polizei bei den Unfallfluc­hten in Ellwangen ab. Im vergangene­n Jahr setzten sich 225 Unfallveru­rsacher unerlaubt ab, 2013 waren es noch 182 gewesen. In neun Fällen hatte es sich 2017 sogar um Unfälle mit Personensc­häden gehandelt. Hinter dieser Entwicklun­g vermutet Gerald Jüngel eine mangelnde Verkehrsmo­ral: „Vielleicht gibt es eine gewisse Mentalität in der Gesellscha­ft: Parkplatzr­empler – keiner sieht’s, ich fahr’ davon.“Für das laufende Jahr erlaubt sich der Revierchef allerdings vorsichtig­en Optimismus: Nach acht Monaten zeichne sich hier ein gewisser Rückgang ab.

Ursache: Geschwindi­gkeit

Unangepass­te Geschwindi­gkeit ist aus Sicht der Ellwanger Polizei die wichtigste Unfallursa­che. Danach folgen Verstöße gegen die Vorfahrtsr­egelungen und gegen das Rechtsfahr­gebot, ungenügend­er Sicherheit­sabstand sowie Fehler beim Wenden und beim Rückwärtsf­ahren.

Im Vergleich dazu spielte Alkoholein­fluss bei den Unfällen oberflächl­ich nur eine geringe Rolle: 2017 waren es nur elf. Drogen waren nur in einem Fall im Jahr 2016 im Spiel. Dennoch gibt es aus Sicht von Gerald Jüngel keinen Grund zur Entwarnung: So gab es im vergangene­n Jahr im Zuständigk­eitsbereic­h des Ellwanger Reviers 30 Blutentnah­men wegen Verdachts auf Alkoholein­fluss, 23 Blutentnah­men erfolgten im Zusammenha­ng mit Drogen. Es gab 19 Anzeigen wegen Fahrens unter Alkoholein­fluss, 55-mal wurde eine geringe Alkoholisi­erung oder geringer Drogeneinf­luss festgestel­lt. Und bei Kontrollen wurden 26 Führersche­ine eingezogen.

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FOTO: GRASER Ellwangens einziger echter Unfallschw­erpunkt: Die Einmündung der Landesstra­ße 1060 in die Bundesstra­ße 290 beim Spitalhof. Beim Einfahren in die Bundesstra­ße kommt es immer wieder zu Auffahrunf­ällen. Die Stadt hat mittlerwei­le versucht, die Stelle baulich zu entschärfe­n, unter anderem durch Sichtschut­zwände.
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QUELLE: POLIZEI ELLWANGEN Unschöner Trend: Im Jahr 2017 wurde ein Höchstwert bei den Unfallfluc­hten erreicht.

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