„Ich war gerne hier Pfarrer“
Adrian Warzecha geht nach Künzelsau – Er hinterlässt in Neresheim eine Lücke
- „Ich war gerne hier Pfarrer. Der Abschied fällt mir schwer, ich gehe mit einem weinenden Auge“, sagt Adrian Warzecha. Für ihn sind die letzten Tage auf dem hinteren Härtsfeld angebrochen. Am Sonntag, 30. September, wird er verabschiedet nach Künzelsau, wo er künftig als leitender Pfarrer wirken wird. In Neresheim hinterlässt er zwar eine Lücke, aber kein Chaos, denn in der Seelsorgeeinheit sind ansonsten alle pastoralen Stellen besetzt und eine geordnete Seelsorge damit sichergestellt. Bis ein neuer leitender Pfarrer aufzieht, ist Andreas Macho aus Oberkochen Administrator. Zudem hilft der gebürtige Neresheimer Clemens Mennicken nach wie vor tatkräftig aus, der in der Diözese Eichstätt Domvikar und Jugendseelsorger ist.
In Heilbronn geboren und in Obersulm-Affaltrach aufgewachsen, wo seine betagten Eltern immer noch leben, lernte Adrian Warzecha zunächst Groß- und Handelskaufmann, ehe er sich der Theologie zuwandte. 2004 in Schwäbisch Gmünd zum Priester geweiht, hat Warzecha 2008 in Neresheim seine erste Stelle als leitender Pfarrer einer Seelsorgeeinheit angetreten. Auf sie hatte er sich beworben, weil er in einer Region, die er noch nicht kannte, neu anfangen wollte, erzählt er. Dass sich gleich bei den ersten Kontakten gezeigt habe, dass sich die Menschen auf ihn freuen, habe ihn in seiner Absicht bestärkt. „Ich bin hier vor genau zehn Jahren – die Investitur war ebenfalls im September – sehr gut und offen aufgenommen worden“, erinnert sich der Geistliche. Angetroffen habe er eine engagierte Gemeinde, anfangs nur Neresheim und Elchingen, die offen war für neue Ideen und in der man gut zusammengearbeitet habe. Als Pfarrer Hermann Maier von Ohmenheim nach Neckarsulm wechselte, wurde Warzecha für alle sechs Kirchengemeinden innerhalb der Gesamtstadt Neresheim zuständig. Damit drohte er immer mehr zum Manager zu werden, für die Seelsorge würde immer weniger Zeit bleiben.
Das wollte Warzecha nicht und das ist er auch nicht geworden, „gottseidank“, wie er hinzufügt. Denn die Übernahme der Verantwortung für sechs Kirchengemeinden war letztlich der Anstoß für ein Pilotprojekt in der Diözese, den Zusammenschluss zu einer Gesamtkirchengemeinde im ländlichen Raum. Zum 1. Januar 2013 ist sie gestartet. Die Erfahrungen seien sehr gut, sagt der Geistliche. Die Verwaltung sei deutlich verschlankt worden und liege im Wesentlichen in der Hand des Kirchenpflegers Georg Haas.
Natürlich war er als leitender Pfarrer trotzdem gefordert, etwa bei der Sanierung und Erweiterung der Kindertagesstätte Sankt Josef in Neresheim, der Sanierung des Neresheimer Gotteshauses oder bei der Renovierung der Elchinger Kirche.
Ansonsten habe Warzecha, den Rücken frei für seelsorgerische Aufgaben. Er und Pater Kurian feiern jeden Sonntag je drei Gottesdienste in den Kirchen der Gesamtkirchengemeinde. 700 Gottesdienste kommen so im Jahr zusammen, Taufen, Eheschließungen und Beerdigungen eingerechnet. Während der Zeit der Vakanz jedoch müsse das Angebot an Gottesdiensten etwas eingeschränkt werden zugunsten von mehr WortGottes-Feiern. Wie lange die Stelle des leitenden Pfarrers unbesetzt bleibt, ist offen. Bis Ende Oktober läuft die Ausschreibung, ein neuer Pfarrer könnte zu Ostern oder im Sommer aufziehen.
Allerdings gibt es auch das Kloster auf dem Ulrichsberg als Gottesdienstort, und das habe er immer geschätzt, sagt Warzecha. Das Kloster empfinde er im Übrigen als eine Bereicherung für die Gemeinde, zu dem er immer einen guten Kontakt gepflegt habe, auch wenn es kirchenrechtlich seinen eigenen Status und seinen eigenen Rhythmus habe.
Schöne Gottesdienste habe man auch auf Pilgerreisen gefeiert, erinnert sich der Pfarrer. In Israel, Malta oder Israel sei immer ein fester Stamm von Gläubigen mit auf Reisen gegangen. „Das alles wird mir in guter Erinnerung bleiben.“Unvergesslich bleiben ihm auch die Familientage nach den Gottesdiensten, die er kurz nach seiner Investitur in Neresheim eingeführt habe. Sie fanden reihum in einer der sechs Kirchengemeinden statt.
Hier sei das Engagement der Gläubigen vielfach noch selbstverständlich, althergebrachte Bräuche wie das Fronleichnamsfest würden gelebt. Aber natürlich spüre man auch auf dem hinteren Härtsfeld die Herausforderungen und Umbrüche in der katholischen Kirche. Die Zahl der Kirchenaustritte halte sich auf dem überwiegend katholisch geprägten Landstrich sehr in Grenzen, erzählt der scheidende Pfarrer, aber manches breche weg, gerade in der jungen Generation. Für sie habe man eine eigene Gottesdienstreihe angefangen, sie sollten sich bewusst für das Christsein entscheiden.
Warzecha leidet mit der Kirche
Der Missbrauchsskandal mache das alles nicht leichter, weiß Warzecha. „Ich leide als Pfarrer mit der Kirche“, bekennt er, weil der Skandal eine Belastung für die Verkündigung sei. Jeder einzelne Fall sei schlimm und entsetzlich und es werde lange dauern, bis alles aufgearbeitet sei.
Warzechas Blick geht aber auch nach vorne. In Künzelsau werde er eine ganz andere Situation antreffen. Im Hohenlohischen hat er es mit einer evangelischen Mehrheit zu tun, die von neun Pfarrämtern betreut wird. Dies schreckt ihn jedoch nicht, denn er habe die Ökumene bereits auf dem Härtsfeld als ein gutes Miteinander erlebt. Was ihn auch reizt: In seiner neuen Pfarrei bildet die Kirchenmusik mit einer hauptberuflichen Musikerin einen Schwerpunkt, ebenso die Caritas. „Und das war mir auch hier wichtig.“ Pfarrer Adrian Warzecha wird am Sonntag, 30. September, um 14 Uhr bei einem gemeinsamen
Gottesdienst der Gesamtkirchengemeinde in der Härtsfeldhalle in Neresheim verabschiedet. Offizielle Reden schließen sich an. Die Investitur in Künzelsau ist für den ersten Adventssonntag vorgesehen.