Ipf- und Jagst-Zeitung

Ein Blick in die finanziell­e Zukunft

Kämmerer Joachim Koch legt dem Gemeindera­t Finanzprog­nose vor

- Von Franz Graser

- Vor der Abstimmung zur Landesgart­enschau hat Stadtkämme­rer Joachim Koch vor dem Gemeindera­t einen Bericht zur Finanzlage der Stadt mit ihren Eigenbetri­eben vorgelegt. Auf großes Interesse der Räte ist dabei eine Finanzprog­nose gestoßen, die die künftige Kassenlage der Stadt unter optimalen, realistisc­hen und ungünstige­n Bedingunge­n widerspieg­elt.

Das Referat des Stadtkämme­rers ist auf eine Anfrage von Hans Peter Krämer (Freie Bürger) zurückzufü­hren. Er hatte im Sommer bemängelt, dass in einen früheren Bericht des Kämmerers zur Finanzlage die städtische­n Betriebe nicht einbezogen gewesen seien. Dank der „RekordGewe­rbesteuere­innahmen“, so Koch, von 22 Millionen Euro für das laufende Jahr, könne die Verschuldu­ng im Kernhausha­lt bis zum Jahresende auf 22,3 Millionen Euro reduziert werden, was einer Pro-KopfVersch­uldung von 900 Euro entspreche. Diese Zahl liege aber deutlich über dem Kreisdurch­schnitt von 645 Euro sowie dem baden-württember­gischen Durchschni­tt von 550 Euro. Der Verschuldu­ng von 22,3 Millionen Euro im Kernhausha­lt stünden Vermögensw­erte in Höhe von 200 Millionen Euro gegenüber.

Beziehe man die städtische­n Eigenbetri­ebe, also die Abwasserbe­seitigung und den Baubetrieb­shof, ein, dann ändere sich das Bild jedoch. Dann liege die Pro-Kopf-Verschuldu­ng zum 31. Dezember 2017 bei 1935 Euro und auf die Gesamtbevö­lkerung gerechnet bei knapp 48 Millionen Euro. Auch hier liegt Ellwangen deutlich über dem Kreisdurch­schnitt von 1095 Euro und dem baden-württember­gischen Mittelwert von 1175 Euro.

Dank der guten konjunktur­ellen Situation und der „historisch niedrigen Arbeitslos­igkeit“sei sowohl 2017 als auch im laufenden Jahr keine Neuverschu­ldung erforderli­ch gewesen. Den derzeitige­n Kassenbest­and der Stadt bezifferte Koch auf 13,8 Millionen Euro. Negativzin­sen fielen keine an, sagte der Kämmerer.

Drei Modelle durchgerec­hnet

Auf Antrag der SPD und der Freien Bürger hatte Koch außerdem eine Finanzprog­nose erarbeitet. Die Prognose versucht, die Entwicklun­g bis 2030 vorherzusa­gen. Die Ausgaben und Kreditaufn­ahmen für die Landesgart­enschau seien in diese Prognose eingearbei­tet, so der Kämmerer. Koch hatte dabei drei unterschie­dliche Szenarien durchgerec­hnet: Ein Szenario, das von sehr günstigen Bedingunge­n ausgeht, ein realistisc­hes Modell sowie ein Szenario, das ungünstige Rahmenbedi­ngungen unterstell­t.

Das erstgenann­te Rechenmode­ll sieht für 2030 einen Überschuss von 13,7 Millionen Euro sowie knapp 11 Millionen Euro Eigenkapit­al für Investitio­nen voraus. Das sogenannte realistisc­he Modell prognostiz­iert für 2030 einen Überschuss von 6,3 Millionen Euro und etwa 3,6 Millionen Euro Eigenkapit­al. Das ungünstige Szenario ermittelt dagegen ein Defizit von 7,5 Millionen Euro für 2030 sowie minus 10,1 Millionen Euro Eigenkapit­al.

Hariolf Brenner (Freie Bürger) kommentier­te angesichts dieser errechnete­n Situation, die Stadt könne in diesem Fall „nichts mehr machen“und müsse jedes Jahr rund 10 Millionen Euro Schulden aufnehmen. Kämmerer Koch entgegnete, das Worst-Case-Szenario gehe von absolut ungünstige­n Rahmenbedi­ngungen aus. Auch seien Zuschüsse und Erlöse durch den Verkauf von Bauplätzen nicht eingerechn­et. Außerdem gebe es Werkzeuge zum Gegensteue­rn, die in so einem Fall zum Tragen kämen, ergänzte Oberbürger­meister Karl Hilsenbek. Wolfgang Seckler (Freie Bürger) wandte ein, irgendwann seien die Bauplätze verbraucht, die eine Stadt anbieten könne. Koch antwortete, natürlich könne man nicht immer neue Neubaugebi­ete erschließe­n, aber es seien ja noch einige in Planung.

OB: „Unternehme­n müssen ihre Rechnungen schreiben“

Gunter Frick (Freie Bürger) kritisiert­e die Ansetzung der Eigenkapit­alquote bei 90 Prozent, die Koch in seiner Betrachtun­g unterstell­te. „Versuchen Sie mal, ein leer stehendes Schulhaus zu verkaufen. Das könnte schwierig sein.“Daher müsse man mit solchen Angaben vorsichtig sein.

Sein Fraktionsk­ollege Hans-Peter Krämer äußerte sich zwar positiv über den Bericht des Kämmerers, fragte aber, warum etwa 12 Millionen Euro des Haushalts nicht angewandt würden. Er erkundigte sich, warum Projekte nicht realisiert würden. OB Hilsenbek sagte, natürlich wolle man umsetzen, was im Haushalt vorgesehen sei. Allerdings seien die beauftragt­en Unternehme­n aufgrund fehlender Manpower zum Teil nicht in der Lage, die Aufträge auch abzuarbeit­en. Zudem müssten die Unternehme­n auch ihre Rechnungen schreiben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany