Ein Blick in die finanzielle Zukunft
Kämmerer Joachim Koch legt dem Gemeinderat Finanzprognose vor
- Vor der Abstimmung zur Landesgartenschau hat Stadtkämmerer Joachim Koch vor dem Gemeinderat einen Bericht zur Finanzlage der Stadt mit ihren Eigenbetrieben vorgelegt. Auf großes Interesse der Räte ist dabei eine Finanzprognose gestoßen, die die künftige Kassenlage der Stadt unter optimalen, realistischen und ungünstigen Bedingungen widerspiegelt.
Das Referat des Stadtkämmerers ist auf eine Anfrage von Hans Peter Krämer (Freie Bürger) zurückzuführen. Er hatte im Sommer bemängelt, dass in einen früheren Bericht des Kämmerers zur Finanzlage die städtischen Betriebe nicht einbezogen gewesen seien. Dank der „RekordGewerbesteuereinnahmen“, so Koch, von 22 Millionen Euro für das laufende Jahr, könne die Verschuldung im Kernhaushalt bis zum Jahresende auf 22,3 Millionen Euro reduziert werden, was einer Pro-KopfVerschuldung von 900 Euro entspreche. Diese Zahl liege aber deutlich über dem Kreisdurchschnitt von 645 Euro sowie dem baden-württembergischen Durchschnitt von 550 Euro. Der Verschuldung von 22,3 Millionen Euro im Kernhaushalt stünden Vermögenswerte in Höhe von 200 Millionen Euro gegenüber.
Beziehe man die städtischen Eigenbetriebe, also die Abwasserbeseitigung und den Baubetriebshof, ein, dann ändere sich das Bild jedoch. Dann liege die Pro-Kopf-Verschuldung zum 31. Dezember 2017 bei 1935 Euro und auf die Gesamtbevölkerung gerechnet bei knapp 48 Millionen Euro. Auch hier liegt Ellwangen deutlich über dem Kreisdurchschnitt von 1095 Euro und dem baden-württembergischen Mittelwert von 1175 Euro.
Dank der guten konjunkturellen Situation und der „historisch niedrigen Arbeitslosigkeit“sei sowohl 2017 als auch im laufenden Jahr keine Neuverschuldung erforderlich gewesen. Den derzeitigen Kassenbestand der Stadt bezifferte Koch auf 13,8 Millionen Euro. Negativzinsen fielen keine an, sagte der Kämmerer.
Drei Modelle durchgerechnet
Auf Antrag der SPD und der Freien Bürger hatte Koch außerdem eine Finanzprognose erarbeitet. Die Prognose versucht, die Entwicklung bis 2030 vorherzusagen. Die Ausgaben und Kreditaufnahmen für die Landesgartenschau seien in diese Prognose eingearbeitet, so der Kämmerer. Koch hatte dabei drei unterschiedliche Szenarien durchgerechnet: Ein Szenario, das von sehr günstigen Bedingungen ausgeht, ein realistisches Modell sowie ein Szenario, das ungünstige Rahmenbedingungen unterstellt.
Das erstgenannte Rechenmodell sieht für 2030 einen Überschuss von 13,7 Millionen Euro sowie knapp 11 Millionen Euro Eigenkapital für Investitionen voraus. Das sogenannte realistische Modell prognostiziert für 2030 einen Überschuss von 6,3 Millionen Euro und etwa 3,6 Millionen Euro Eigenkapital. Das ungünstige Szenario ermittelt dagegen ein Defizit von 7,5 Millionen Euro für 2030 sowie minus 10,1 Millionen Euro Eigenkapital.
Hariolf Brenner (Freie Bürger) kommentierte angesichts dieser errechneten Situation, die Stadt könne in diesem Fall „nichts mehr machen“und müsse jedes Jahr rund 10 Millionen Euro Schulden aufnehmen. Kämmerer Koch entgegnete, das Worst-Case-Szenario gehe von absolut ungünstigen Rahmenbedingungen aus. Auch seien Zuschüsse und Erlöse durch den Verkauf von Bauplätzen nicht eingerechnet. Außerdem gebe es Werkzeuge zum Gegensteuern, die in so einem Fall zum Tragen kämen, ergänzte Oberbürgermeister Karl Hilsenbek. Wolfgang Seckler (Freie Bürger) wandte ein, irgendwann seien die Bauplätze verbraucht, die eine Stadt anbieten könne. Koch antwortete, natürlich könne man nicht immer neue Neubaugebiete erschließen, aber es seien ja noch einige in Planung.
OB: „Unternehmen müssen ihre Rechnungen schreiben“
Gunter Frick (Freie Bürger) kritisierte die Ansetzung der Eigenkapitalquote bei 90 Prozent, die Koch in seiner Betrachtung unterstellte. „Versuchen Sie mal, ein leer stehendes Schulhaus zu verkaufen. Das könnte schwierig sein.“Daher müsse man mit solchen Angaben vorsichtig sein.
Sein Fraktionskollege Hans-Peter Krämer äußerte sich zwar positiv über den Bericht des Kämmerers, fragte aber, warum etwa 12 Millionen Euro des Haushalts nicht angewandt würden. Er erkundigte sich, warum Projekte nicht realisiert würden. OB Hilsenbek sagte, natürlich wolle man umsetzen, was im Haushalt vorgesehen sei. Allerdings seien die beauftragten Unternehmen aufgrund fehlender Manpower zum Teil nicht in der Lage, die Aufträge auch abzuarbeiten. Zudem müssten die Unternehmen auch ihre Rechnungen schreiben.