Ipf- und Jagst-Zeitung

Falsche Bilanzen: BAG-Prozess beginnt

Am Freitag, 12. Oktober, müssen sich Karl-Heinz Schöller und zwei Mitarbeite­r verantwort­en

- Von Beate Gralla

- Im Juni vor sechs Jahren ist der Verdacht aufgekomme­n, dass mit den Bilanzen der BAG Ellwangen etwas nicht stimmt. Im Lauf der Ermittlung­en ist ein Fehlbetrag von 3,4 Millionen Euro zusammenge­kommen. In der Folge musste die Genossensc­haft einen Teil ihres Geländes an der Bahnhofstr­aße verkaufen und mit der BAG Hohenlohe fusioniere­n. Jetzt landet der Fall vor Gericht: Am Freitag, 12. Oktober, beginnt vor der Großen Wirtschaft­skammer des Landgerich­ts Stuttgart das Verfahren gegen den damaligen Vorstand, Karl-Heinz Schöller, den Prokuriste­n und den Buchhalter wegen Verstoßes gegen das Genossensc­haftsgeset­z und Urkundenfä­lschung.

Dem 70-jährigen Schöller wird vorgeworfe­n, als Vorstand einer Genossensc­haft die Bilanz für die Jahre 2010 und 2011 falsch aufgestell­t zu haben. Die 56 und 57 Jahre alten Mitangekla­gten sollen ihn durch Manipulati­on der zugrundeli­egenden Inventurun­d Bewertungs­ergebnisse unterstütz­t haben.

13 Verhandlun­gstage sind bis in den Januar hinein anberaumt. Ob das reicht oder der Prozess vielleicht schneller über die Bühne geht, hänge auch von den Anwälten der Angeklagte­n ab, sagte ein Sprecher des Landgerich­ts auf Nachfrage der „Ipfund Jagst-Zeitung“. Stellen sie viele Beweisantr­äge, werden es vielleicht mehr, vielleicht aber auch weniger. So viele Verhandlun­gstage seien bei Wirtschaft­sdelikten nicht selten. Die Zahl richte sich danach, wie viele Zeugen gehört und was alles bewiesen werden müsse.

Keine Erfolgsges­chichte, sondern eine mit roten Zahlen

Dass es über sechs Jahre gedauert hat, bis der Prozess anfängt, liegt daran, dass Fälle, bei denen die Angeklagte­n in U-Haft sind, immer vorrangig verhandelt werden müssten. Der letzte solche Fall hatte die Kammer zweimal in der Woche zwei Jahre lang beschäftig­t. Erst wenn diese Fälle abgearbeit­et sind, werden die Altfälle behandelt. Und so kommt es, dass der Fall BAG (Bezugs- und Absatzgeno­ssenschaft) schon reichlich Staub angesetzt hat, bevor er jetzt vor Gericht geht. Die Staatsanwa­ltschaft hatte schon im April 2015 Anklage erhoben.

Wenn sich am Freitag, 12. Oktober, die Parteien vor dem Landgerich­t treffen, wird die ganze Geschichte wieder aufgerollt, an deren Ende klar war, dass die BAG Ellwangen keine strahlende Erfolgsges­chichte mit immer positivere­n Bilanzen schrieb, sondern rote Zahlen, die durch falsche Zahlen getarnt worden waren. Keine besonders rühmliche Rolle spielte der Genossensc­haftsverba­nd, der die Bilanzen zwar jedes Jahr prüfte, dem aber nie auffiel, dass die Zahlen nicht stimmen können. Er stand in der Folge insoweit zu seiner Verantwort­ung, als er der Ellwanger Genossensc­haft ein verlorenes Darlehen über eine Million Euro zur Verfügung stellte. Verloren, weil er nicht zurückbeza­hlt werden musste. Um das Defizit von 3,4 Millionen Euro einigermaß­en auszugleic­hen, musste die Ellwanger Genossensc­haft einen Teil ihres Geländes an der Bahnhofstr­aße verkaufen. Das alles hat nicht gereicht, um weiter auf eigenen Füßen zu stehen, sie musste mit der BAG Hohenlohe fusioniere­n und ist quasi in ihr aufgegange­n.

Ein Licht auf das System BAG wurde bei den Krisenhaup­tversammlu­ngen 2012 / 2013 geworfen. Dort legte ein Vertreter des Genossensc­haftsverba­nds Unterlagen aus der Buchhaltun­g vor, die seiner Einschätzu­ng nach gefälscht waren. Im Dezember 2012 wurden bei einer Großrazzia zehn Niederlass­ungen der BAG sowie drei Privatwohn­ungen durchsucht. Dabei wurde umfangreic­hes Beweismate­rial sichergest­ellt.

Die Staatsanwa­ltschaft wirft Schöller und den beiden leitenden Angestellt­en für die Jahre 2010 und 2011 vor, gemeinsam Inventurer­gebnisse verfälscht und damit Warenbestä­nde bilanziert zu haben, die es gar nicht gab. Zudem sollen sie Waren mit unzulässig hohen Wertansätz­en in die Bilanz aufgenomme­n und Forderunge­n aus Rechnungen eingebucht haben, denen keine Geschäftsv­orfälle zugrunde lagen.

Bilanzunte­rlagen sollen gefälscht sein

Die Bilanzen 2010 und 2011 sollen damit um 16 beziehungs­weise 23 Prozent überhöhte Warenwerte und anstelle der eigentlich erwirtscha­fteten Jahresfehl­beträge angebliche Überschüss­e von jeweils rund 200 000 Euro ausgewiese­n haben. Insgesamt summiert sich der Schaden auf rund 3,4 Millionen Euro. Laut Genossensc­haftsgeset­z droht den Beschuldig­ten eine Freiheitss­trafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe.

Alles das hatte für die Genossensc­haft gewaltige Umbrüche zur Folge. Auch für die Mitglieder. Sie mussten Geld nachschieß­en, um das Unternehme­n mit damals 200 Mitarbeite­rn zu retten.

Heute ist der Name BAG Ellwangen verschwund­en, der BAG-Standort Ellwangen aber nicht. Die BAG Hohenlohe betreibt nach wie vor die Werkstatt in der Sebastian-MerkleStra­ße, dieser Teil des Grundstück­s gehört ihr noch, und hat im Industrieg­ebiet ein großes Agrarzentr­um gebaut, es wurden aber auch unrentable Raiffeisen­märkte unter anderem in Neuler, Stödtlen und Dewangen geschlosse­n. Die Verhandlun­g am

beginnt am 12. Oktober um 9.30 Uhr. Weitere Termine sind am 19., 24., 31. Oktober, am 7., 14., 21. und 23. November, am 17., 19. und 21. Dezember sowie am 9. und 11. Januar.

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FOTO: GR Die Genossensc­haftsfahne weht schon lange nicht mehr auf dem BAG-Gelände am Bahnhof in Ellwangen. Bilanzbetr­ügereien hatten die Genossensc­haft in eine finanziell­e Schieflage gebracht. Jetzt wird der Fall vor Gericht aufgearbei­tet.

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