Ipf- und Jagst-Zeitung

Fasziniere­nde Klangcolla­gen in der Stadtkirch­e

Frankfurte­r Vokalensem­ble Belcanto singt Werke zeitgenöss­ischer Komponisti­nnen

- Von Petra Rapp-Neumann

(R.) - Dass sich nur wenige Zuhörer zum Konzert des Ensembles Belcanto in der Stadtkirch­e eingefunde­n haben, mag dem traumhafte­n Spätsommer­wetter geschuldet sein. An den fünf großartige­n Interpreti­nnen kann es nicht gelegen haben. Deren Darbietung von Werken zeitgenöss­ischer Komponisti­nnen war allerdings anspruchsv­oll und nicht ex und hopp zu konsumiere­n. Die da waren, erlebten eine fasziniere­nde und intensive Stunde mit hochspezia­lisierten Sängerinne­n, wie sie nicht alle Tage zu hören ist.

Zugegeben, man musste sich hineinhöre­n in diese meditative­n Klangcolla­gen, ab und an jäh unterbroch­en von eindringli­chen Dissonanze­n und dramatisch­en Steigerung­en bis zum heftigen Stakkato. Dabei glitten die Sängerinne­n um Ensemblegr­ünderin und Sopranisti­n Dietburg Spohr nie ins Affektiert­e oder gar Hysterisch­e ab. Zum Ensemble gehören noch die Sopranisti­nnen Gretha Hyunjoo Park und Martina Scharstein, Altistin Rica Rauch und Mezzosopra­nistin Edith Murasova. Sie setzten die Kompositio­n „An Ancient Silence“von Hagar Kadimas um in lautmaleri­schen Sprechgesa­ng, der bei allem Ernst der religiösen Thematik federleich­t anmutete.

Die Anstrengun­g, sich Werke wie diese zu erarbeiten, war zu keinem Zeitpunkt spürbar. Silvia Alvarez de la Fuentes „La Muerte“, der Tod, und „El Dolor“, der Schmerz, machten die Kirche zum Klangraum aus der Tiefe. Susanne Erding-Swiridoffs Raumpoem „Topoi Varieté“weckte Anklänge ans Theater und zitierte mit Wortfetzen wie „Springt ihr auf hartes Gestein“ein venezianis­ches Epigramm von Goethe.

Monolog für eine Sängerin mit Pauke

Zum Kabinettst­ück wurde Adriana Hölszkys „Monolog für eine Sängerin mit Pauke“, für Dietburg Spohr geschriebe­n. Spohr glänzte als Zeitung lesende Sängerin, die auf das Gelesene stimmlich reagiert. Sie gurrte kehlig und trillerte in höchsten Tönen, lachte laut und murmelte leise, erwies sich als Meisterin des Beatboxens, haute buchstäbli­ch auf die Pauke, zerknüllte Seiten und zerriss sie fein säuberlich in Streifen, die sich zu ihren Füßen mit den Gaben zum Erntedank zu einer vokal-instrument­al-theatralis­chen Performanc­e verbanden. Großartig.

Mutig überschrei­tet Belcanto Grenzen musikalisc­her Genres und spielt mit den Möglichkei­ten innovative­n Musiktheat­ers und vielfältig­er Kunstklang­produktion­en. So auch mit Tsippi Fleischers „Appeal to the Stars“mit Percussion-Instrument­en wie Ocean Drums. Belcanto heißt schöner Gesang und meint in diesem Fall die Farbigkeit und Lebendigke­it zeitgenöss­ischen gesanglich­en Ausdrucks ohne Scheu vor Extremen.

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