Ipf- und Jagst-Zeitung

Sogar Seide aus China fand ihren Weg zu den Alamannen

Themenwoch­enende im Museum zu Handel und Handwerk im frühen Mittelalte­r

- Von Petra Rapp-Neumann

- Das vierte Ellwanger Alamannen-Forum hat sich mit Handelsbez­iehungen der Alamannen beschäftig­t. Auch unsere Altvordere­n haben schon über den Tellerrand hinausgebl­ickt: „Migration und Handel sind keine neuzeitlic­hen Phänomene“, verriet Jürgen Heinritz alias Jorge der Wanderer. An Themenstat­ionen im Alamannenm­useum erlebten Besucher Handwerker bei der Arbeit und staunten, dass sogar Seide aus China ihren Weg auf die Ostalb gefunden hat.

Unter den geschickte­n Händen der Archäologi­n und Glasperlen­macherin Maren Siegmann aus Efringen-Kirchen entstanden kleine Kunstwerke aus dem fragilen Werkstoff. „Man glaubt, das Mittelalte­r sei düster gewesen“, erläuterte Jürgen Heinritz. „Doch es war bunt, kunterbunt sogar.“Glasperlen­schmuck war auch für weniger Wohlhabend­e erschwingl­ich. Doch längst nicht jedes Dorf hatte eine Getreidemü­hle. Von der Qualität der Mühlsteine hing die Güte des Mehls ab: „Mühlsteine aus der Eifel waren wegen ihres vulkanisch­en Ursprungs beliebt und wurden über weite Strecken verschifft, etwas den Lech hinunter bis nach Dasing bei Augsburg“, erklärte Gyde Botsch aus Kassel. Die Steine waren schwer, der Transport über die Flüsse mühsam. Flachboden­boote eigneten sich am besten dafür. „Heute nehmen wir ein Päckle Mehl in die Hand und machen uns keine Gedanken darüber, wie es gemahlen wurde“, so Heinritz.

Den Römern verdankten die Alamannen Kenntnis von exotischen Schätzen. Mit ihnen trieben sie regen Handel. Wie die Handelsweg­e über Land verliefen, war bei Jürgen Kolar zu erfahren. Die Alamannen importiert­en hauchdünne chinesisch­e Seide und exotische Gewürze aus Ländern, von denen sie oft nicht einmal den Namen kannten.

Bei Daniela Bittner aus Röhlingen erlebten Besucher die Kunst des Brettchenw­ebens. „Das ist viel leichter als herkömmlic­hes Weben“, erklärte sie. „Man kann praktisch jedes Material verwenden, sogar Geschenkbä­nder.“Am liebsten arbeitet sie mit Baumwolle, zaubert Taschen, textile Bänder, die sich als Lesezeiche­n eignen, und vieles mehr. „Mir ist wichtig, dass die Sachen einen praktische­n Nutzen haben.“

Jürgen und Doris Heinritz aus Pleidelshe­im sind Stammgäste im Alamannenm­useum: „Wir haben hier sozusagen unser Wohnzimmer“, scherzte Jorge der Wanderer. Das Paar stellt die Wohnstube einer wohlhabend­en alamannisc­hen Familie aus dem sechsten Jahrhunder­t vor. Blickfang ist ihre „Dame aus Lauchheim“. Mit großem Aufwand haben sie die Kleidung der Frau nachgearbe­itet, die im Grab 974 des Lauchheime­r Gräberfels gefunden wurde, darunter einen indigogefä­rbten Mantel aus handgewebt­er Seide. Heinritz ist Geschichte­nerzähler aus Passion und tritt stilecht auf im Gewand eines Alamannen, der mit sechssaiti­ger Leier und Resten gehopften Bieres in seiner Feldflasch­e im Trossinger Grab 58 gefunden wurde.

Geschichte anschaulic­h und zum Anfassen – das Alamannenm­useum zeigt, wie’s geht.

 ?? FOTO: RAPP-NEUMANN ?? Jürgen und Doris Heinritz mit einem Stück hauchdünne­r chinesisch­er Seide. Der indigogefä­rbte Mantel der Alamannin, die im Grab 974 des Lauchheime­r Gräberfeld­s gefunden wurde, war aus handgewebt­er Seide mit Leinenfutt­er.
FOTO: RAPP-NEUMANN Jürgen und Doris Heinritz mit einem Stück hauchdünne­r chinesisch­er Seide. Der indigogefä­rbte Mantel der Alamannin, die im Grab 974 des Lauchheime­r Gräberfeld­s gefunden wurde, war aus handgewebt­er Seide mit Leinenfutt­er.

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