Ipf- und Jagst-Zeitung

Eine ganz eigene Sicht auf eine neue Welt

Am Donnerstag wird in der Galerie des Aalener Kunstverei­ns eine Werkschau des Künstlers Hermann Pleuer eröffnet

- Von Ansgar König

- Im Rahmen der ersten Aalener Kulturwoch­en zeigt der Kunstverei­n Aalen in seiner Galerie im Alten Rathaus ab Donnerstag, 18. Oktober, Arbeiten des Impression­isten Hermann Pleuer. Das Leben des 1863 in Schwäbisch Gmünd geborenen und 1911 in Stuttgart verstorben­en Künstlers ist mit der Stadt Aalen auf mehrere Weise verwoben.

Artur Elmer, Vorsitzend­er des Kunstverei­ns, hat die Ausstellun­g zusammenge­tragen und weiß so einiges über Pleuer, den Sohn eines Gmünder Goldwarenf­abrikanten. Pleuer will er zwar nicht als „verkannten“Künstler bezeichnen, aber: „In seiner Gesamtbede­utung ist Pleuer längst nicht so anerkannt, wie er es verdient hätte. Er war ein Pionier, ein ,Sehpionier’.“Nicht umsonst ist die Werkschau mit dem Titel „Ein Maler mit neuer Weltsicht“überschrie­ben.

Die 63 Werke stammen aus verschiede­nen Sammlungen – dem Schloss Fachsenfel­d, der Staatsgale­rie Stuttgart, dem Museum Nuss in Weinstadt-Strümpfelb­ach und dem Museum im Prediger in Schwäbisch Gmünd. Die Nähe zu Ostwürttem­berg, zum Remstal, ist unübersehb­ar. Und das Remstal, genauer gesagt die Erschließu­ng der Verkehrswe­ge durch die Eisenbahn an der Schwelle vom 19. zum 20. Jahrhunder­t, ist das Thema des Künstlers. Und, da Aalen nun mal eine Eisenbahns­tadt ist, kommt der Ausstellun­g eine besondere Bedeutung zu. Mit im Zug sind auch die Eisenbahnf­reunde Aalen, die ein überdimens­ionales Lokmodell aus den 60ern beisteuern. Fotos aus den Nachkriegs­jahren kommen ebenfalls hinzu.

Und trotzdem soll die Schau, so Elmer, keine Eisenbahn- oder Geschichts­ausstellun­g sein, die Arbeiten des Künstlers stehen unbestritt­en im Mittelpunk­t. Stuttgart und auch Aalen seien in der Zeit Pleuers allmählich zu Industries­tädten geworden, ein gesellscha­ftlicher Wandel, den Elmer in seinen Ausmaßen mit dem digitalen Zeitalter vergleicht. Und diesen Wandel, den hat Pleuer nicht nur erkannt, sondern künstleris­ch verarbeite­t. „Pleuer war – bei aller Vorsicht – ein singulärer Künstler“, sagt Elmer, „keiner hat sich mit solcher Verve, Leidenscha­ft und Intensität dieses Themas angenommen.“Ein Beispiel fällt ihm noch ein: Claude Montes „La gare SaintLazar­e“. Deshalb, so fügt Elmer an, „darf man durchaus von einem Maler mit neuer Weltsicht sprechen“.

Bei Pleuer ist Heiteres wie Düsteres zu bewundern: Landschaft­en, Eisenbahne­n, Menschenme­ngen, aber auch Fabrikatmo­sphäre, Armut und Vereinsamu­ng – eine Gesellscha­ft im Umbruch, ohne klassenkäm­pferisches Pathos. Pleuer, der Maler mit Weitsicht, hatte das Glück, in Franz von Koenig-Fachsenfel­d einen Mäzen mit ebenso großer Weitsicht gefunden zu haben. Viele Werke der Ausstellun­g stammen aus dem kunsthisto­rischen Schatz, den Franz von Koenig-Fachsenfel­d vor mehr als hundert Jahren kenntnisre­ich angelegt hat. Und noch ein Bezug zu Aalen: Elmer versteht die Ausstellun­g als „Praeludium zu dem, was 2020 auf dem ehemaligen Gelände der Bahn in Aalen entstehen wird“– der Kulturbahn­hof. Der Stuttgarte­r Kunsthisto­riker und Journalist Dietrich Heißenbütt­el führt bei der Vernissage am Donnerstag, 18. Oktober, um 18.30 Uhr in der Galerie des Kunstverei­ns in die Werke ein. Die Ausstellun­g ist bis 2. Dezember zu folgenden Öffnungsze­iten zu sehen: Dienstag bis Sonntag 10 bis 12 und 14 bis 17 Uhr, donnerstag­s bis 18 Uhr. Infos: www.kunstverei­n-aalen.de

 ?? FOTO: THOMAS SIEDLER ?? Eine Ausstellun­g mit Werken von Hermann Pleuer wird am Donnerstag in der Galerie des Kunstverei­ns Aalen im Alten Rathaus eröffnet. Unser Bild zeigt den Vorsitzend­en Artur Elmer vor Pleuers Werk „Dampf auslassend­e Lokomotive“aus dem Jahr 1897.
FOTO: THOMAS SIEDLER Eine Ausstellun­g mit Werken von Hermann Pleuer wird am Donnerstag in der Galerie des Kunstverei­ns Aalen im Alten Rathaus eröffnet. Unser Bild zeigt den Vorsitzend­en Artur Elmer vor Pleuers Werk „Dampf auslassend­e Lokomotive“aus dem Jahr 1897.

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