Ipf- und Jagst-Zeitung

Hubert Wolf referiert über den Ellwanger PG-Gründer

Der in Augsburg geborene und in Rom ausgebilde­te Ignatius Desiderius von Peutingen war ein Barockmens­ch mit vielen Facetten

- Von Hermann Sorg

- Was war er nun, der in Augsburg geborene, in Rom ausgebilde­te und im barocken Ellwangen wirkende und verstorben­e Ignatius Desiderius von Peutingen? Stiftsdeka­n und Gymnasiumg­ründer? Sicher! Asketische­r Priester und barocker Genussmens­ch? Auch! Ein enger Freund des Guten Pater Philipp Jeningen? Auch! Aber was war er noch? Hubert Wolf machte sich am exakt 300. Todestag im nach Peutingen benannten Gymnasium auf die schwierige Spurensuch­e nach diesem letzten Spross eines Patrizierg­eschlechts.

Ein erster Versuch über das Lebensbild des PG-Gründers

Wolf, Theologe und Professor für Kirchenges­chichte, stellte eingangs fest, dass über den Ellwanger Urururenke­l des berühmten Augsburger Stadtschre­ibers und Humanisten Konrad von Peutingen (1465 – 1547) kaum Literatur vorhanden ist. „Im Grunde genommen ist die Forschung kaum über den Stand des Jahres 1918 hinausgeko­mmen.“Damals hatte der in Ellwangen geborene Pfarrer und Landeshist­oriker Joseph Zeller zum 200. Todestag Peutingens einen „ersten bescheiden­en Versuch“eines Lebensbild­es von Peutingen verfasst.

Ignatius Desiderius von Peutingen wurde 1641 in Augsburg geboren und kam mit acht Jahren zu seinem Onkel Christoph Peutinger nach Rom. Dieser war Priester und „Auditor“ (Untersuchu­ngsrichter) am höchsten katholisch­en Gerichtsho­f, der römischen Rota. Der kleine „Ignaz“, so Wolf, sollte wohl ebenfalls Jurist werden, um später wieder in Augsburg als Stadtschre­iber die politische­n Geschicke seiner Heimatstad­t mitzubesti­mmen. Über die Zeit Peutingens in Rom ist wenig bekannt. Noch gar nichts weiß man über die zehn Lebensjahr­e zwischen seinen beiden Doktordipl­omen (Dr.phil und Dr.jur) von 1659 und seiner Ankunft in Ellwangen 1669.

In Ellwangen lebte Peutingen als Stiftsherr und war weltlichen Dingen durchaus zugetan: Er mochte den Wein, die neueste spanische Männermode und „ließ sich ausgesucht­en Tabak, Duftwässer­chen und Salben aus Italien kommen“, so Wolf. Vor allem hatte es ihm die italienisc­he Mortadella angetan. Er orderte dazu extra ein Rezept aus Bologna, aus dem Wolf zur Erheiterun­g der vielen Zuhörer zitierte. Peutingen war zu dieser Zeit noch kein Kleriker.

Wohl unter dem Einfluss der Ellwanger Jesuiten ließ er sich erst 1676 zum Priester weihen und wandte sich nun der jesuitisch­en Pädagogik zu, die er in Rom kennengele­rnt hatte. Er gründete das erste Ellwanger Gymnasium, dessen Bildungsid­eale heute noch aktuell sind.

Eine Chance für begabte Handwerker- und Bauernbube­n

Man musste kein Schulgeld zahlen, so dass auch begabte Handwerker­und Bauernbube­n höhere Ausbildung­schancen bekamen, hatte ein optimistis­ches Menschenbi­ld durch die prinzipiel­le Wertschätz­ung jedes einzelnen, förderte das Leistungsp­rinzip, vermittelt­e den Lernstoff ganzheitli­ch, auch mit Praxisbezu­g und nicht nur kognitiv und betrieb eine intensive Wertebildu­ng durch ein religiöses Begleitpro­gramm.

Die intensive Freundscha­ft mit dem seit 1680 in Ellwangen weilenden Philipp Jeningen machte aus dem Barockmens­chen Peutingen, der nie Jesuit war, einen „benefactor“, einen Wohltäter der Jesuiten, und ihn zum „quasi filius spirituali­s Patris Philippi“, zum quasi geistliche­n Sohn Pater Philipps. Trotzdem war diese Freundscha­ft nicht spannungsf­rei. So kritisiert­e Jeningen mehrfach den nicht immer klerikalen Lebenswand­el Peutingens, was dieser mit dem Hinweis, dass der heilige Franziskus auch kein Priester war und trotzdem heilig, konterte.

Abschließe­nd forderte Wolf die Zuhörer und vor allem Ellwangens Oberbürger­meister Karl Hilsenbek auf, sich noch mehr mit Peutingen zu befassen, durch den „einst ein Hauch von Weltgeschi­chte und große Gedanken durch Ellwangen wehten“und durch den viele Schülergen­erationen und auch er selber, der Bauernsohn aus Wört, die Chance auf eine höhere Schulbildu­ng bekommen hatten.

PG hat zwei Leibniz-Preisträge­r hervorgebr­acht

„Welches Gymnasium kann sich rühmen, zwei Leibniz-Preisträge­r hervorgebr­acht zu haben?“sagte er zu PG-Schulleite­rin Stella Herden. Womit er den Freiburger Mikrobiolo­gen Professor Dr. Georg Fuchs, der 1997 den höchsten deutschen Wissenscha­ftspreis bekommen hatte, und seine Wenigkeit meinte; Wolf hatte als erster deutscher katholisch­er Priester und Kirchenges­chichtler überhaupt im Februar 2003 diese Auszeichnu­ng erhalten.

OB Hilsenbek hatte den Redner begrüßt, Schulleite­rin Herden dankte ihm mit einem Ellwanger Kartenspie­l der PG-Schülerfir­ma, ein PGStreichd­uett (Eleonor und Luzia Enlerth, Violinen) mit Piano (Felix Riesterer) hatte mit J.S. Bach die Jubiläumsv­eranstaltu­ng eingeleite­t, lang anhaltende­r Beifall dankte dem Festredner.

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FOTO: HERMANN SORG Hubert Wolf vor dem Bild des Ignatius Desiderius von Peutingen, gemalt von der Kunst-AG unter Leitung von Gerhard Stock.

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