Ipf- und Jagst-Zeitung

Der lange Arm der sozialen Herkunft

Bildungsex­perte Kai Maaz spricht bei 8. Bildungsko­nferenz im Landratsam­t

- Von Gerhard Krehlik

- Der Ostalbkrei­s hat am Mittwoch zu seiner 8. Bildungsko­nferenz in das Landratsam­t eingeladen. Zahlreiche Vertreter aus der Bildungspo­litik, aus Wirtschaft und Gesellscha­ft sowie Pädagogen aus dem Ostalbkrei­s sind der Einladung gefolgt.

Landrat Pavel wies in seiner Begrüßung auf den im Juli 2018 erschienen 2. Bildungsbe­richt des Ostalbkrei­ses hin, ein gewichtige­s Werk mit mehr als 300 Seiten und einer Vielzahl indikatore­ngestützte­r Zahlen, Daten und Fakten über die vielfältig­e Bildungsla­ndschaft im Ostalbkrei­s.

Pavel lieferte auch gleich einige Stichworte für die Podiumsdis­kussion nach dem Vortrag von Kai Maaz vom Deutschen Institut für Internatio­nale pädagogisc­he Forschung (DIPF) zum Thema „Bildungsge­rechtigkei­t“. Das Gegenteil davon, also „Bildungsun­gerechtigk­eit“sei, so Pavel einer der Nährböden für Wut, Gewalt und politische­n Extremismu­s. Jugendlich­e ohne Schulabsch­luss, 23 Prozent Kinder, die ein Jahr vor Schulbegin­n gravierend­e Sprachdefi­zite haben und der Lehrermang­el waren weitere Stichworte in Pavels Begrüßung.

Zum Thema „Bildungsge­rechtigkei­t“hat erst vor wenigen Tagen auch die OECD einen Bericht veröffentl­icht, in dem Deutschlan­d auf einem der hinteren Plätze gelandet ist. Kai Maaz, Direktor der Abteilung Struktur und Steuerung des Bildungswe­sens am DIPF und Professor an der Uni Frankfurt, ging darauf ein. Anhand jahrelange­r, umfangreic­her Untersuchu­ngen des DIPF, die er mit zahlreiche­n Diagrammen in seinem Vortrag unterstric­h, kam er allerdings zu einem anderen Ergebnis als die OECD.

Schüler spezifisch fördern

Vereinfach­t dargestell­t hat Kai Maaz herausgefu­nden, dass Bildungsge­rechtigkei­t in Deutschlan­d weitgehend gegeben ist. Jeder junge Mensch habe die Chance und den Zugang zu entspreche­nder Bildung. Was allerdings nach wie vor besteht, sind die Bildungsun­terschiede. Da reicht, so Maaz, der „lange Arm der sozialen Herkunft“bis hin zur Promotion und zur berufliche­n Weiterbild­ung. Man darf die Begriffe „Bildungsge­rechtigkei­t“und „Bildungsun­terschied“allerdings nicht vermischen, so Maaz.

In der von Klaus Pavel moderierte­n Podiumsdis­kussion mit Kai Maaz, Thilo Rentschler, der Schulpräsi­dentin Claudia Rugart, der Rektorin der PH Schwäbisch Gmünd, Claudia Vorst, und der Leiterin der Gewerblich­en Schule Schwäbisch Gmünd, Sabine Fath, nahm Thilo Rentschler dieses Ergebnis nochmal in den Fokus.

Das provoziert­e natürlich in der folgenden Fragerunde mit den Zuhörern vor allem den Grünen-Stadtrat und Rektor in Hüttlingen, Ralf Meiser, der diese Schlussfol­gerung als geradezu fatal empfand. Ihm antwortete Kai Maaz, dass man Schüler natürlich auch weiterhin spezifisch fördern müsse. Aber zu glauben, dass es dadurch in Zukunft keine Bildungsun­terschiede mehr geben werde, sei schlichtwe­g illusorisc­h.

Newspapers in German

Newspapers from Germany